Teufel

[442] Teufel, vielleicht vom griech.-latein. diabolus (Verläumder), woher offenbar das ital. diavolo, frz. diable und engl. devil stammt, auch Satan (Widersacher), Lucifer (Lichtbringer, Morgenstern), Belzebub, Belial, Fürst dieser Welt, Höllenfürst, Versucher u. dergl. genannt, der oberste der gefallenen Engel, von welchem man gewöhnlich so redet, als ob er allein vorhanden sei. Die Kirche lehrt aber, daß es viele T. (Asmodi, Azazel u.s.f.), ein ganzes satanisches Reich gibt, welches dem Reiche Gottes todesfeindlich obwohl an sich machtlos gegenübersteht, daß dieselben ursprünglich heilige Geister waren, von Gott abfielen, auf ewig verworfen und unselig wurden u. darnach streben, die ganze Schöpfung Gott zu entfremden und allen andern Creaturen ihr eigenes unglückseliges Loos in der Hölle (s. d.) zu bereiten. Beim Menschen suchen sie dies zu erreichen durch Verderbniß dessen, wessen er sich bedient z.B. der Nahrung, durch Versuchungen und Verführungen, endlich durch Verwirrung u. Zerstörung seines Selbstbewußtseins (vgl. Besessene), wogegen die Kirche durch Benedictionen, Exorcismen und Gebet zu schützen sucht. Durch die in Christo dem Menschen gewordene Gnade ist es ihm möglich, den [442] Versucher zu überwinden u. das Böse, womit er droht, das er aber nicht schafft und worüber er nur in Folge von Gottes Zulassung verfügen kann, fern zu halten. Bereits das A. T. weist den T.n oder Dämonen die Wüste als Wohnsitz an, läßt sie gegen den Menschen kämpfen durch Verleitung zur Sünde (1. Chron. 21,1; 2. Kön. 19,22), Verkleinerung, Verläumdung und Denunciation (Job 1 und 2; Zach. 3,1) und Zufügung natürlicher Uebel (Job 3,8; Tob. 6,14. 17) und bezeichnet namentlich die Götzen der Heiden als T. (Dämonen). Von den Zeiten der Kirchenväter bis tief ins Mittelalter hinein beschäftigte man sich viel 1) mit der Gestalt, 2) ersten Sünde und 3) dem Aufenthalte der T. in der Zeit zwischen ihrem Falle u. dem jüngsten Gerichte. Hinsichtlich der Gestalt wurde in der lat. Kirche die Meinung herrschend, die T. wie die Engel überhaupt seien rein geistige, körperlose Substanzen, die griech. dagegen blieb dabei, wenn auch nicht die guten Engel so seien doch die T. materieller Natur; das Volk hielt es in diesem Punkte mit den Griechen, seine Einbildungskraft machte den T. zu einem möglichst grauenhaften u. häßlichen Wesen (Hörner, Klauen, Schweif, schwarze Farbe, während sich die Neger den T. weiß vorstellen) und ließ ihn in zahllosen Sagen und Ausgeburten des Aberglaubens wie des Lasters (T.sverschreibungen, Faustsage) Rollen übernehmen. Hinsichtlich der Ursünde der T. bezeichneten die einen als solche den unzüchtigen Umgang eines Theiles der Engel mit menschlichen Weibern, andere Neid, eine dritte Partei Hochmuth. Die Wahrheit möchte darin liegen, daß Hochmuth einen Theil der Engel noch vor der Schöpfung des Menschen zum Falle brachte, und daß der begonnene Widerspruch gegen Gott zu immer schwerern Sünden aller Art führte. Als Aufenthaltsort der T. ist die Hölle bekannt, doch haben die T. so lange mit dieser Welt zu schaffen als dieselbe bestehen wird, und erst nach dem Tage des Gerichts werden sie ausschließlich in der Hölle leben und ihre volle Strafe antreten. – Der prot. Rationalismus hat sich sehr bemüht, den T. und seine Legionen aus der Welt hinaus zu disputiren und zur persönlich gedachten Idee des absolut Bösen zu verdünnen. Schleiermacher stellte die Einwendungen gegen die Existenz des T.s zusammen, allein die Stellen der hl. Schrift lassen sich nicht gut drehen und deuteln u. noch weniger auslöschen. – Daß die T. nicht nur in der jüdischen, christlichen und mohammed. Religion eine Hauptrolle spielen, sondern fast in allen Religionen, daran erinnern die Namen Ahriman, Siwa, Loki u.a.m. sowie die mitunter sehr abergläubischen und seltsamen Vorstellungen der sog. Naturvölker. – Ueber die T. schrieben besondere Werke der griech. Mönch Psellus (zuerst herausgegeben 1615, zuletzt 1838), die Katholiken Miaskowsky (1730), Platina (Bologna 1740), der Abt Gerbert von St. Blasien (1776), Sambuga (1810); der Kantianer Erhard lieferte eine »Apologie des Tu« (1795), der Schellingianer Daub seinen »Judas Ischarioth« (1816–17). – Verteufelung, das Aehnlichwerden des Menschen mit dem T.; möglich, weil der Mensch einen freien Willen und die Sünde ihren Fortschritt hat.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 442-443.
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