Rotteck

[774] Rotteck, Karl von, Geschichtschreiber, geb. 1775 zu Freiburg i. B., lehrte von 1798–1818 Geschichte, alsdann Vernunftrecht und Staatswissenschaften an der Universität seiner Vaterstadt; 1832 wurde er in Folge eines Beschlusses des Bundestages in Ruhe stand versetzt, die von ihm redigirte Zeitung der »Freisinnige« unterdrückt und ihm untersagt, in den nächsten 5 Jahren irgend eine Zeitung herauszugeben. Die Wahl R.s zum Bürgermeister Freiburgs konnte die landesherrliche Bestätigung nicht erhalten, aber er wirkte lebhaft in der 2. bad. Kammer, welche durch ihn namentlich ihren Glanzpunkt erreichte, war unermüdlich literarisch thätig u. st. 1840, als er gerade wieder in sein Amt als Universitätslehrer eingesetzt worden war. R.s Hauptwerk ist seine »Weltgeschichte«, deren 9 Bde. er 1813–27 schrieb und welche fortwährend neu aufgelegt, von seinem Sohne Hermann (geb. 1815, gest. 1845 in seiner Vaterstadt Freiburg als Privatdocent, nachdem er kurz zuvor die Erlaubniß zu geschichtlichen Vorlesungen erhalten hatte) und neuestens von Steger fortgesetzt wurde. Einen Auszug des größeren Werkes bearbeitete R. selber in 4 Bändchen, die gleichfalls viele Auflagen erlebten. Der großartige Erfolg des Werkes ist zumeist daraus erklärlich, daß es nicht sowohl ein Geschichtswerk als eine feurige Apologie des modernen Liberalismus und mit jenem Pathos geschrieben ist, welches der deutschen Jugend stets zusagen wird; die Quellenstudien sind dürftig, an die Stelle objectiver Beurtheilung setzte R. die ganze Einseitigkeit des subjectiven Rationalismus, der es den alten Griechen und Römern [774] verübelt, daß sie nichts vom Liberalismus der Kantʼschen Schule wußten; die Verkennung u. Feindseligkeit gegen das Mittelalter und die Kirche überhaupt geht ins Unglaubliche. Mit Welker unternahm R. die Herausgabe des bekannten »Staatslexikon« (2. Aufl. Altona 1845–48, 15 B.); von seinen übrigen Schriften sind zu er wähnen die überstehende Heere und Nationalmiliz, eine für Erhaltung der Universität Freiburg, endlich eine über den Kölner Kirchen streit, worin R. vom Standpunkte des Rechtes aus den Erzbischof von Köln vertheidigte. Ein ihm in Freiburg gesetztes Denkmal wurde 1852 nächtlicher Weile beseitigt. Von seinen Söhnen betheiligte sich der älteste, Karl, seit 1838 Advokat zu Freiburg, an der Revolution und floh 1849 nach Amerika, ein anderer, Julius, ist ein tüchtiger Professor der Medicin an der Universität seiner Vaterstadt u. ein höchst geachteter Arzt.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 774-775.
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