Stigma

[338] Stigma, griech., Stich, Punkt, Narbe auf dem Pistill der Blüten, dann das auf einem lebenden Körper durch Sengen, Brennen, Schneiden oder auf andere Weise hervorgebrachte Kennzeichen z.B. das manchmal vorkommende Einbrennen der Anfangsbuchstaben des Namens auf den Arm. S. tisation, die Hervorbringung eines derartigen Kennzeichens, wobei eine natürliche, dämonische u. wunderbare S.tisation unterschieden wird. Eine natürliche ist die Brandmarkung (s. d.); unter der dämonischen verstand man die Hervorbringung des sog. Hexenmales oder magischen S. durch den Teufel am Leibe dessen, der sich mit ihm in einen Vertrag einließ. Sie spielte in den Hexenprozessen eine große Rolle, wurde aber schon zu dieser Zeit lebhaft geleugnet und bekämpft (z.B. von Paul Zachias, einem römischen Arzte und Consultoren der Rota in seinen 1620 zu Rom erschienenen quaestiones medico-legales). Unter der wunderbaren S. tisation versteht man die Hervorbringung eines S. durch unmittelbare Einwirkung Gottes, wie dieselbe bei Kain als Strafmittel (I. Mos. 4,15), bei heiligen und frommen Personen als Gnadengabe vorkommt. Als letztere erscheint die S.tisation historisch zuerst beim hl. Franz von Assisi und besteht in der Einprägung der 5 Wundenmale des gekreuzigten Heilandes. Von der Kirche bisher nur in einzelnen Fällen als wirkliches Wunder anerkannt, wurde sie auf natürliche Weise noch nie genügend erklärt aber desto häufiger weggeleugnet, ist jedoch noch in unsern Tagen eine nicht einmal allzu selten vorkommende Thatsache. Beachtenswerth bleibt es, daß unter den S. tisirten sich fast lauter Personen weiblichen Geschlechtes befinden, so neuestens die Nonne Anna Katharina Emmerich, die 3 Tyroler ekstatischen Jungfrauen (Maria v. Mörl, Domenica Lazzari und Crescenz Stinklutsch), dann Juliana Weiskircher von Ulrichskirchen bei Wien. Daß auch im Gebiete der wunderbaren S.tisation Betrügereien und Täuschungen mit unterlaufen können, dafür lieferte Görres in seiner Mystik Beispiele.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 338.
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