Freihandinstrumente

[190] Freihandinstrumente zum Nivellieren und Höhenmessen sind für manche Zwecke (tachymetrische Bestimmungen, generelle Aufnahme von Profilen, Messen von Baumhöhen, Reduktion von Längenmessungen u.s.w.), bei denen es sich um eine schnelle Bestimmung bei mäßiger Genauigkeit handelt, sehr geeignet. Der Gebrauch bedarf, um die volle Leistungsfähigkeit der Instrumente (mittlerer Fehler einer Höhenrichtung etwa ± 0,1°) auszunutzen, einiger Uebung; häufig werden die Instrumente, um die Handhabung zu erleichtern, auch mit Unterstützung eines Stabes verwendet (z.B. der Ziehstäbe des Meßbandes). – Ihrem Prinzip nach sind die Instrumente entweder zu den Höhenwinkel-(Gefäll- oder Neigungs-) messern mit Verwendung geneigter Ziellinien (trigonometrisches Nivellieren) oder zu den Nivellierinstrumenten mit Verwendung horizontaler Ziellinien (geometrisches Nivellieren) zu rechnen. Die Horizontalrichtung der Ziellinien oder Nullinien der betreffenden Teilungen an Höhenkreisen oder Gefällskalen geschieht in verschiedener Weise, und zwar 1. mit Hilfe eines Lotfadens, 2. durch pendelartige Einstellung, 3. durch Libellen mit Reflexion des Blasenbildes in die Ziellinie, 4. nach dem Prinzip der Kanalwage.

Nach diesen verschiedenen Prinzipien ist eine große Anzahl von Freihandinstrumenten konstruiert worden. Von diesen seien einige genannt:

Zur Konstruktion 1.: der Dendrometer von Winkler [1], der Spiegelhypsometer von Faustmann [2], der Meßknecht von Preßler [3]. Es werden am Lotfaden unmittelbar die Höhenwinkel an einer mit der Ziellinie fest verbundenen Gradteilung (Fadenaufhängung zentrisch) oder an Teilungen, die nach trigonometrischen Tangenten fortschreiten, die Gefälle oder sofort die Höhenunterschiede abgelesen. Beim Faustmannschen Instrumente ist zur bequemen Handhabung ein Ablesespiegel angebracht.

Zu 2. ist hinzuweisen auf die verschiedenen, sich pendelartig einstellenden Höhenkreise oder Höhenbogen, die Höhenwinkelmesser, auch Höhenmesser genannt, und auf die Instrumente von Couturier [4] und Bohne [5]. Bei Couturiers Instrument Hellt sich die Ziellinie eines kleinen pendelartig aufgehängten Fernröhrchens lotrecht ein; durch einen unter 45° geneigten Spiegel ergibt sich damit eine horizontale Absehlinie. – Bei Bohnes Instrument stellt sich die Absehlinie eines kleinen, cardanisch aufgehängten Fernröhrchens horizontal ein. Das Fernrohr ist ein galileisches, dessen Okular aus einer plankonvexen und einer in der Mitte durchbohrten bikonkaven Linse zusammengesetzt ist, so daß sowohl das entfernte Ziel wie durch die Oeffnung der Bikonkavlinse ein in der Nähe des Objektivs angebrachtes Glasmikrometer deutlich gesehen werden können. Der Nullstrich des Mikrometers bezeichnet die horizontale Sicht, die Seitenstriche Gefällprozente.

3. Ueber die zum Freihandgebrauch durch Reflexion des Libellenbildes in die Ziellinie eingerichteten Taschennivellierinstrumente (wie z.B. Wagners, Butenschöns Taschennivellierinstrument und Buff und Bergers Handlevel) s. Nivellieren.

4. Ueber die Verwendung kleiner, geschlossener Kanalwagen s. Kanalwage.

Es sei noch erwähnt, daß auch Winkelspiegel und -prismen mit angehängtem Lot durch Reflexion des letzteren Freihandnivellierinstrumente liefern.


Literatur: Jordan, Zeitschr. f. Vermessungswesen 1887, S. 2. – [1] Winkler, Taschendendrometer, Wien 1846. – [2] Allgem. Forst- und Jagdzeitung 1856, Heft 12. – [3] Preßler, Ingenieurmeßknecht, 5. Aufl., Leipzig 1876. – [4] Dingl. Polyt. Journ., Bd. 229, S. 47. – [5] Ebend., Bd. 225, S. 550. S.a. die unter Geodäsie genannten geodätischen Lehr- und Handbücher.

Reinhertz.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 190.
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