Induktion [1]

[182] Induktion, Erzeugung elektromotorischer Kräfte bezw. bei geschlossenen Leitern elektrischer Ströme durch Bewegung von Leitern im magnetischen Felde[182] derart, daß sie Kraftlinien schneiden, oder durch Aenderung der von Leitern umschlossenen Kraftlinienzahl.

Hierbei können folgende Fälle eintreten: 1. bei gleichbleibendem Felde ändert sich die relative Lage zwischen Feld und Leiter durch Bewegung des einen oder des andern (Dynamomaschine); 2. bei gleichbleibender Lage vom Feld zum Leiter wird die das Feld erregende magnetomotorische Kraft geändert (Transformator); 3. bei gleichbleibender Lage vom Feld zum Leiter wird der magnetische Widerstand des magnetischen Stromkreises geändert (Telephon). Die nachstehend angegebenen Versuche erläutern die Entstehung des Induktionsstromes. Verbindet man die Enden einer mit isoliertem Kupferdraht bewickelten Spule K (Fig. 1) mit einem empfindlichen Galvanometer G und schiebt in die Höhlung der Spule einen Stahlmagneten N S ein (Magnetinduktion), so gibt das Galvanometer einen Ausschlag, d.h. es fließt ein elektrischer Strom durch dasselbe und die mit ihm verbundene Spule. Die Galvanometernadel kehrt aber bald in ihre Ruhelage zurück, ein Zeichen, daß das Durchfließen des Stromes wieder aufgehört hat. Dieser durch die Bewegung des Magneten plötzlich auftretende und nach Aufhören dieser Bewegung verschwindende Strom heißt Induktionsstrom. Entfernt man den Magneten wieder schnell aus der Spule, so entsteht ein neuer Strom, und das Galvanometer gibt jetzt den entgegengesetzten Ausschlag. Bei Wiederholung des Versuchs mit einem unmagnetischen Stahlstück von gleicher Form und Größe zeigt das Galvanometer keinen elektrischen Strom an, woraus gefolgert werden kann, daß nur die den magnetisierten Stahlstab umgebenden Kraftlinien die Ursache des Induktionsstromes sind. Da sich durch den angegebenen Versuch die Stärke des Magnetismus im Stahlstäbe nachweislich nicht ändert, so kann die Ursache des Induktionsstromes nur in einer Aenderung der Anzahl der von der Spule eingeschlossenen Kraftlinien liegen, und zwar bedingt die Annäherung des Magneten natürlich eine Zunahme, die Entfernung desselben eine Abnahme dieser Anzahl. Daher das Gesetz (Maxwell): Umschließt eine in sich geschlossene Drahtspule Kraftlinien und ändert sich die Anzahl der eingeschlossenen Kraftlinien, so entsteht in den Windungen der Spule ein Induktionsstrom. Blickt man in der Richtung der Kraftlinien auf die Spule (d.h. sieht man den Südpol des Magneten an), so durchfließt bei einer Zunahme der Kraftlinien der Strom die Windungen im entgegengesetzten Drehungsfinne. Die entstandenen Ströme sind das Aequivalent für die bei der Bewegung des Leiters aufgewendete Arbeit.

Durch die sogenannte magnetische Influenz (s. Magnetismus) verwandelt ein Magnet ein Eisenstück bei der Annäherung ebenfalls in einen Magneten, so daß es von Kraftlinien umgeben ist. Bringt man daher in die vorher erwähnte Drahtspule einen weichen Eisenkern und nähert ihm den Nordpol eines Magneten, so gehen die Kraftlinien durch den Eisenkern und durch die Windungen, und es entsteht ein Induktionsstrom, der wieder den vorher aufgestellten Gesetzen folgt.

Träger von Kraftlinien sind außer den Magneten auch stromdurchflossene Drähte und Drahtspulen (Solenoide, s. Elektrodynamik, Bd. 3, S. 415) mit oder ohne Eisenkern, und es werden daher ebenfalls Induktionserscheinungen auftreten, wenn sich die gegenseitige Lage einer stromlosen und einer stromdurchflossenen Spule ändert. Man bezeichnet gewöhnlich diese durch das magnetische Feld eines Stromes in einem Leiter bewirkten Induktionserscheinungen als Volta-Induktion gegenüber den vorher besprochenen Erscheinungen der Magnetinduktion. In Fig. 2 ist wieder die Spule K mit dem Galvanometer G verbunden, während in den Hohlraum derselben statt des Magneten eine zweite Spule S geschoben werden kann, deren Windungen von einem durch die galvanische Batterie B erzeugten Strome durchflossen werden, sobald der Unterbrecher U geschlossen ist. Wird nun S schnell in den Hohlraum von K geschoben, so zeigt das Galvanometer ebenso wie früher beim Einschieben des Magneten einen Ausschlag, d.h. einen in den Windungen von K vorhandenen Induktionsstrom an, und zwar hat dieser Strom die entgegengesetzte Richtung wie der in den Windungen von S fließende. Sobald die Bewegung des Solenoids S aufgehört hat, ist auch der Induktionsstrom in K erloschen und tritt erst wieder auf, wenn S schnell aus dem Hohlräume von K herausgezogen wird. – Die Galvanometernadel schlägt darauf nach der andern Seite aus, woraus folgt, daß dieser Strom jetzt dem in der Spule S verlaufenden erregenden Strome gleichgerichtet ist.

Statt die Spule S hin und her zu schieben, um den Induktionsstrom zu erzeugen, bringt man sie besser in der Spule K fest an und schließt und öffnet mittels Unterbrechers U den Erregerstrom (Hauptstrom oder Primärstrom). Das Schließen bewirkt dann die Erzeugung eines dem Hauptstrom entgegengesetzt verlaufenden Induktionsstromes (sekundären oder Nebenstromes), während das Oeffnen einen ihm gleichgerichteten hervorbringt. Die Induktionswirkungen werden erheblich verstärkt, wenn die induzierende (primäre) Spule S einen weichen Eisenkern in ihrer Höhlung enthält, da dann außer den Kraftlinien des Stromes auch die des weichen Eisenkernes zur Wirkung kommen, sobald er beim Stromdurchfluß magnetisch wird. – Ebenso verstärkt man die Induktionswirkung, wenn man den primären Strom, anstatt ihn nur zu unterbrechen, umkehrt.[183]

Induktion in linearen Leitern. Bewegt sich ein gerader offener Leiter von der Länge l in einem homogenen magnetischen Felde von der Dichte H mit der Geschwindigkeit v so, daß er Kraftlinien schneidet, so wird in ihm eine elektromotorische Kraft E induziert, deren Größe gleich ist der Anzahl der Kraftlinien, die in einer Sekunde in gleichem Sinne geschnitten werden, d.i. für den einfachsten Fall: E = l H v absolute Einheiten. Ist der Leiter unter einem Winkel φ gegen die Kraftlinien geneigt, während die Bewegungsrichtung einen Winkel ψ mit dem auf den Kraftlinien errichteten Lote bildet, so ist E = l H v sin φ cos ψ absolute Einheiten.

Die Gleichung E = H l v kann zur Definition der Einheit der elektromotorischen Kraft benutzt werden. Es wird nämlich E = 1, wenn H = 1, l = 1 und v = 1 ist, d.h. in einem Leiter von 1 cm Länge wird die Einheit der elektromotorischen Kraft erzeugt, wenn seine Bewegung in einem Felde von der Dichte 1 mit 1 cm Geschwindigkeit rechtwinklig zu den Kraftlinien erfolgt. Da diese Einheit sehr klein ist, sind 100 Millionen derselben zu einer praktischen Einheit (Volt) zusammengefaßt, so daß 1 Volt = 108 absolute Einheiten ist. Sie kommt so der früher üblichen Einheit von 1 Daniell ungefähr gleich (1 Daniell = 1, 1 Volt). – Die Gleichung lautet dann in Volt ausgedrückt: E = (H l v)/108 Volt.

Bewegt sich statt des offenen Leiters ein geschlossener ebener Leiter in einem Felde so, daß die Zahl der von ihm eingeschlossenen magnetischen Kraftlinien sich ändert, so entsteht ebenfalls ein Induktionsstrom, und es ist die in dem geschlossenen Leiter induzierte elektromotorische Kraft E gleich der Aenderung der von ihm eingefaßten Kraftlinienzahl N pro Sekunde, d.h. E = (d N)/(d t) ξ absolute Einheiten, worin ξ die Anzahl der Windungen des geschlossenen Leiters bedeutet. Der Mittelwert der elektromotorischen Kraft, die in den Windungen induziert wird, der sogenannte Integralstrom, ist: E = – ((N2N1) ξ)/T, wo T die Zeitdauer bezeichnet, die erforderlich war, um die Kraftlinienzahl von N1 auf N2 zu ändern. Das Vorzeichen gibt die Richtung der induzierten elektromotorischen Kraft bezw. des Stromes an. Berücksichtigt man bei der Aenderung der Kraftlinienzahl die Abnahme dieser durch Einsetzen von d N mit negativem Vorzeichen, so erhält man E positiv (d.h. es entsteht ein positiver Strom), während sich bei Zunahme und Einführung von d N mit positivem Vorzeichen ein negativer Wert für E (also ein negativer Strom) ergibt.

Zur Feststellung der Richtung der bei der Bewegung des Leiters in ihm induzierten elektromotorischen Kraft oder umgekehrt zur Feststellung der Bewegungsrichtung eines stromführenden Leiters im magnetischen Felde dienen auch folgende Gedächtnisregeln: Dreifingerregel von Fleming: a) Bestimmung der Stromrichtung: mittels des Daumens, Zeigefingers und Mittelfingers der rechten Hand bildet man ein rechtwinkliges Koordinatensystem, hält den Daumen in die Richtung der Bewegung, den Zeigefinger in die Richtung der Kraftlinien, dann gibt der Mittelfinger die Richtung der induzierten elektromotorischen Kraft (bezw. des Stromes bei geschlossenem Leiter) an; b) Bestimmung der Bewegungsrichtung: bei gleicher Fingerstellung wie vorher zeigt der Daumen die Richtung der Bewegung an, wenn sich der Zeigefinger in der Kraftlinienrichtung und der Mittelfinger in der Richtung der elektromotorischen Kraft des Leiters befindet. Andre Gedächtnisregeln (sogenannte Schwimmregeln) hat Faraday angegeben [1].

Kurze Zeit nach der Aufstellung der Induktionsgesetze durch Faraday [2] leitete Lenz das nach ihm benannte Gesetz ab: Bewegt sich ein Elektrizitätsleiter in einem magnetischen Felde so, daß er Kraftlinien schneidet, so wird in demselben ein Strom induziert, welcher infolge der Wechselwirkung zwischen Strom und Magnet die Bewegung zu hemmen sucht, durch welche er entstanden ist. Der Induktionsstrom ist hierbei das Aequivalent für die bei der Bewegung zu leistende Arbeit. Auch nach diesem Gesetz läßt sich die Richtung des entstandenen Stromes leicht bestimmen. – Die Induktionswirkung erfolgt nicht allein in Drahtwindungen, sondern auch in massiven körperlichen Leitern von größerer Ausdehnung, in denen sich der Strom in beliebiger Richtung ausbreiten kann. Solche Induktionsströme, welche auch Wirbelströme oder Foucaultsche Ströme heißen, können bei dem geringen Widerstande, den sie gewöhnlich in dem massiven Leiter finden, zu beträchtlicher Stärke anwachsen, und sie hemmen dann nicht nur die Bewegung des betreffenden Leiters (nach dem Lenzschen Gesetz), z.B. des Ankers einer Dynamomaschine (s. Dynamomaschine, Bd. 3, S. 187), sondern wirken auch nachteilig durch Umsetzung dieses Stromes in Wärme, welche die Ankertemperatur erhöht. Die Foucaultströme verlaufen ungefähr parallel zur Umdrehungsachse des Ankers, und man sucht sie durch Abschneiden ihrer Bahn zu vermeiden, ohne dadurch die Kraftlinien, welche vom Nordpol des Magneten zum Südpol fließen sollen, zu stören. Zu diesem Zweck setzt man den Anker aus einzelnen Blechscheiben von 1/2 mm Stärke zusammen, welche durch Papierblätter voneinander getrennt sind, so daß der Foucaultstrom nicht von einer Scheibe zur nächsten fließen kann. Die Kraftlinien hingegen können in der Scheibe selbst von einem Pol zum andern übergehen. – Ueber die Nutzbarmachung der Wirbelströme zur Dämpfung von Galvanometernadeln s. Meßinstrumente, elektrische. – Die hemmende Wirkung der Wirbelströme ist auch vielfach zur Konstruktion von Bremsen (sogenannten Wirbelstrombremsen) ausgenutzt worden. Solche Vorrichtungen eignen sich beispielsweise zur Leistungsbestimmung kleinerer Motoren erheblich besser als mechanische Bremsen, bei denen es schwierig ist, die Reibung konstant zu halten. Die Anordnung ist folgende: Von der Achse des zu bremsenden Motors wird eine Kupferscheibe angetrieben, die sich im Felde eines starken Elektromagneten befindet. Letzterer ist leicht beweglich auf Schneiden gelagert und trägt auf einem eingeteilten Meßbalken ein[184] verschiebbares Gewicht. Bei Drehung der Kupferscheibe entstehen in ihr Wirbelströme, die bestrebt sind, das Magnetsystem mitzudrehen. Durch Verschiebung des Gewichtes wird dieses Drehmoment gemessen und somit die Leistung des Motors bestimmt [10]. – Ueber die Verwendung der Wirbelstrombremse bei elektrischen Straßenbahnen vgl. Bd. 2, S. 262 (Bremsen, elektrische). – Die Entziehung und der Verlauf der Wirbelströme kann mittels des Waltenhofenschen Induktionspendels leicht nachgewiesen werden [3].

Selbstinduktion. Der in die Primärspule S (Fig. 2) hineingeleitete Strom wirkt bei seinem Oeffnen und Schließen nicht allein auf die darüber oder daneben befindliche Sekundärspule K (gegenseitige Induktion, s. weiter unten), sondern jede Windung des primären Drahtes wirkt auch induzierend auf die neben ihr liegenden Windungen desselben Drahtes. Fließt der Primärstrom im Sinne des Uhrzeigers, so entsteht eine elektromotorische Kraft, die sogenannte EMK der Selbstinduktion, die bei Zunahme der Kraftlinien einen Strom im entgegengesetzten Drehungsfinne hervorzubringen sucht und somit den primären schwächt. Letzterer erreicht deshalb nicht sofort seine volle Stärke, sondern erst nach einer gewissen Zeit, nämlich dann, wenn eine weitere Zunahme der Kraftlinien nicht mehr stattfindet. Wird der primäre Strom geöffnet, so verschwinden die durch die Spule hindurchtretenden Kraftlinien, und infolgedessen entsteht jetzt in den Windungen der Primärspule eine neue EMK der Selbstinduktion, die einen Strom im Sinne des Uhrzeigers hervorzubringen sucht, d.h. einen Strom, der in derselben Richtung fließt wie der eben unterbrochene Primärstrom. Da er nicht wie vorher durch die Gegenwirkung des letzteren aufgehoben wird, so ist seine Spannung so bedeutend, um ihn an der Unterbrechungsstelle durch den kleinen Luftzwischenraum in Gestalt eines Funkens übertreten zu lassen. Dieser Induktionsstrom, welcher in den Windungen einer Spule beim Schließen und Oeffnen des primären Stromes entsteht, heißt Selbstinduktions- oder Extrastrom. Er besitzt also die Eigenschaft, beim Schließen des primären Stromes diesen zu schwächen, beim Oeffnen ihn fortdauern zu lassen.

Die Selbstinduktion ruft in den Windungen einer Spule eine elektromotorische Kraft hervor, die in jedem Augenblick bestimmt ist durch e = – L di/dt, d.h. die elektromotorische Kraft der Selbstinduktion ist proportional dem Faktor L und der Aenderung der Stromstärke in der Zeiteinheit. Der Faktor L heißt der Koeffizient der Selbstinduktion; er ist beispielsweise für eine lange, dünne Spule oder einen Ring L = 4πξ2q/l; befindet sich Eisen in der Spulenhöhlung, so wird L = 4πξ2/l; q ist der Querschnitt der Spule, l ihre Länge, ξ die Windungszahl und μ die Permeabilität des Eisens. Die praktische Einheit des Selbstinduktionskoeffizienten ist 109 cm (Länge des Erdquadranten in Zentimetern gemessen); sie führt die Benennung Henry.

Das Entstehen der Selbstinduktionsströme muß in manchen Fällen, z.B. bei Widerständen für Meßzwecke, wegen der auftretenden Störungen verhindert werden. Man erreicht dies am einfachsten dadurch, daß man die eine Hälfte der Windungen rechtsläufig, die andre linksläufig wickelt. Fließt alsdann ein Strom durch die Windungen, so erzeugt die eine Hälfte derselben Kraftlinien, die denen der andern Hallte entgegengerichtet sind, so daß sie sich insgesamt aufheben. Eine derartig (Fig. 3) hergestellte Spule heißt bifilar oder induktionsfrei gewickelt.

Gegenseitige Induktion. Bewickelt man eine Spule mit zwei Wicklungen, indem man die eine über oder auch neben die andre legt, und sendet durch die Windungen der einen Wicklung einen Strom, so erzeugt dieser Kraftlinien, die auch durch die zweite Wicklung hindurchgehen. Infolgedessen entsteht in den Windungen dieser ein Induktionsstrom, dessen elektromotorische Kraft den Wert e = – M di/dt (c, g, s-Einheiten) oder e = – M di/dt 10-8 (Volt) hat, d.h. die elektromotorische Kraft der gegenseitigen Induktion ist proportional dem Faktor M und der Aenderung der Stromstärke in der Zeiteinheit. Der Faktor M heißt Koeffizient der gegenseitigen Induktion; er ist z.B. für eine Spule oder einen Ring M = 4πnξq/l; q = Spulenquerschnitt, l = Spulenlänge, n = Windungszahl der ersten Wicklung, ξ = Windungszahl der zweiten Wicklung. Der Koeffizient M ist proportional dem Produkt der Windungszahlen n und ξ.

Die Induktionsströme können erzeugt werden durch magnet-elektrische Maschinen sowie Dynamomaschinen (Bd. 3, S. 180) nach dem Prinzip der Magnetinduktion oder durch sogenannte Induktionsapparate (Funkeninduktoren, Rumkorffsche Apparate) oder Transformatoren (s.a. Umformer) nach dem Prinzip der Volta-Induktion. Fig. 4 zeigt einen solchen Induktionsapparat schematisch. Die primäre (Hauptstrom-) Rolle S hat nur wenige Windungen dicken Drahtes (1–2 mm Durchmesser), während die darübergeschobene sekundäre (Nebenstrom-) Rolle K[185] aus einer sehr großen Zahl von Windungen seinen Drahtes von 1/3–1/5 mm Durchmesser besteht. In die Primärspule ist zur Verstärkung der Wirkung ein weicher Eisenkern E eingeschoben, der zur Vermeidung der Wirbelströme aus dünnen, voneinander durch Schellack isolierten Eisendrähten aufgeschichtet ist. Die Enden dieser Spule sind unter Einschaltung eines Stromunterbrechers (s. Unterbrecher), der in rascher Aufeinanderfolge den Strom selbsttätig öffnet und schließt, mit einer galvanischen Batterie B verbunden. Der in Fig. 4 skizzierte einfache Stromunterbrecher besteht aus dem unter dem Einflusse des Elektromagnets E stehenden und an einer Feder schwingenden Anker A und aus der Kontaktfäule D, deren Schraube im Ruhezustande den Anker berührt. Wird der Batteriestrom geschlossen, so zieht der Magnetkern E den Anker A an, er verläßt die Schraube und unterbricht somit den Strom. Hierdurch verliert jedoch der Elektromagnet seinen Magnetismus, läßt den Anker los, stellt dadurch bei D die Stromverbindung wieder her, und das Spiel beginnt von neuem. Jedem Schließen und Oeffnen entspricht (vgl. weiter oben gegenseitige Induktion) in den sekundären Windungen eine elektromotorische Kraft e = – M di/dt wobei M dem Produkte der beiden Windungszahlen proportional ist und daher durch Vermehrung der Windungen jede beliebige Größe erhalten kann. Wird auch di/dt groß gehalten, so steigt e so weit an, daß der sekundäre Strom an den Enden der Wicklung F und G in Gestalt geräuschvoller Funken übergeht. Beim Schließen des primären Stromes entsteht in den primären Windungen ein entgegengesetzt gerichteter Selbstinduktionsstrom, der den eingeleiteten Strom schwächt und hierdurch den Wert di/dt verkleinert; der dem Schließen entsprechende Strom in den sekundären Windungen besitzt daher nur eine geringe Spannung, die nicht imstande ist, den Luftraum zu durchschlagen. Der beim Oeffnen in der Primärspule entstehende Selbstinduktionsstrom ist mit dem primären Strom gleichgerichtet; seine elektromotorische Kraft ist bedeutend, und er tritt deshalb an der Unterbrecherstelle bei D als starker Funke auf, verkleinert di/dt und somit die Wirkung des Apparates. Um diesen schädlichen Funken zu vermeiden, ist parallel zur Funkenstrecke (Unterbrecher) ein Kondensator C (s.d.) geschaltet, wodurch der durch Selbstinduktion entstandenen Elektrizitätsmenge ein bequemer Abfluß verschafft wird. Letztere fließt zunächst auf die Belegungen des Kondensators und entladet sich durch die Windungen der Primärspule hindurch erst dann, wenn der sekundäre Funkenausgleich beendet ist, wodurch die Funkenbildung am Unterbrecher fast verschwindet. Die Hinzufügung des Kondensators bedeutet also eine Vergrößerung von di/dt und somit eine Erhöhung der Leistung, d.h. der Funkenlänge. Dieser Funke (von dem Oeffnungsstrome erzeugt) hat je nach der Größe und Windungszahl des Apparates eine Länge bis zu 1 m und zeigt dieselben Erscheinungen, die bei Entladungen statischer Elektrizität (s. Elektrizität) auftreten. Er ist noch von einem orangeroten Lichtmantel, der sogenannten Aureole, umgeben, die man durch Blasen oder durch magnetische Einwirkungen von ihm trennen kann. Läßt man den Funkenstrom durch Glasrohre gehen, die verdünnte Luft oder verdünnte Gase enthalten, so wird je nach dem zunehmenden Grade der Verdünnung der Funken immer schwächer, die Aureole immer größer, bis schließlich bei ca. 1 mm Quecksilberdruck der Funke ganz verschwindet und gleichzeitig der negative Pol (die Kathode) von dunkelblauem Licht umgeben ist, während vom positiven Pol (der Anode) ein dunkelroter geschichteter Lichtstrom ausgeht. Bei weiter fortschreitender Verdünnung treten die unter dem Namen Kathodenstrahlen bekannten (von Hittorf, Puluj und Crookes beobachteten) Erscheinungen auf [5], [7], [8], und bei noch höheren Verdünnungsgraden zeigt sich das Röntgensche Phänomen [6]. Alle diese Lichterscheinungen sind durch gleichgerichtete Ströme, und zwar durch die Oeffnungsströme erzeugt. Führt man dagegen den einen Draht der Induktionsspule nach der inneren Belegung einer Leidener Flasche und verbindet die äußere Belegung derselben mit der einen Elektrode der Geißlerschen Röhre, während die andre mit dem zweiten Induktordraht verbunden wird, so entstehen durch die fortwährend erfolgende Ladung und Entladung der Flasche abwechselnd gerichtete Ströme, auch alternierende Entladungen genannt. Es tritt jetzt an beiden Elektroden das negative blaue Glimmlicht auf. Nähere Angaben über den Bau der Funkeninduktoren findet man in [3] und [4].

Auf den tierischen Körper üben die Induktionsströme eine erhebliche physiologische Wirkung aus, die sich bei stärkeren Strömen in krampfartigen Muskelzusammenziehungen äußert; man verwendet sie deshalb auch (unter dem Namen faradische Ströme) zu Heilzwecken. – Eine weitere Verwendung finden die durch die Magnetinduktion erzeugten Ströme bei der Uebertragung von Lauten mittels des Telephons (s.d.). – Bei der Induktionswage von Hughes wird die Induktionswirkung zur Prüfung der Molekularkonstitution der Metalle u. dergl. benutzt. Zwei Primärspulen S1 und S2 (Fig. 5) liegen im Stromkreise der Batterie B. U ist ein Selbstunterbrecher und C ein zu demselben parallel geschalteter Kondensator. Auf den Primärspulen befinden sich die untereinander verbundenen Sekundärspulen S3 und S4, in deren Stromkreis das Telephon T eingeschaltet ist. Geht nun durch S1 und S2 der durch U fortwährend unterbrochene Batteriestrom, so werden in S3 und S4 Induktionsströme erzeugt, die sich bei[186] entsprechender Schaltung und vollkommen gleicher Spulenwicklung gegenseitig aufheben, so daß sie im Telephon T keine Wirkung hervorbringen. Legt man jedoch in die oberen Spulen auf die Ebonitsäulen E zwei Metallstücke M und M1, die nicht genau gleich sind oder die aus verschiedenem Materiale bestehen, so wird der Gleichgewichtszustand der Spulen gestört und das Telephon kommt zum Tönen. Näheres hierüber in [9]. – Ausführliche Angaben über die historische Entwicklung der Induktionserscheinungen findet man in [2], über die rechnerische Behandlung in [1]. – Ueber magnetische Induktion s. Magnetismus.


Literatur: [1] Zickler, Lehrbuch der Elektrotechnik, Leipzig 1906. – [2] Handbuch der Elektrotechnik von Heinke und Ebert, Leipzig 1902, Bd. 1. – [3] Holzt, Schule des Elektrotechnikers, Leipzig 1903. – [4] Ruhmer, Konstruktion, Bau und Betrieb der Funkeninduktoren, Leipzig 1904. – [5] Crookes-Gretschel, Strahlende Materie, Leipzig 1879. – [6] Röntgen, Mitteilungen über X-Strahlen, Würzburg 1896. – [7] Puluj, Strahlende Elektrodenmaterie, Wien 1883. – [8] Lehmann, Elektrizität und Licht, Braunschweig 1895. – [9] Wiedemanns Annalen, Leipzig 1887 und 1893. – [10] Elektrotechn. Zeitschr. 1901, S. 608.

Holzt.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 182-187.
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