Freibord

[189] Freibord, im Schiffbau, die Höhe des Oberdecks an der Bordwand mittschiffs über der Wasserlinie; die Freibordhöhe gibt dann die Lage der Maximalladewasserlinie – Tiefladelinie – an.

Für Kriegsschiffe richtet sich der Freibord nach dem Gefechtswert des Schiffes, nach der Aufstellung der Geschütze u.s.w. Küstenverteidiger und Panzerkanonenboote begnügen sich mit einem Freibord von 1 m und weniger, während Hochseeschiffe einen solchen von 6–7 m erfordern, um auch bei hoher Geschwindigkeit und im Seegang die Geschütze verwenden zu können. Die Gesetze zur Festsetzung der Ladewasserlinie der Handelsschiffe sind von England angeregt und geschaffen worden. Die erste bedeutende Veröffentlichung über Freibord erfolgte 1874 von B. Martell; er stellte die Auswässerung mit dem Registertonnengehalt in Vergleich. 1882 gab dann der Englische Lloyd genaue Tabellen zur Festsetzung des Freibords heraus und dieselben wurden 1885 vom Board of Trade mit geringen Aenderungen anerkannt, später, 1890, von dem von der Regierung berufenen Loadline Committee ergänzt und 1894 durch die Merchant-Shipping-Act allgemein eingeführt. Die Tabellen beruhen auf folgenden Grundsätzen: Die Auswässerung – Reservedeplacement – darf in Prozenten des Deplacements bis zur Ladewasserlinie ein bestimmtes Maß nicht unterschreiten, desgleichen die Höhe des Decks über Wasser; ferner ist auf eine entsprechende Fertigkeit des Schiffsverbandes und eine genügende Stabilität Rücksicht genommen. In den Freibordtabellen sind nur Frachtdampfer berücksichtigt; Passagierdampfer besitzen an und für sich eine größere Auswässerung. Für Winterreisen und Reisen im Nordatlantischen Ozean werden Zuschläge gemacht. Für die verschiedenen Schiffstypen der Handelsmarine, Glattdeck-, Spardeck- und Sturmdeck-(Awning-Deck-) schiffe, sind besondere Tabellen aufgeteilt, während für die Berücksichtigung der verschiedenen Deckaufbauten, als Back, Brückendeck, Poop oder Hütte und Quarterdeck, entsprechende Korrektionen, abhängig von der Länge dieser Aufbauten, vorgeschrieben sind. Da diese Regeln für die verschiedenen Typen einen gewissen Spielraum für die Festsetzung des Freibords lassen, so hat die Findigkeit der Schiffbauer und Reeder die mannigfachsten Typen gezeitigt, bei denen eine möglichst günstige Ladefähigkeit mit Bezug auf den Freibord sich ergibt, wodurch naturgemäß eine übersichtliche Zusammenstellung der Freibordhöhen erschwert ist. In Deutschland hat die Seeberufsgenossenschaft im Jahre 1903 Vorschriften über den Freibord für Dampfer und Segelschiffe in der langen und atlantischen Fahrt sowie in der großen Küstenfahrt erlassen, die vom Germanischen Lloyd ausgearbeitet ist und von dieser Klassifikationsgesellschaft ständig weiterverfolgt wird. Bei den übrigen seefahrenden Nationen bestehen zurzeit keinerlei Freibordgesetze.


Literatur: White, W.H., A Manual of Naval Achitecture, London 1900; Johow, Hilfsbuch für den Schiffbau, Berlin 1902; Seeberufsgenossenschaftl. Vorschriften über den Freibord für Dampfer und Segelschiffe u.s.w., Hamburg 1903; Board of Trade, Instructions and regulations relating to the measurement of ships and tonnage under the Merchant shipping Act 1894, London 1903; Rosenstiel, Rud., Die Entwicklung der Tiefladelinien an Handelsdampfern, Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft 1901; Schmidt, A., Die Feststellung einer Tiefladelinie, ebend. 1904.

T. Schwarz.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 189.
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