Fallmaschine

[594] Fallmaschine, Apparat zur Demonstration des Fallgesetzes beim Unterricht. Da die Bewegung des freien Falls für die unmittelbare Prüfung des Gesetzes zu rasch erfolgt, wird entweder das Gesetz an einer verlangsamten Fallbewegung nachgewiesen, oder man bedient sich chronographischer Vorrichtungen, um den Verlauf der Bewegung zu prüfen.

Den ersteren Weg ging Galilei, indem er eine Kugel die schiefe Fallrinne herabrollen ließ. Ist g die Beschleunigung beim freien Fall, f die Beschleunigung auf der schiefen Rinne, die mit der horizontalen Richtung den Winkel a bildet, so ist unter Vernachlässigung der Reibung die Beschleunigung der Kugel f = 5/7g sinα, nicht, wie Galilei [1] annahm, f = g sinα. Die lebendige Kraft der Kugel nach beliebiger Zeit, z.B. einer Sekunde, setzt sich nämlich aus zwei Teilen zusammen, der lebendigen Kraft der fortschreitenden und derjenigen der rotierenden Bewegung. Erstere hat für die Masse m nach einer Sekunde den Betrag 1/2mf2, letztere, entsprechend dem Trägheitsmoment der Kugel, den Betrag 1/5mf2, die Summe ist gleich der Arbeit der Schwere, dem Produkt aus Gewicht mg und senkrechter Fallhöhe 1/2f sina, woraus 1/2f + 1/5f = 1/2g sinα sich ergibt.

Die verbreitetste Fallmaschine ist die Atwoodsche. Auch bei ihr kann die Fallbewegung beliebig verlangsamt werden. An einem über eine leicht bewegliche Rolle gelegten Seidenfaden hängen beiderseits gleiche Gewichte P (s. Figur), auf deren eines ein kleines Uebergewicht p aufgelegt wird. Die Bewegung erfolgt entlang einer geteilten Säule, an der in beliebiger Höhe das Uebergewicht selbsttätig abgehoben werden kann, so daß die weitere Bewegung der Gewichte[594] annähernd gleichförmig wird. Sind K und r die Größen des Trägheitsmoments und des Radius der Rolle, so in a = K/r2 die auf den Umfang der Rolle reduzierte Masse der Rolle, und die Beschleunigung der unter der Wirkung des Uebergewichts eintretenden Bewegung unter Vernachlässigung der Reibung und des Fadengewichts ist: f = pg/(2P + p + ag). Eine empfehlenswerte Einrichtung der Atwoodschen Fallmaschine s. bei [2].

In betreff der nach dem zweiten Prinzip eingerichteten Fallmaschinen sei auf [3], [4] und [5] verwiesen, sowie auf den Art. Chronoskop, und nur diejenige von Morin noch erwähnt. Entlang einer 2 m hohen, gleichförmig rotierenden Trommel mit vertikaler Achse fällt zwischen Gleitschienen ein schwerer Körper, der im Fallen einen Schreibstift der Trommel entlang herabführt. Die gezeichnete Kurve hat die Fallhöhen als Ordinaten und Abszissen, die der Zeit proportional find; sie ist dem Fallgesetz entsprechend eine Parabel.


Literatur: [1] Mach, E., Die Mechanik in ihrer Entwicklung, Leipzig 1883, S. 137, 138 u. 322. – [2] Weinhold, Physikalische Demonstrationen, Leipzig 1861, S. 61. – [3] Frick-Lehmann, Physikalische Technik, Braunschweig 1890–95, Bd. 1, S. 500 u. 521, Bd. 2, S. 269 u. 270. – [4] Violle, Lehrbuch der Physik, Berlin 1892, Bd. 1, S. 177. – [5] Müller, Pouillet-Pfaundler, Lehrbuch d. Physik und Meteorologie, Braunschweig 1886, 9. Aufl., Bd 1, S. 117 u. 118.

A. Schmidt.

Fallmaschine
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 594-595.
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