Fallmaschine

[92] Fallmaschine, ein Instrument, die von Galilei entdeckten Gesetze des freien Falles der Körper (vgl. Fall 2) angenscheinlich darzustellen. Früher bediente man sich hierzu einer Vorrichtung, bei welcher Kugeln auf einer schiefen, möglichst glatten Rinne herabrollten, wobei die Beschleunigung der Bewegung nach demselben Gesetze erfolgt, wie beim freien Fall, das absolute Maß der Geschwindigkeit aber weit kleiner u. daber leichter zu beobachten ist. Vollkommener ist die von dem Engländer Atwood erfundene F. In der Mitte eines horizontalen Fußbretes erhebt sich senkrecht eine hölzerne Säule, welche einige Zolle vom höchsten Punkte abwärts, von 0 anfangend bis 64 Zoll fortgehend, in Zolle u. Zehntelzolle eingetheilt ist. Das Fußbret steht auf einem Fuße u. zwei Schrauben, durch welche die horizontale Stellung des Fußbretes hervorgebracht werden kann. In die verticale Säule wird oben mittelst einer Schraube eine hölzerne Platte befestigt, die eine Rolle trägt, welche genau centrirt u. überhaupt sehr sorgfältig gearbeitet sein muß, weil von der gleichen u. leichten Bewegung dieser Rolle alles abhängt; über den eingeschnittenen Rand dieser Rolle geht eine Schnur, deren Enden an schwachen Metallstäben befestigt sind, die durch die Mitte eines kleinen metallenen Tellerchens m u. m' gehen. Diese Tellerchen hängen so, daß das eine vor der Mitte der Scala herablaufen kann. Die Gewichte, welche auf diese Tellerchen von der Seite aufgeschoben werden können, bestehen aus kreisförmigen Scheiben von einem mit dem Durchmesser des Tellerchens gleichen Durchmesser, u. sind erstlich solche, die auf beiden Scheiben m u. m' gleich aufgelegt werden, u. dann zweitens ein Übergewicht, das dem vor der Scala herabsinkenden Gewichte beigefügt wird. Endlich befindet sich seitwärts an der Säule, od. sonst irgendwo befestigt, ein Pendel, welches die einzelnen Secunden angibt. Um mittelst dieser Maschine zu zeigen, daß die Fallräume den Quadraten der Zeiten proportionirt sind, legt man zuerst auf beide Tellerchen eine gleiche Menge von Gewichtstheilen, sodann noch auf das vor der Säule hängende ein solches Übergewicht, daß von demselben in der ersten Secunde nur ein einziger Zoll durchfallen wird. Man fürhrt nun das vor der Säule hängende Gewicht so weit herauf, daß seine untere Fläche genau neben dem Nullpunkte sich befindet, u. hält es in dieser Lage entweder unmittelbar mit der Hand od. mit einem Stäbchen fest, welches den Faden gegen das Stativ andrückt. Man achtet dann auf die Schläge des Secundenpendels, u. im Momente eines Pendelschlages läßt man das angedrückte Gewicht fallen u. zählt die Schläge des Pendels. Ist Alles richtig angeordnet, so kommt mit dem Ende der 1., 2., 3., 4.... 8. Secunde das Gewicht bei den mit 1, 4,[92] 9, 25... 64 bezeichneten Theilstrichen der Scala an, u. man kann sich hiervon genau überzeugen, indem man an diese Stellen successive ein Bretchen anschraubt, auf welches das Gewicht gleichzeitig mit dem Pendelschlage auftrifft. Um mittelst der Maschine zu zeigen, welche Geschwindigkeit der fallende Körper in einem bestimmten Punkte erlangt hat, muß in diesem Punkte das Übergewicht abgehoben werden, damit der Körper ohne neue Beschleunigung mit der einmal erlangten Geschwindigkeit fortgehe. Dieser Zweck wird durch ein durchbrochenes Bretchen erreicht, welches das Hauptgewicht durchläßt, aber das Übergewicht, welches für diesen Versuch die Gestalt eines langen Stäbchens haben muß, erhebt u. zurückbehält. Es sei diese Unterlage so an die Säule befestigt, daß sie genau in dein Augenblicke des Übergewichts abhebt, wo die untere Fläche desselben bei 25 Zoll ankommt, so weiß man nun, daß die Fallzeit dazu 5 Secunden beträgt. Am Ende der 5. Secunde ist die erlangte Geschwindigkeit nach den Gesetzen des freien Falles = 2 × 5 = 10 Zoll, u. wenn der Körper nur diese Geschwindigkeit unbeschleunigt behielte, so würde er am Ende der 6 Secunde bis 35 Zoll, am Ende der 7. Secunde bis 45 Zoll, am Ende der 8. Secunde bis 55 Zoll gelangen, an welchem Punkte man, wenn daselbst die undurchbrochene Unterlage befestigt worden wäre, das Aufschlagen mit dem Ende der 8. Secunde hören müßte. Die Versuche können noch auf mancherlei Weise abgeändert werden; es zeigt aber das Mitgetheilte schon, daß diese Atwood'sche F. viel Belehrung darbietet.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 92-93.
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