Faltranck

[448] Faltranck.

Faltranck.

frantzösisch, Herbes vulneraires.

Faltranck ist ein teutsches Wort, und kommt her von fallen und Tranck, als ob man sprechen wolte, ein Tranck, der für diejenigen dienet, welche gefallen sind.

Es ist ein Gemenge von den vornehmsten Wundkräutern, welche gesammlet, gelesen und getrocknet worden, damit sie können abgekochet oder nur heiß Wasser draufgegossen und also gebrauchet werden.[448] Diese Kräuter heissen mit Namen: Sinngrün, Pervinca, Sanicul, Sanicula, Ehrenpreiß, Veronica, gülden Günsel, Bugula, Sinnau, Alchimilla, Johanniskraut, Hypericum, Hirschzunge, Lingua cervina, Frauenhaar, Capillares, Lungenkraut, Pulmonaria, Beyfuß, Artemisia, Betonien, Betonica, Eisenkraut, Verbena, Braunwurtz, Scrophularia, Odermennig, Agrimonia, klein Tausendgüldenkraut, Centaurium minus, Mausöhrlein, Pilosella, Müntze, Mentha, und andere dergleichen Kräuter mehr, die einem beyfallen: dann die Zahl der Wundkräuter ist gar groß. Die auf den Alpen und auf den Bergen in der Schweitz und in Auvergne wachsen, werden an allermeisten gesuchet, dann sie stehen auch am meisten in der Sonne. Die Genffer und Schweitzer Bauren sammlen sie mit allem Fleiß, damit sie uns dieselben trocken übersenden können; doch schneiden sie sie zuvorher gantz klein, vermuthlich, daß man nicht erkennen soll, was es für Kräuter mögen seyn: da es doch besser wäre, daß sie dieselbigen gantz zu uns sendeten, damit wir recht gewiß seyn könten, was wir für Kräuter braucheten.

Die Wundkräuter sollen gesammlet werden, wann sie in vollem Wachsthum stehen und bey vollen Kräften sind: es sollen auch die Blüten darunter gemenget werden.

Die beste Weise die Kräuter zu trocknen ist diese, daß sie zu erst in kleine Bündlein gebunden werden, hernach solte man sie in grau Papier einwickeln, und auf den Boden hängen, und sie so lassen, bis daß sie recht trocken worden seyn. Dadurch würde ihre Farbe und ihre Kraft vor der Luft beschirmet werden, zugleich verhindert, daß der Staub und Unrath von den Fliegen sich nicht daran legen könten.

Der Falltranck ist für solche Leute gut, die von der Höhe sind gefallen, zur Engbrüstigkeit, zur Schwindsucht, zu nachlassenden Fiebern, die Verstopfungen zu heben, den Harn zu treiben, zu lang anhaltenden Flüssen, zur gelben Sucht. Etliche thun Wermuth und Entzianwurtzel noch darzu, damit er desto bitterer werde, und bessern Appetit machen möge. Andere, die da haben wollen, daß er vor den Kopf gut dienen soll, die thun noch das Kraut von Salbey, Himmelschlüssel, Majoran und Basilien hinzu. Wann er abgesotten worden, wird er gleich als wie Thee gebraucht, und etwas Honig oder Zucker drein gemischet.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 448-449.
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