Anemometer [2]

[193] Anemometer, in der Meteorologie Instrumente zur Messung der Windgeschwindigkeit. Sie zerfallen in Druck-, Sang- und Rotationsanemometer; die beiden ersteren liefern Einzelwerte: die Windgeschwindigkeit zur Zeit der Beobachtung; letztere liefern dagegen Mittelwerte für den Beobachtungszeitraum.

Schon 1667 findet sich in einem Handbuch für Seeleute von Robert Hooke die Beschreibung eines Anemometers, das im wesentlichen aus einer um eine horizontale Achse beweglichen und durch starre Verbindung mit einer Windfahne stets gegen den Wind gerichteten Blechtafel bestand, deren durch den Wind bewirkte Ablenkung von der Vertikalen an einem zweckmäßig angebrachten geteilten Gradbogen abgelesen wurde. Nach dem gleichen Prinzipe[193] befindet sich an der Wildschen Windfahne eine Windstärketafel angebracht, deren Elevation mittels am Gradbogen befindlicher Stifte unmittelbar die Windstärke nach Graden der Windstärkeskala (s. Wind) ablesen läßt. Als spätere Apparate zur Messung des Winddruckes und somit auch mittelbar der Geschwindigkeit des Windes sind besonders hervorzuheben senkrechte und gegen den Wind gerichtete Winddrucktafeln, durch Federkraft oder andre mechanische Hilfsmittel bei jeder Windstärke und dementsprechender Stellung der Tafel im Gleichgewicht gehalten und in verschiedener Weise zur Messung eingerichtet; ferner Apparate, bei denen die Luft senkrecht gegen die Oeffnung eines trichterartigen Gefäßes strömt, von dem sich der Druck durch Röhren fortpflanzt, um schließlich durch Hebung einer Flüssigkeit in einem Glasrohr oder in andrer Weise gemessen zu werden. Die Sauganemometer beruhen darauf, daß in strömenden Gasen dort, wo sich Hindernisse in den Weg stellen, Druckverminderungen auftreten. Das bekanntere Instrument dieser Art besteht einfach aus einem vertikalen Rohr, dessen oberes, horizontales, gut abgeschliffenes Ende dem Wind ausgesetzt ist und dessen unteres Ende mit einem Manometer in Verbindung fleht, um die durch das Ansaugen der im Rohr enthaltenen Luft bewirkte Druckverminderung zu messen. Die Berechnung der Windgeschwindigkeiten aus den Angaben der genannten Apparate bietet theoretisch meist große Schwierigkeiten und Unsicherheit, was jedoch auch von den Rotationsanemometern gilt. 1846 konstruierte Robinson das erste Instrument dieser Gattung, das sogenannte Robinsonsche Schalenkreuzanemometer, das heute die bei weitem häufigste Anwendung findet. Nach Robinson ist der Windweg gleich dem Dreifachen des von den Schalenmittelpunkten zurückgelegten Weges. Spätere Erfahrungen haben indessen das Unzulängliche jener Reduktion gelehrt und als notwendig erwiesen, daß jedes derartige Anemometer behufs Ermittlung seiner Reduktionsformel, der Beziehung zwischen der Zahl der Umdrehungen und der Windgeschwindigkeit einer experimentellen Prüfung bedarf, die bei registrierenden Anemometern in gewissen Zeiträumen wiederholt werden muß. Die Angaben der auf meteorologischen Stationen aufgestellten Registrieranemometer sind in hohem Grade abhängig von der Aufstellung der Apparate, der Höhe über dem Erdboden und ihrer Umgebung, so daß die Ergebnisse der Registrierungen im allgemeinen von Ort zu Ort nicht ohne weiteres vergleichbar sind. Die besondere Aufgabe der Messung des Winddrucks ist für viele technische Fragen von der allergrößten Bedeutung. Auf Anregung der preußischen Akademie des Bauwesens ist daher vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Verbindung mit andern Reichs- und Staatsbehörden und Korporationen eine Konkurrenz ausgeschrieben worden für die Konstruktion eines Apparats zur Bestimmung der Mittelkraft des Winddrucks und seiner Richtung und Stärke; das Ergebnis dieses Konkurrenzausschreibens ist zurzeit noch nicht bekannt.


Literatur: [1] Wild, H., Der gegenwärtige Zustand der Anemometrie, Carls Repertorium, Bd. 13. – [2] Laughton, J.B., Historical Sketch of Anemometry and Anemometers, Quart. Journal of the Roy. Society, Vol. VIII, 1882. – [3] Cleveland Abbe, Treatise on Meteorological Apparatus and Methods, Washington 1888. – Eine besonders umfassende Zusammenstellung der einschlägigen Literatur findet sich in der Arbeit von G. Neumayer, Anemometerstudien auf der Deutschen Seewarte, bearbeitet von H. v. Hasenkamp in »Aus dem Archiv der Deutschen Seewarte«, Bd. 20, 1897, Nr. 4, Hamburg 1897.

Großmann.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 193-194.
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