Kalander [1]

[282] Kalander (auch Zylinder genannt), eine der wichtigsten Appreturmaschinen, welche zum Glätten und Glänzen von Geweben resp. Papier dient. Je nach Konstruktion und Verwendung für spezielle Zwecke unterscheidet man Roll-, Friktions-, Matt-, Water-, Beatle-, Gaufrier-, Seidenfinishkalander u.s.w. Auch die Mangelmaschine gehört hierher. Vgl. a. Papierfabrikation.

Der Rollkalander (Fig. 1) besteht im Prinzip aus einem eisernen Gestelle, in welchem zwei bis fünf und auch noch mehr Walzen gelagert sind, die teils durch Hebeldruck, teils durch Spindelschrauben aufeinander gepreßt werden können. Diese Walzen, auch Zylinder genannt, sind entweder aus Gußstahl mit feinpolierter Oberfläche oder aus Papier oder Baumwollstoff gefertigt. Die Papier- oder Stoffwalzen werden auf die Weise erzeugt, daß man auf eine gußstählerne Achse kreisrunde Scheiben aus Papier oder Stoff aufsteckt, welche durch starken hydraulischen Druck aneinander gepreßt und schließlich durch auf beiden Seiten des Zylinders angebrachte starke Stahlkappen in ihrer Lage[282] festgehalten werden. Die Walzen werden dann mittels Messers und Diamants abgeschliffen, so daß sie eine glatte Oberfläche besitzen. Die Walzenbreite variiert zwischen 1–21/2 m und darüber; dementsprechend ist auch die Stärke verschieden. Je nach dem speziellen Effekt, den man erzielen will, ist die Anordnung der Walzen so getroffen, daß entweder zwei Stahlwalzen oder abwechselnd Stahl- und Papier- resp. Stoffwalzen oder zwei Papierwalzen (Mattkalander) aufeinander laufen. Stahlwalzen erzeugen auf der durchlaufenden Ware den schärfsten Glanz, Stoffwalzen den milderten. Je größer der Druck ist, mit dem die Walzen während des Durchganges der Ware aufeinander laufen, desto glatter und glänzender wird das Gewebe. Zur Erhöhung des Glanzes ist eine, mitunter auch zwei Stahlwalzen zum Erhitzen eingerichtet. Zu diesem Zwecke ist die Walze mit einer Bohrung versehen, welche zur Aufnahme von glühenden eisernen Bolzen oder zum Einströmen von Dampf dient, oder die Erhitzung wird durch Gasflammen besorgt. Außerdem sind am Kalander noch eine Einlauf- und Aufwickelvorrichtung, ferner ein Warenbreithalter und Schutzvorrichtungen angebracht.

Beim Friktionskalander (Fig. 2) besitzt eine der Stahlwalzen, gewöhnlich die oberste, einen geringeren Durchmesser und erhält dieselbe durch Zahnräder eine größere Umdrehungsgeschwindigkeit, wodurch diese Walze auf der Ware reibt, friktioniert und so einen höheren Glanz erzeugt.

Der Water-(Wasser-)kalander (Fig. 3) besteht im wesentlichen gewöhnlich aus einer Bronzewalze und einem Stoffzylinder, ferner aus einem Wassertroge mit einer hölzernen Leitwalze; diese Maschine dient zum Auspressen von nasser Ware, wobei gleichzeitig infolge des starken Druckes ein gewisser, dauernder Glanz auf der Ware erzeugt wird.

Der Gaufrierkalander besitzt zwei Walzen aus Messing oder Gußstahl und dient zum Einpressen von Moiré oder andern Mustern in das Gewebe. Die beiden Walzen tragen das Dessin in der Weise, daß auf der einen Walze das Muster erhaben, auf der andern das gleiche Muster genau korrespondierend vertieft angeordnet ist. Dieser Kalander findet seine hauptsächlichste Verwendung zur Erzeugung des Buchbinderleinenartikels.

Der Beatle-Beetle-Stampfkalander (Fig. 4) wird zur Erzielung von seidenartigem Glanz und geschmeidigem Griffe bei Baumwoll- oder Leinengeweben verwendet. Er besteht im Prinzip aus zwei Aufbäumwalzen von 31/2 m Länge, welche von Stirnrädern getrieben werden und die, abwechselnd mit Ware bewickelt, der Einwirkung von hölzernen Stößeln ausgesetzt sind. Diese Holzstößel sind an einer gemeinsamen Daumenwelle angebracht und fallen nacheinander auf die aufgebäumte Ware, stampfen dieselbe, wobei durch Reibung der Gewebefasern der schöne seidenähnliche Glanz erzeugt wird; hierauf erfassen die Daumen der Welle die Stößel, welche in einer gewissen Höhe mit einer Nut versehen sind, heben sie in die Höhe, um sie bei der Weiterbewegung der Welle wieder auf die Ware fallen zu lassen.

Der Seidenfinishkalander (Fig. 5) verleiht Baumwoll- oder Leinengeweben seidenartigen Glanz und Griff. In einem besonders starken Gestelle ist zu unterst eine Papier- oder Baumwollstoffwalze gelagert, auf welcher eine sehr sein gravierte Stahlwalze unter großem Drucke läuft. Darüber ist meist noch eine sogenannte blinde Walze angebracht, welche zur Verstärkung des Druckes und als Widerlager dient. Die gravierte Stahlwalze besitzt eine innere Bohrung zur Aufnahme der Gasheizung. Die Gravüre verläuft je nach der Bindung des zu behandelnden [283] Gewebes horizontal, vertikal oder diagonal am Umfange der Walze und ist so sein, daß oft bis zu 25 Rillen pro Millimeter vorhanden sind. An Stelle der seinen Linien sind mitunter seine Flächen unter verschiedenem Winkel eingeprägt. Der Druck, mit dem die Walzen während der Arbeit aufeinander laufen, wird meist auf hydraulischem Wege erzeugt, seltener durch Hebelübertragung, und kann die bedeutende Höhe von 35000 kg erreichen. Indem die Gravüre sich infolge des starken Druckes und der Hitze in die Gewebefasern einpreßt, entstehen auf diesen Erhöhungen und Vertiefungen, welche das auffallende Licht verschieden reflektieren, und man nimmt an, daß dies die Ursache des hervorgebrachten Seidenglanzes ist.

Singer.

Fig. 1., Fig. 3.
Fig. 1., Fig. 3.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 282-284.
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