Klinger

[612] Klinger, Friedr. Max v., der Dichter, welcher durch eines seiner Dramen der sog. Sturm- und Drangperiode den Namen gab, geb. 1753 zu Frankfurt a. M., studierte in Gießen Theologie, ging aber zu einer Schauspielerbande, bei der er bis 1778 blieb, lief als Kraftgenie in Weimar halbnackt herum und soll laut Wieland ausgesehen haben, »als ob er Löwenblut saufe und rohes Fleisch fresse«. Nachdem er als österr. Lieutenant den sog. Kartoffelkrieg mitgemacht,[612] trat er 1780 in russ. Dienste, wurde Vorleser des Großfürsten Paul, noch unter Katharina II. bereits Oberst, 1811 Generallieutenant, auch Curator der Universität Dorpat, ließ sich 1820 pensionieren und st. 1831. Als Poet trat er unnatürlich hitzig auf, seine Theaterstücke wimmelten von Dolchen, Blutlachen und Flüchen ärger als die späteren »Räuber« von Schiller, allein 1774 errangen K.s »Zwillinge« doch den von Schröder ausgesetzten Preis gegen Leisewitzens »Julius v. Tarent«, weil jene eben »die Leidenschaft der Genieperiode athmeten«. Außer den Zwillingen wurde das Stück »Sturm und Drang« am bekanntesten. Nach den 70ger Jahren schilderte K. nach wie vor schauerliche Handlungen u. Ereignisse sowie »tugendhafte Ungeheuer und edle Canaillen«, aber in Romanen u. mit vornehmer menschenverachtender Ruhe. Am bekanntesten wurden »Fausts Leben, Thaten u. Höllenfahrt« (1791) u. die »Geschichte Rafaels de Aquillas« sowie »Der Weltmann u. der Dichter«. In den »Betrachtungen über verschiedene Gegenstände der Welt und Literatur« sind einseitige Urtheile und Zeugnisse einer trüben Weltanschauung aufgehäuft. Ausgewählte Werke durch ihn selbst, Königsberg 1809–12, dann Stuttgart u. Tübingen 1842, 12 Bde.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 612-613.
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