Heliogravüre [1]

[32] Heliogravüre oder Photogravüre (Sonnenätzung), wird als allgemeine Bezeichnung für jene graphische Methoden zur Herstellung geätzter Druckplatten gebraucht, bei welchen mittels des Sonnenlichts das Bild auf den Aetzgrund derartig übertragen wird, daß man es mittels geeigneter Aetzmittel erhöht oder vertieft ätzen kann.

Auch das Wort Heliographie wird in derselben Bedeutung gebraucht, so daß man von heliographischer Zinkotypie, Kupferätzung u.s.w. sprechen kann. Unter Heliogravüre oder Photogravüre im engeren Sinne des Wortes wird aber gegenwärtig ein ganz bestimmtes Verfahren der Herstellung von Kupferdruckplatten für Halbtonbilder, die in der Kupferdruckpresse gedruckt werden, verstanden. Dieses Verfahren ging von Fox Talbot aus; es wurde von Karl Klič in Wien in seiner gegenwärtig gebräuchlichen Form verbessert und allgemein eingeführt.

Eine polierte Kupferplatte wird mit Asphaltkorn (Aquatintakorn) versehen und dasselbe angeschmolzen. Auf diese Fläche wird ein auf Pigmentpapier von einem photographischen Diapositive kopiertes Bild aufgequetscht und übertragen. Dieses negative Bild wird nach dem Trocknen unter Verwendung mehrerer (rascher oder langsamer ätzender) verschieden konzentrierter Eisenchloridlösungen geätzt, wodurch eine Tiefätzung resultiert, die im Druck ein positives Bild liefert. Zur Verhinderung einer raschen Abnutzung der Platte wird dieselbe vor dem Drucke verstählt. Die zuerst mit Benzol, dann mit einer Mischung von Schlämmkreide, Alkohol und etwas Ammoniak gereinigte Kupferplatte wird mit Asphaltpulver gestaubt und bis zum Anschmelzen des Kornes erhitzt, erkalten gelassen und das auf Hanfstänglschem Aetzpapier oder Pigmentpapier Nr. 105 der Londoner Autotype-Co. kopierte Pigmentbild übertragen, dieses dann zuerst in einer Tasse mit Wasser von 35° C, nachher in einer zweiten Tasse mit Wasser von 42° C entwickelt, mit kaltem Wasser abgespült, 5 Minuten in wässerigen Spiritus gelegt und getrocknet. Rückseite und Rand der Platte werden mit Asphaltlack abgedeckt und das Pigmentbild nachher in vier oder drei Bädern einer Eisenchloridlösung geätzt, die durch Zusatz von Kupfer (bei Lichtzutritt) abgestumpft worden ist. Methode mit fünf (drei) Aetzbädern: Eisenchloridlösung: erste Aetze 1,400, zweite 1,370, dritte 1,340, vierte 1,310, fünfte 1,280 spez. Gew. Temperatur der Lösung I 12° C, die übrigen sukzessive steigend bis ca. 20° C. Bei dieser Methode werden drei Bäder verwendet, und zwar in der Weise, daß bei lauen Uebertragungen die Aetzung mit[32] den Lösungen I–III, bei stärkeren aber mit II–IV stattfindet; nur im Falle besonderer Umstände, wie z.B. bei zu langsam verlaufender Aetzung, wird ein viertes Bad (Bad IV bezw. V) als Hilfsbad verwendet. Mit den konzentrierten Lösungen I–III können auch stärkere Uebertragungen geätzt werden, jedoch müssen diese Lösungen etwas wärmer verwendet werden, etwa bei 15, 17 und 20° C. Die Gesamtdauer der Aetzung soll 15–20 Minuten nicht überschreiten. Bei einer normalen Uebertragung ist die Aetzdauer in den einzelnen Bädern ungefähr 3 Minuten in der ersten, 5–7 Minuten in der zweiten und 7–10 Minuten in der dritten Aetze; in dem sich daran schließenden Wasserbade wird nur bis zum Schließen des höchsten Lichtes einige Sekunden geschwenkt.

Der Aetzvorgang wäre ungefähr folgender: In der ersten Aetze werden die kräftigeren Schattenpartien geätzt, in der zweiten die dunkleren Mitteltöne bis zum Beginn der helleren Partien, diese werden dann im dritten Bade weitergeätzt bis nahe zu den höchsten Spitzlichtern; mit der Platte wird sodann etwas Aetze in eine Schale mit kaltem Wasser überführt und damit das höchste Licht geschlossen. Man spült mit Wasser ab, entfernt die Pigmentschicht mit einem feuchten Fließpapierbauschen, reinigt die Platte vom Asphalt mit Steinkohlenteerbenzol mittels weicher Leinenlappen. Das bei dem Aetzprozeß entstandene Kupferchlorür wird mit einer Mischung von Schlämmkreide, Alkohol und Ammoniak entfernt und die Platte zur Retusche gebracht. Schließlich wird verstählt.

Rembrandt-Heliogravüre nennt man eine Kombination der Heliogravüre mit dem Rasterverfahren (s. Autotypie), wobei Kupferdruckplatten mit zarter Netzstruktur erzeugt und in Schnellpressen gedruckt werden. Das Verfahren ist gleichfalls von Karl Klič erfunden worden und wird derzeit hauptsächlich in England für den Kunstverlag benutzt.

Die heliographisch hergestellten Landkarten und andre Reproduktionen linearer Zeichnungen werden häufig (z.B. im k. u. k. Militär-geographischen Institute in Wien) auf photogalvanischem Wege (durch galvanisches Abformen eines photographischen Pigmentreliefs) erzeugt.

Die Farbenheliogravüre (Chromo- oder farbige Heliogravüre). Als sogenannte »reine« Farbenheliogravüre werden diejenigen vielfarbigen Abdrucke bezeichnet, die mittels eines, nicht mehrmaligen Druckes erzielt werden. Die geätzte Heliogravüreplatte wird mittels entsprechender verschiedener Farben und Tampons eingefärbt, wobei das Original als Vorbild dient, so zwar, daß die Platte förmlich übermalt wird und in der Farbegebung dem Original möglichst gleichkommt. Da dies in manchen Fällen nicht erreichbar ist, so muß an den gemachten Abdrücken noch eine Nachhife (Retusche) vorgenommen werden. Dieses vornehme, jedoch durch die komplizierte Herstellung teure Druckverfahren wird mehrfach durch die verschiedenen Kombinationsdrucke (s.d.) zu ersetzen gesucht.


Literatur: [1] Scamoni, Handb. der Heliographie, Berlin 1872. – [2] Husnik, Die Heliographie, Wien 1888. – [3] Geymet, Traité pratique de gravure héliographique, Paris 1885. – [4] Moock, Traité pratique d'impression photographique aux encres grasses, Paris 1888. – [5] Volkmer, Die Photogravüre zur Herstellung von Tiefdruckplatten in Kupfer, Zink und Stein, Halle a. S. 1895. – [6] Eder, Handb. der Photographie, Bd. 4: Das Pigmentverfahren und die Heliogravüre, Halle a. S. 1899. – [7] Ders., Rezepte und Tabellen, 4. Aufl., 1905. – [8] Vogel, Handb. der Photographie, Bd. 2, 4. Aufl., Berlin 1899.

J.M. Eder.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 32-33.
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