Grundablaß

[657] Grundablaß, eine oder mehrere verschließbare Oeffnungen einer Stauanlage, gewöhnlich eines festen Wehres, welche bis zur Sohle des betreffenden Wasserlaufs reichen und dem Hochwasser ein größeres freies Abflußprofil gewähren. Der Grundablaß ist ein spezieller Fall eines Ablasses, einer Freiarche oder eines Freifluders (Freifluters), nur daß bei letzterem die Schwelle (der Schweller) im allgemeinen über der Flußsohle liegt. Ist der Grundablaß als Schleusenwehr gebaut, so heißt er Grundschleuse, vielfach auch Rumpelfalle.

Bei einer Wehranlage zum Zwecke einer Kanalableitung aus einem Flusse empfiehlt es sich, den Grundablaß an demjenigen Ufer anzuordnen, welches dem Kanal gegenüber liegt, damit dieser nicht einen eventuellen Gefällsverlust erleide infolge der vor einem geöffneten Grundablässe stattfindenden Senkung des Wasserspiegels.

Die mindestens nötige Größe, die Gesamtlichtweite y eines Hochwasserablasses im allgemeinen, ergibt sich aus dem noch zulässigen Steigen a des gestauten (Ober-) Hochwasserspiegels (O.H.W) über das gestaute (Ober-) Niederwasser (O.N.W), Fig. 1 u. 2. Bedeuten ferner: B die Gesamtlänge der Stauanlage, d die Gesamtdicke der eingebauten Pfeiler oder Ständer, also B–d–y die freie Länge des festen Wehres, welches in Fig. 2 als Ueberfallswehr (s.d.) sowohl für das Nieder- als auch für das Hochwasser angenommen ist; h die Erhebung des ungestauten (Unter-) Hochwassers U.H.W über das ungestaute (Unter-) Niederwasser U.N.W; s und S die Stauhöhe fürs Nieder- bezw. fürs Hochwasser, wobei S = s + σ – h; Qn cbm pro Sekunde die nur über das feste Wehr überstürzende Niederwassermenge (hierbei ist x die Ueberfallshöhe und der Ablaß geschlossen); a die Tiefe der Ablaßschwelle unter U.H.W (wenn a = T, der Tiefe des Unterhochwassers), so hat man einen Grundablaß vor sich; Qn die über das feste Wehr und durch den geöffneten Ablaß fließende Hochwassermenge (in Kubikmetern pro Sekunde); vn und vh die vor dem Wehre stattfindenden Zuflußgeschwindigkeiten des gestauten Nieder- bezw. Hochwassers;


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die entsprechenden Geschwindigkeitshöhen; μ den Ausflußkoeffizienten für vollkommenen Ueberfall; g die Beschleunigung der Schwere, und setzt man


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μ1 den Ausflußkoeffizienten für den Ausfluß unter Wasser, wobei


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so hat man: für den vollkommenen Ueberfall (s. Ueberfallwehr) des Niederwassers


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Beim Hochwasser hat man der Reihe nach für den hier vollkommenen Ueberfall über das feste Wehr, für desgleichen (bis U H W) im Ablasse und ebenda für den Ausfluß unter Wasser in der Tiefe α:


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Aus den Gleichungen 1. und 2 lassen sich die beiden Unbekannten x und y berechnen. Die Auflösung geschieht am besten versuchsweise, indem ein wahrscheinliches x angenommen, dazu aus 1. y und aus 2. ein Qh' berechnet wird; stimmt dieses Qh' nicht genügend mit dem gegebenen Qh überein, so ist die Annahme von x entsprechend abzuändern und die nämliche Rechnung zu wiederholen. Ist auf diese Art durchaus keine Uebereinstimmung zu erreichen, so sind die gemachten Voraussetzungen nicht zutreffend, so daß einzeln oder zusammen a und B anders zu wählen sind oder die Krone des festen Wehres unter dem U H W anzunehmen ist; im letzteren Falle ist auch die Formel für das Grundwehr (s.d.) zu benutzen. Wenn ein v < 0,5 m, so kann angenähert das zugehörige k = o gesetzt werden. Werte für 2/3 μ und μ1, s. unter Grundwehr bezw. Ueberfallwehr.


Literatur: (Konstruktion von Wehren mit Grundablässen): Franzius, Wasserbau, 1 Abt 1. Hälfte, 3. Aufl., Leipzig 1892; Bauernfeind, Vorlageblätter zur Wasserbaukunde, München 1866; Ballif, Wasserbauten in Bosnien und der Herzegowina, Wien 1896.[657]


Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 657-658.
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