Trostlied

[6] Nach der Stimme: In dich hab ich gehoffet, Herr, usw.


1.

Wol! meine Seel, in aller Noht

Vertrau allein auf deinen Gott

Und laß denselben walten:

Er ist bereit

Dich alle Zeit

In seinem Schutz zu halten.


2.

Bedrucket dich der Armutlast,

Bist du von jederman verhast,

Will man dich gar verjagen:

Gott machet reich

Und stürtzt zugleich,

Die ihn selbst und dich plagen.


3.

Hast du zu dieser Jammerzeit

Viel unerwartes Hertzenleid,

So denke, daß die Christen

Ihrs Heilands Tritt

Mit gleichem Schritt

Hier folgen in der Wüsten.


4.

Je grösser ist die Angst und Noht,

Je näher ist der treue Gott,

Er läst sich plötzlich finden:

Deß Höchsten Huld

Bringt die Gedult,

Er schlägt und wird verbinden.


5.

Indem wir leben ohne Noht,

Ist das Gebet erkrankt und tod:

Bald Gott die Trübsal schicket,

So bald erweist

Sich Seel und Geist

Inbrünstig und erquicket.


6.

Obgleich die Hülffe spat beschicht,

So muß man doch ablassen nicht,

Vertrauen, hoffen, weinen:

Daß unser Ziel

Sey, wann Gott will,

Macht endlich Hülff erscheinen.

7.

Es ist das Leiden dieser Zeit

Nicht wehrt deß Himmels Herrlichkeit

Die offenbar wird werden,

Wann nach der Noht,

Streit, Creutz und Tod

Zerschmeltzt der Kreiß der Erden.[6]


8.

Getreuer Gott, gieb, daß wir all'

Im Elend, Jammer und Trübsal

Gedultig uns erweisen,

Und daß wir dort

Nach deinem Wort

Dich ewig mögen preisen.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 5, Hildesheim 1964, S. 6-7.
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