Gründungen

[654] Gründungen, jene Bauarbeiten, welche notwendig werden, um die Last von Bauwerken auf den Untergrund (Baugrund) so zu verteilen, daß jede Einsenkung oder Setzung derselben unmöglich wird.

Diese Bauarbeiten hängen im allgemeinen ab:

1. Von der Tiefe des tragfähigen Untergrundes unter der Erdoberfläche an der Baustelle,

2. Von der Wassermenge, die man antrifft, bevor man denselben erreicht.

Die Tragfähigkeit des Untergrunds hängt wiederum davon ab, ob derselbe im Trockenen liegt oder im Wasser, beziehungsweise in einer Wasserströmung. Die verschiedenen hauptsächlichsten Bodenarten geben diesbezüglich zu folgenden Bemerkungen Veranlassung.

a) Felsboden gilt im allgemeinen als der beste Baugrund, und zwar sowohl im Trockenen als unter Wasser. Immerhin ist jeweils zu untersuchen, ob derselbe aus festgelagerten Schichten besteht oder bloß aus mehr oder weniger großen Blöcken, deren Standfestigkeit zunächst festgestellt werden muß. Ueberdies widerstehen nicht alle Felsarten dem Einfluß von Strömungen des Wassers, indem sie entweder allmählich ausgewaschen werden oder in mehr oder weniger große Stücke zerfallen, welche abgeschwemmt werden können, oder sich im Wasser zersetzen. – Zu den ersteren gehören Kalksteinschichten mit großem Tongehalt, jüngere Sandsteinbildungen u.s.w.; zu den zweiten verschiedene Kalksteinlagerungen, die infolge schwacher Schichten und zahlreicher Risse allmählich in kleine Stücke zerfallen (Muschelkalk, weißer Jura u.s.w.); zu den letzteren endlich gipshaltige Lagerungen, die sich im Wasser auflösen. – Es ist also auch bei Fels jeweils eine sorgfältige Abwägung der Verhältnisse nötig, bevor man denselben als Baugrund wählt. Im übrigen kann bei Felsen die Tragfähigkeit des Mauerwerks als Grenze der Belastung angenommen werden.

b) Tonboden kann auf 5–7 kg pro Quadratzentimeter belastet werden, wenn er im Trockenen liegt, dagegen seine Tragfähigkeit vollständig verlieren, wenn er im Wasser plastisch oder weich wird. Dieser letztere Fall tritt namentlich dann ein, wenn er mit seinem Sand gemengt ist oder von Sandboden durchzogen wird, während reiner kompakter Ton wasserundurchlässig ist und dann tragfähig bleibt. Der Strömung setzt Ton geringen Widerstand entgegen. – Die Verwendung von Ton als Baugrund in wasserhaltigem Boden verlangt deshalb eine sorgfältige Prüfung auf seinen Sandgehalt; in strömendem Wasser darf nicht darauf gegründet werden.

c) Kieslagerungen können mit 4–5 kg pro Quadratzentimeter belastet werden, sowohl wenn sie im Trockenen als wenn sie unter Wasser liegen. Nur in starker Strömung ist von deren Verwendung als Baugrund abzusehen, wenn die Strömung davon einzelne Stücke wegtragen kann, oder sie müssen gegen den Angriff der Strömung geschützt werden.

d) Sandablagerungen ohne Beimischung erdiger Teile können mit 3–4,5 kg pro Quadratzentimeter belastet werden, wenn sie im Trockenen vorkommen oder unter Wasser keinen Strömungen ausgesetzt sind. Gegen Strömungen sind dieselben immer schwer zu schützen, deshalb dort als Baugrund zu verwerfen. – Mit erdigen Teilen gemischt nimmt ihre Tragfähigkeit stark ab, namentlich unter Wasser auch ohne Strömung.

e) Erdarten können nicht als Baugrund dienen. Gemischte Bodenarten entlehnen ihre Eigenschaften den einzelnen Bodensorten, aus denen sie gebildet sind.

Da der unbedingt tragfähige Baugrund meist mehr oder weniger tief unter der Erdoberfläche liegt, so kommen verschiedene Methoden der Gründungen vor. Entweder muß man sich mit einem weniger tragfähigen Boden behelfen, indem man die Last des Bauwerkes auf eine größere Oberfläche verteilt oder indem man die Tragfähigkeit des Bodens verbessert; andernfalls muß man den tragfähigen Boden aufsuchen und sich auf denselben abstützen. Die hierzu führenden verschiedenen Methoden verändern sich überdies, je nachdem der Baugrund in wasserführendem Untergrund oder unter tiefem Wasser liegt.

A. Fundierungen im Trockenen erfolgen 1. bei geringer Tiefe des Baugrundes[654] durch Aushub und Aufbau von Fundamentmauerwerk bis zur Bodenfläche, 2. bei größerer Tiefe des Baugrundes und Ausnutzung des überliegenden Bodens:

a) Durch Verbreiterung des Fundaments mittels eines hölzernen liegenden Rostes (s. Rost) oder einer ausgedehnten Betonschicht;

b) durch Entfernung des ganz schlechten Bodens und Ersatz durch eine größere Schicht guten Bodens (s. Sandschüttungen);

c) durch Dichtung des ungenügenden Bodens mittels Dichtungspfählen, verbunden mit einem Rost (s. Pfähle) bezw. durch Abnützung auf den guten Untergrund vermittelst Pfählungen mit überliegendem Rost oder einer Betonlage;

d) durch Abteufung mittels Schächten und deren Ausfüllung mit Sand oder Mauerwerk.

B. Gründungen in wasserführendem Boden verlangen:

1. Bei geringer Tiefe des Baugrundes die Trockenhaltung der Baugrube, hinter einem Lehmdamm, einer Spuntwand (s. Spuntwände) oder einem Fangdamm (s.d.).

2. Für größere Tiefe des Baugrundes muß den Gründungsmethoden im Trockenen noch beigefügt werden bei a) außer dem hölzernen Rost oder der Betonschicht noch eine Spuntwand; bei b) eventuell die Baggerung des schlechten Bodens vor seinem Ersatz durch besseren; bei c) in allen Fällen eine Umfassung mit einer Spuntwand; bei d) statt der Schächte Senkbrunnen (s.d.) oder Preßluftgründungen (s.d.).

3. Bei Gründungen in großer Wassertiefe wird wie folgt vorgegangen: a) Auf dem guten oder ungenügenden Untergrund wird eine Steinschüttung (s.d.) aus natürlichen oder künstlichen Blöcken bis wenig unter die Wasserfläche aufgebracht, um auf derselben das Bauwerk zu Hellen; b) es werden Pfähle in den Boden eingerammt, zwischen denselben eine Steinschüttung eingebracht, oft mit einer Spuntwand umgeben und auf den Pfählen ein Rost oder ein Betonboden gelegt, der den Bau aufnimmt; c) direkt auf den Boden stützt man sich mit hölzernen oder eisernen Senkkasten, die mit Mauerwerk gefüllt werden, nachdem der Boden zu dem Ende vorher zu dessen Aufnahme abgeglichen wurde, oder mit Hilfe von Preßluftgründungen (s.d.) in festen oder beweglichen Caissons.

Zschokke.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 654-655.
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