Zehnte

[771] Zehnte, latein. decimae, Abgabe des 10. Theils des Güternutzens vom Z.schuldner [771] (Z. holden, decimatus) an den Z.herrn (decimator). Schon bei den Römern in großer Ausdehnung für den Besitz von Gütern des Staates, der Tempel und Municipien, bei den Colonen Doppel-Z. (decimae et nonae) an den Eigenthümer und an den Besitzer; in Gallien viele derlei Doppel-Z. für die Könige, Vasallen und Kirchen; auch das Levitenrecht des A. T. war den kirchlichen Z.n günstig, Könige und Große statteten Kirchen und Klöster damit aus, Grundeigenthümer und Gemeinden übernahmen freiwillig die Z.pflicht für Kirche und Gottesdienst; in Ländern wie in Sachsen unter Karl d. Gr. wurde der Z. als eine Art Kirchensteuer gesetzlich aufgelegt; doch ist nicht aller deutsche Boden z. pflichtig geworden. Im Laufe der Jahrh. ist der Z. eine privatrechtliche Reallast geworden, die man im Interesse der Landwirthschaft bald gewaltthätig ohne Ersatz (Frankreich), bald auf dem Entschädigungswege der Ablösung aufzuheben sucht. Man unterscheidet nach der Person des Z. berechtigten den kirchlichen u. weltlichen Z.n; nach seinen Arten den großen Feld-Z.n von Getreide, Wein u. Heu; den kleinen Feld-Z. n von anderen Feld- und Baumfrüchten; den Blut-Z. n (Dorf-, Schmal-, Fleisch-Z.) vom Haus- u. Gutsvieh, Wirthschaftsfrüchten, Milch, Käse u.s.w. Er wird entrichtet in natürlicher Abgabe der Erzeugnisse (Natural-Z.) oder umgewandelt als Geld-Z. In der Regel hat der Z. herr für den Bezug zu sorgen und besitzt hiefür Z.urbarien, Z.schreiber, Z.amt. Z.scheunen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 771-772.
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