Zwey Schelme

[150] Fliegende Blätter.


Es trägt ein Jäger ein grünen Huth,

Er trägt drey Federn auf seinem Huth,

Juchhey, Rassey! Hesasa, Faldrida!

Er trägt drey Federn auf seinem Huth.


Die eine war mit Gold beschlagen,

Das kann ein jeder Jäger tragen:

Juchhey u.s.w.[150]


Der Jäger der jagt ein wildes Schwein

Bey Nacht, bey Tag, bey Mondenschein:

Juchhey u.s.w.


Er jagt über Berg und tiefe Straus,

Er jagt ein schwarzbraunes Mädel heraus:

Juchhey u.s.w.


Wonaus, wohin, du wildes Thier,

Ich bin ein Jäger und fang dich schier?

Juchhey u.s.w.


Du bist ein Jäger und fängst mich nicht,

Du kennst meine krumme Sprünglein noch nicht:

Juchhey u.s.w.


Deine krumme Sprünge kenn ich gar wohl,

Leid ists mir, daß ich dich fangen soll:

Juchhey u.s.w.


Er warf ihr das Bändlein an den Arm.

Jezt bin ich gefangen, daß Gott erbarm:

Juchhey u.s.w.


Er nahm sie bey ihrem rothen Rock,

Er schwang sie hinter sich auf sein Roß:

Juchhey u.s.w.


Er ritt vor seiner Frau Mutter Haus,

Frau Mutter schaute zum Fenster hinaus:

Juchhey u.s.w.


Sey mir willkommen, o Sohne mein,

Was bringst du für ein wildes Schwein:

Juchhey u.s.w.[151]


Frau Mutter, es ist kein wildes Schwein,

Es ist ein zartes Jungfräuelein:

Juchhey u.s.w.


Ist es ein zartes Jungfräuelein,

So soll sie mir willkommen seyn:

Juchhey u.s.w.


Sie setzt das Jungfräulein an den Tisch,

Sie trug ihr auf gut Wildpret und Fisch:

Juchhey u.s.w.


Sie trug ihr auf den besten Wein,

Das Jungfräulein wollt nicht fröhlich seyn:

Juchhey u.s.w.


Ey iß und trink, gehab dich wohl,

Du darfst nicht sorgen, wers zahlen soll:

Juchhey u.s.w.


Ders zahlen soll, und der bin ich,

Ich hab kein lieberes Schätzel als dich:

Juchhey u.s.w.


Eur Herzallerliebste will ich nicht seyn,

Ich bin des Edelmanns Töchterlein:

Juchhey u.s.w.


Und bist du des Edelmanns Töchterlein,

So sollst du mir des lieber seyn:

Juchhey u.s.w.


Er führt sie wohl vor des Goldschmidts Haus,

Der Goldschmidt schaut zum Fenster hinaus:

Juchhey u.s.w.[152]


Ach allerliebster Goldschmidt mein,

Schmied meinem Schatz ein Ringelein:

Juchhey u.s.w.


Schmied ihr den Ring an die linke Hand,

Ich nehm sie mit ins fremde Land:

Juchhey u.s.w.


Ins fremde Land da will ich nicht,

Du bist ein Schalk, ich trau dir nicht:

Juchhey u.s.w.


Sie gingen miteinander den Berg hinauf,

Er setzte sie nieder an einem Baum:

Juchhey u.s.w.


Er bricht herab einen grünen Zweig,

Und machet das Mädel zu seinem Weib:

Juchhey u.s.w.


Da lachet das Mädel so sehr vermessen:

Ach edler Jäger, eins hab ich vergessen:

Juchhey u.s.w.


Wenn mich mein Mutter nun jaget hinaus,

Wo lag denn deiner Frau Mutter ihr Haus:

Juchhey u.s.w.


Der Mutter ihr Haus steht unten am Rhein,

Es ist gebauet von Marmelstein:

Juchhey u.s.w.


Es hat weder Weg, es hat weder Steg,

Feins Mädel scher dich deiner Weg:

Juchhey u.s.w.[153]


Ich bin ein Schelm, du traust mir nicht,

Du bist nicht ehrlich, ich werf auf dich:

Juchhey u.s.w.


Als sie ein Stückwegs hinaus kommt gegangen,

Ihr Mutter begegnet ihr mit der Stangen:

Juchhey u.s.w.


Wo bist du gewesen, du faule Haut,

Du bist wohl gewesen des Jägers Braut:

Juchhey u.s.w.


Wann andre Mädchen zu Tanz gehn und springen,

Du must bey der Wiege stehn und singen:

Juchhey u.s.w.


Man singt bey Meth und kühlem Wein,

Wohl von dem zarten Kindelein:

Juchhey u.s.w.


Schlaf ein, schlaf ein feins Kindlein mein,

Wo wird wohl dein Vater der Jäger seyn?

Juchhey, Rassey! Hesasa, Faldrida!

Im Elsaß da wirst du ihn finden.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 2, Stuttgart u.a. 1979, S. 150-154.
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