Moldau [2]

[216] Moldau, Donaufürstenthum unter türk. Oberherrschaft, gränzt an die Bukowina, Siebenbürgen, die Walachei, Dobrudscha und Bessarabien, ist 7731/2 QM. groß, sehr fruchtbar, aber schlecht angebaut, hat bedeutende Viehzucht, im Gebirge (Zweige der Karpathen) mineralische Schätze, die aber nicht ausgebeutet werden. Die Donau an der südl. Gränze nimmt hier Pruth u. Sereth auf. Die Einwohnerzahl beträgt 1470000, zum größeren Theile Walachen; Armenier, Griechen, Juden, Russen, Deutsche sind fast im ausschließlichen Besitze der Gewerbe; die Zigeuner sind Leibeigene der Bojaren; herrschende Religion ist die griech. Der Fürst wird auf 7 Jahre von den privilegirten Klassen gewählt, bedurfte aber türk. u. bisher russ. Bestätigung; die Verfassung hat die Form einer constitutionellen Monarchie; der jährliche Tribut an die Pforte beträgt 3 Mill. türk. Piaster. Eingetheilt ist die M. in die obere und untere M., jene mit 6, diese mit 7 Kreisen, an deren Spitze ein Ispravnik steht. Das Militär beträgt 2280 Mann. wozu noch etwa 12000 Mann Bürgergarden kommen. Das Budget der Einnahmen wurde sonst auf 91/2 Mill., der Ausgaben auf 71/2 Mill. berechnet. Hauptst. ist Jassy, wichtigster Verkehrsplatz Galacz. – Die M. war ein Theil des alten Dacien und wurde seit der Völkerwanderung von allen den Völkern besetzt, welche von den Gothen bis zu den Tataren an die Donau vorrückten. Im 14. Jahrh. wanderten Walachen in das verödete Land, deren Anführer Bogdan I. die Dynastie der Dragoschiten gründete. Der Woiwode Bogdan III. unterwarf sich 1529 dem Sultan Solyman in soweit, daß er das Land von ihm zu Lehen nahm und sich zum Tribute verpflichtete. Seit dem Aussterben der Dragoschiten ernannte die Pforte Fanarioten zu Hospodaren, die sich in der Regel während ihrer Amtsdauer auf Kosten des Landes bereicherten, manchmal aber ihre Schätze sammt dem Kopfe in Konstantinopel einbüßten. Das Land wurde häufig in den türk.-russ. Kriegen verheert; 1777 wurde die Bukowina an Oesterreich, 1812 das Land zwischen Dniester und Pruth an Rußland abgetreten (Bessarabien). Die Insurrection von 1821 brachte unsägliches Elend über die M., die erst 1825 und 1826 von den türk. Truppen wieder geräumt wurde; von 1828–34 wurde sie in Folge des türk.-russ. Krieges von russ. Truppen besetzt und ausgesogen, erhielt endlich 1834 die gegenwärtige Verfassung u. in dem Bojaren Michael Stourdza einen lebenslänglichen Hospodar. Die Unruhen des Jahres 1848, das Bestreben die M. und Walachei zu einem dacischen Reiche zu vereinigen, führte eine abermalige russische Occupation u. die Abdankung des Hospodars herbei sowie den Vertrag von Balta Liman (1. Mai 1849), durch welchen Rußland u. die Pforte sich über die Fürstenthümer vereinbarten. In Folge der orientalischen Krise besetzten die Russen im Juli 1853 die Fürstenthümer abermals, räumten sie aber im Sommer des folgenden Jahres auf Oesterreichs Forderung wieder, worauf österr. Truppen einrückten.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 216.
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