Kauf

[569] Kauf (emtio, Verkauf venditio), beruht auf der Verständigung (Consens) des Verkäufers u. Käufers über Waare und Preis (pretium), bedarf nur ausnahmsweise einer bestimmten Form, z.B. der schriftlichen beim Verkauf von Grundstücken. Nach uraltem Verbot dürfen Früchte auf dem Halm u. Trauben an der Rebe wegen Gefahr wucherlicher Vertheuerung der Lebensmittel nur gegen den zur Zeit des Vertrags oder 14 Tage nach der Aernte od. Weinlese geltenden Marktpreis. aber nicht theuerer verkauft werden. Auch noch unbestimmte Sachen (Hoffnungs-K., emtio spei, rei speratae) können gekauft werden, ebenso eine Gesammtheit von Sachen (K. in Bausch und Bogen. Aversions-K.). Auch »nach Probe«, wobei der Verkäufer probemäßige (der vom Käufer aufzubewahrenden Probe gleichartige) Waare zu liefern hat; od. »auf Probe« (auf Besicht. ad gustum), wenn der Käufer die Waare näher prüfen und billigen wird; od. »wie zu besehen« d.h. der Käufer soll [569] selber zusehen, der Verkäufer stehe für keine Mängel ein. Der K. preis muß verum (nicht bloß zum Schein, versteckte Schenkung), justum (nicht in zu großem Mißverhältniß mit dem wirklichen Werth) u. certum (nicht vom bloßen Zufall od. des Käufers Willkür abhängig) sein. Die Verzinsung versteht sich im Großhandel von selbst, sobald der Preis fällig u. die Waare übergeben ist, nicht aber ebenso im Kleinhandel gegenüber den Kunden. Man unterscheidet Baar-K. (per contant) Kredit-K. (K. auf Borg) und Pränumerations-K. (K. gegen Vorausbezahlung); Lieferung bisweilen auf einen bestimmten Termin, nach welchem der Käufer die Waare nicht mehr anzunehmen braucht und Schadenersatz fordern darf. Das Eigenthum an Unbeweglichem geht durch die Fertigung im Grundbuch über, an beweglichen Sachen durch Uebergabe (traditio), insofern die Zahlung oder die Kreditirung des Preises hinzugekommen. Das röm. Recht läßt die Gefahr des zufälligen Unterganges der verkauften Sache ohne Rücksicht auf den Besitzes- oder Eigenthumsübergang von der Vollendung des K.vertrags an auf den Käufer übergehen; in der neuern Rechtsbildung zeigt sich dagegen die Neigung, den Uebergang der Gefahr in der Regel mit dem Uebergang des Besitzes zu verbinden (Preußen und Oesterreich). Der Verkäufer haftet dem Käufer gegen Ansprüche von Dritten (Eviction), sowie auch für die versprochenen Eigenschaften der Sache od. arglistig verheimlichte Mängel, in welchen Fällen der Käufer die Sache zurückgeben oder Ersatz des Minderwerthes fordern kann. Für den Handel mit Vieh sind häufig die Währschaftsmängel und Klagefristen (von 24 Stunden bis zu 6 Monaten u. 3 Tagen) gesetzlich regulirt. Käufer u. Verkäufer belangen sich für ihre Verpflichtungen mit der actio emti et venditi. Als Nebenverträge beim K. kommen vor: die addictio in diem: daß der Verkäufer von dem Vertrage abgehen dürfe, wenn ihm binnen festgesetzter Zeit bessere Angebote gemacht werden; die lex commissoria: wenn der eine Contrahent den Vertrag nicht binnen bestimmter Zeit gehörig erfülle, so sei sein Recht verwirkt; das pactum hypothecae oder reservati dominii. Vorbehalt des Eigenthums oder des Pfandrechts an der verkauften Sache bis zur Zahlung des rückständigen K.preises; das p. protimeseos: Vorkaufsrecht des Verkäufers bei etwaigem Wiederverkauf; das p. de retrovendendo oder retroemendo, um zu verlangen, daß die Sache vom Käufer wieder zurückverkauft oder vom Verkäufer wieder an sich gekauft werde; das p. displicentiae, Reu-K.: daß der eine oder andere Contrahent willkürlich zurücktreten könne. Der K. vertrag wird aufgelöst durch die redhibitorische Klage od. wegen übermäßiger Verletzung des anderen Theiles (laesio enormis oder ultra dimidium).

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 569-570.
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