Dielektrizitätskonstante

[751] Dielektrizitätskonstante (spezifische induktive Kapazität, dielektrische Leitfähigkeit). Die Anziehung zweier elektrisch geladener Körper hängt, wie Faraday entdeckte, von dem Medium ab, in dem sie sich befinden. Während im Vakuum diese Kraft nach dem Coulombschen Gesetz gleich εε'/r2 ist, wo ε und ε' die Ladungen der Körper und r ihren Abstand bedeuten, beträgt sie in einem andern Medium 1/kεε'/r2, Diese für die betreffende Substanz charakteristische Größe k bezeichnet man als dessen Dielektrizitätskonstante.

Wird auf zwei geladenen Körpern in verschiedenen Medien nicht ihre Ladung, sondern ihr Potential konstant gehalten, so ist, wie die Elektrostatik lehrt, ihre Anziehung in dem betreffenden Isolator dessen Dielektrizitätskonstante direkt proportional. Die Theorie der elektrischen Schwingungen ergibt, daß die Fortpflanzungsgeschwindigkeit elektrischer Wellen in Drähten der Quadratwurzel aus der Dielektrizitätskonstante des umgebenden Mediums umgekehrt proportional ist. Maxwell leitet in seiner elektromagnetischen Lichttheorie den fundamentalen Satz ab, daß die Dielektrizitätskonstante gleich dem Quadrat des Brechungsindex für sehr lange elektrische Wellen ist. Dieser Satz zeigt sich in vielen Fällen erfüllt, findet aber in manchen auch eklatante Ausnahmen. Sie sind daraus zu erklären, daß die zur Bestimmung des Brechungsindex benutzten Wellen infolge von Eigenschwingungen der Moleküle anormal absorbiert werden, was, wie Helmholtz in seiner Theorie der anormalen Dispersion zeigt, zu einer Veränderung des Brechungsindex führt. Der Maxwellsche Satz gilt also nur dann, wenn die molekularen Eigenschaften der Materie nicht Hörend wirken.

Die Clausius-Mosottische Theorie der Dielektrizität nimmt an, daß die Moleküle gute Leiter der Elektrizität seien, in denen in einem elektrischen Felde durch Induktion eine Trennung der Elektrizitäten stattfindet; dies bedingt eine Schwächung der Anziehung geladener Körper in einem aus solchen Molekülen begehenden Dielektrikum. Bezeichnet u den Bruchteil des Gesamtvolumens, der von den Molekülen wirklich eingenommen ist, so berechnet sich hiernach die Dielektrizitätskonstante zu k = (1 + 2u)/(1 – u), woraus folgt u = (k – 1)/(k + 2), oder nach dem obenerwähnten Satz von Maxwell u = (N2 1)/(N2 + 2). Den Ausdruck u/d = (N2 1)/(N2 + 2) · 1/d = R nennt man die spezifische Refraktion (s. Atomrefraktion), eine Größe, die von Temperatur, Druck und Aggregatzustand unabhängig sein muß, da u/d das von den Molekülen einer Substanz tatsächlich ausgefüllte. Volumen bedeutet. Die neuere Elektronentheorie führt die dielektrische Wirkung darauf zurück, daß unter dem Einfluß des elektrischen Feldes die negativen Elektronen so weit von den positiv geladenen Molekülen, an denen sie haften, entfernt werden, bis entgegenwirkende Kräfte den trennenden das Gleichgewicht halten.

Die früher nur schwierig und nicht sehr genau meßbaren Dielektrizitätskonstanten sind im letzten Jahrzehnt einer relativ einfachen und exakten Bestimmung zugänglich geworden, einmal durch die von Nernst [1] ausgearbeitete Methode der Kapazitätsmessung eines mit den zu unterziehenden Flüssigkeiten gefüllten Kondensators in der Wheatstoneschen Brücke, wobei eine etwa vorhandene, nicht zu große Leitfähigkeit des Dielektrikums durch einen entsprechenden, im Nebenschluß zu dem Vergleichskondensator. gelegten Widerstand kompensiert wird; ferner mittels eines von Drude [2] konstruierten handlichen Apparates zur Messung der Wellenlänge stehender elektrischer Schwingungen, der auch relativ gut leitende Substanzen zu untersuchen gestattet. Die Dielektrizitätskonstanten der Gase und Dämpfe sind nur wenig voneinander verschieden, meistens liegen die Unterschiede erst in der dritten bis vierten Dezimale [3].


Dielektrizitätskonstante


[751] Literatur: [1] Nernst, Zeitschr. phys. Chemie 14, 622, 1896. – [2] Drude, ebend. 23, 267, 1897. – [3] Bädeker, ebend. 36, 305, 1901. – [4] Turner, ebend. 35, 385, 1900. – [5] Schmidt, W., Drudes Annalen 9, 919, 1902; Landolt und Börnstein, Physik.-chem. Tabellen, Berlin 1894, 2. Aufl.; vgl. a. die Lehrbücher der Physik, z.B. Riecke, Bd. 2, 2. Aufl., Leipzig, ferner Nernst, Theoret. Chemie, Stuttgart 1903, 4. Aufl.

F. Krüger.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 2 Stuttgart, Leipzig 1905., S. 751-752.
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