Akaroidharz

[107] Akaroidharz (Xanthorrhoeaharz, Botanybaigummi, Grasstreegum) ist das Stammharz mehrerer Xanthorrhoea-Arten (Familie Liliaceae-Asphodeloideae) und kommt von Australien in den Handel.

Es entsteht nicht im Innern der Pflanzen, sondern bedeckt außen den Stamm gleichsam als ein anatomischer Bestandteil desselben. Die Stücke zeigen demnach eine flache Innenseite, mit der sie dem Stamme auflagern, und eine unregelmäßige Außenseite [4]. Man unterscheidet zwei Sorten. 1. Rotes Akaroidharz (Nuttharz, Erdschellack), von Xanthorrhoea australe R. Br. (und vielleicht auch von X. arborea R. Br. und X. Tateana F. Muell.) [1] flammend, bildet mächtige, halbzentnerschwere Ueberzüge des Stammes und kommt im Handel in 2–4 cm dicken rotbraunen, glänzenden, dem Drachenblute nicht unähnlichen Stücken vor, deren auszeichnendes Merkmal in der eigentümlichen Struktur gelegen ist. An der Innenseite findet sich ein weißliches, zerreibliches Parenchym vor, in dem dünne Längsstränge verlaufen, die streckenweise Lücken zwischen sich frei lassen; in diese Lücken treten dickere Querstränge, die Gefäßbündel der Blattstiele; die Längsstränge gehören dem bei diesen und verwandten Pflanzen vorkommenden Verdickungsring an, und dessen peripherisches Gewebe liefert das Harz [1], [2], [4]. Daher bestehen die Stücke an der Innenseite noch aus Pflanzengeweben,[107] die nach außen zu allmählich verharzen; die Außenseite besitzt deshalb nur Harz. Das Harz riecht schwach benzoeartig, schmeckt unangenehm, etwas zimmetähnlich, löst sich in Alkohol, nur unvollkommen in Aether, nicht in Benzol; die alkoholische Lösung wird von Eisenchlorid braunschwarz gefärbt (Gerbstoffreaktion?). Nach Schober entsteht es wahrscheinlich aus Stärke, wobei auch die Gerbstoffbildung eine Rolle spielt. Die das rote Akaroidharz liefernde Pflanze wächst insbesondere in Victoria an den Flußufern in großen Beständen. Die chemische Zusammensetzung ist nach Tschirch und Hildebrand [8] folgende: Paracumarsäure 1%, an Tannol gebundene Benzoe- und Paracumarsäure 2%, Paraoxybenzaldehyd 0,6, Erythroresinotannolparacumarsäureester 85%, Verunreinigungen 10%. 2. Gelbes Akaroidharz (Resina lutea novae Belgiae) stammt von Xanthorrhoea hastile Sm. (in Neusüdwales von Port Jackson bis zu den blauen Bergen massenhaft vorkommend), nach Hildebrand [7] auch von X. arborea, und weicht in mehrfacher Beziehung vom roten Akaroidharz ab. Es besteht aus rundlichen, bis 3 cm im Durchmesser betragenden Stücken, ist blaßgelb bis gelbbraun, matt und wird oberflächlich allmählich rotbraun. Die charakteristische Struktur des roten Akaroidharzes fehlt dem gelben, und vielleicht hängt dies mit einem andern Bildungsherde des Harzes zusammen [3], [5]. In der Tat hat Schober [5] auch an den 2–3 cm langen Blütenschäften der Pflanzen Harz (nebst Gummi) gefunden. Nach Wiesner [1] enthält es aber auch Gewebereste in halbverharztem Zustande. Gelbes Akaroidharz riecht nach Benzoe und Flieder, schmeckt aromatisch, süßlich, enthält ätherisches Oel, Zimmet- und Benzoesäure und etwa 10% Paracumarsäure (= Paraoxyzimmetsäure C9H8O3), ferner einen dem Vanillin ähnlichen Stoff [6] und als Hauptbestandteil Xanthoresinotannolparacumarsäureester (80%), der durch Verseifung in Xanthoresinotannol C43H45O9OH übergeht; dieser gibt, mit Salpetersäure behandelt, Pikrinsäure, mit schmelzendem Aetzkali Brenzkatechin, Resorcin, Protokatechusäure und Paraoxybenzoesäure. Die Lösungsverhältnisse sind gleich denen des roten Akaroidharzes [1]. – Das Akaroidharz hat gegenwärtig eine ausgedehnte technische Anwendung und dient zur Darstellung dauerhafter, lichtbeständiger Firnisse (daher vorteilhaft zum Anstreichen der Fenster im photographischen Dunkelzimmer), besonders zum Ueberziehen der Metalle; ferner zur Erzeugung von Harzseifen zur Papierleimung, als Bestandteil seiner Siegellacke statt Schellack, bei der Lederfabrikation in Nordamerika u.s.w.


Literatur: [1] Wiesner, Rohstoffe des Pflanzenreiches, 2. Aufl., Leipzig 1900. I, S. 347. – [2] Ders., in Dammers Lexikon der Verfälschungen, S. 967, Leipzig 1887. – [3] F. v. Müller, Zeitschr. des allgem. oft. Apoth.-Ver. 1885, S. 293 ff. – [4] Alfred Schober, Das Xanthorrhoea-Harz, Verhandl. des naturwiss. Vereins in Karlsruhe, 1892. – [5] Ders., Ueber eine doppelte Sekretion bei Xanthorrhoea, Botan. Zentralbl., Bd. 53, S. 337, Kassel 1893. – [6] Bamberger, Zur Kenntnis der Xanthorrhoeaharze, Sitzungsber. der K. Akad. der Wissensch. zu Wien vom 18. Mai 1893. – [7] Hildebrand, Ueber Xanthorrhoeaharz, Dissertation von Bern Friedberg 1897. – [8] Archiv der Pharmacie, 234, 1896, S. 704.

T.F. Hanausek.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 107-108.
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