Kork

[634] Kork, im wissenschaftlichen Sinne eine unter der Oberhaut entstehende und dieselbe nach deren Abfall vertretende Gewebeform (Außenrinde) aller dikotylen und gymnospermen Holzgewächse, deren Zellen regelmäßig radial angeordnet sind und durch Einlagerung der Korksubstanz eine große chemische Widerstandsfähigkeit erlangt haben. Im technischen Sinne ist Kork oder Pantoffelholz die fast ausschließlich von der immergrünen Korkeiche (Quercus suber L.) und der sommergrünen spanischen Eiche (Quercus occidentalis Gray) flammende Außenrinde. Außer den genannten Eichen, die in den weltlichen Küstenländern des Mittelmeeres verbreitet sind, können noch die im Gebiete der Adria vorkommende Quercus ilex L. und die südtirolische Q. Pseudosuber Santi auf Kork von sehr geringer Güte ausgebeutet werden.

Die Kochkultur bedingt die Entfernung des zuerst zur Entwicklung kommenden unbrauchbaren »männlichen« Korkes, der von den jungen Stämmen mit sorgfältiger Schonung des »Mutterkorkes« (korkbildende Zellschicht) abgeschält wird. Nun beginnt eine energische Neubildung von gutem »weiblichen« Kork, welcher nach zehn Jahren eine 17–26 mm dicke Schicht bildet. In Algier darf Kork aus den Regierungsforsten nicht unter 25 mm Dicke abgenommen und in den Handel gebracht werden; Export 5000000 kg. Ueber die Abhängigkeit der Stärke und Güte des Korks s. [1], [7].

Die abgelösten Korkplatten werden aufeinander geschichtet, mit Steinen beschwert, getrocknet und durch Abschaben und Feilen zugerichtet; der sogenannte schwarze Kork ist durch ein Flammenfeuer gezogen. Vorzüglichste Sorten kommen von Andalusien und Katalonien; gleichwertig sind algerischer und südfranzösischer Kork. Zu Champagnerkorken können nur die allerbesten Sorten (von Katalonien) verwendet werden; ein solcher Kork darf beim Einpressen keine Haarrisse bekommen und muß nach jahrelangem Verbleiben in gequetschtem Zustande beim nachträglichen Kochen im Wasser wieder seine ursprüngliche Gestalt und sein ursprüngliches Volumen erhalten. Das Korkgewebe besteht aus ziemlich dünnwandigen, häufig wellenförmig konturierten Zellen, die im Quer- und radialen Längsschnitt mehr oder weniger rechteckig, im Tangentialschnitt sechsseitig sind; sie stellen also sechsseitige Prismen vor, deren Längsachse parallel zum Radius des Stammes liegt. Außer diesen eigentlichen die guten Eigenschaften des Korkes bedingenden Korkzellen besitzt aber der Kork noch Gruppen von Steinzellen (Lenticellen oder Rindenporen), die nur locker zusammenhängen, leicht zerreiblich sind und bei stärkerer Entwicklung die Güte der Ware außerordentlich beeinträchtigen; beim Trocknen und Pressen des Korkes fallen die Steinzellen heraus und hinterlassen Höhlungen, welche einen radialen Verlauf besitzen und zarte Wellenlinien kreuzen; letztere entsprechen dem jährlichen Zuwachs, den Jahreslagen des Korkes. Durch die Einlagerung der Korksubstanz (Suberin) wird die Zellmembran des Korkes undurchlässig für Wasser und unlöslich in Kupferoxydammoniak; beim Erhitzen mit Kalilauge lösen sich Anteile derselben mittels eines Verseifungsprozesses. Hauptbestandteil derselben ist das Korkwachs.

In den Hauptorten der Korkindustrie (Bremen, Delmenhorst, Bordeaux, Berlin, Wien) wird der Kork zu den verschiedensten Objekten verarbeitet. Weitaus die größte Anwendung erfährt er zur Erzeugung der Pfropfen, Stopfen oder Stöpsel; kleine und dünne Pfropfen schneidet man mit einem sehr scharfen Messer parallel zur Oberfläche der Platten, ebenso dicke, welche länger als 5 cm sind. Die Bearbeitung erfolgt gegenwärtig allgemein auf maschinellem Wege; eine Korkschneidemaschine liefert in 10 Stunden bis zu 24000 Flaschenkorke, während ein Arbeiter in derselben Zeit höchstens 1200 Stück herstellen kann. Korkbearbeitungsgeräte und -maschinen liefern Gebrüder Kappe in Ahlfeld. – Die langen Korke werden als Zylinder- und als Medizinflaschenkorke unterschieden. Ein brauchbares Ersatzmittel für Stöpselkork gibt es nicht. Einige Flüssigkeiten zerstören den Kork und gestatten daher dessen Anwendung als Verschlußmittel nicht. Konzentrierte Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure, Königswasser müssen in Flaschen mit Glasstöpseln aufbewahrt werden; ebenso sind chlor-, brom- und jodhaltige Körper sowie Salmiakgeist, Terpentinöl und andre ätherische Oele Zerstörer des Korkes. Zum Schütze gegen zerstörende Agenzien wird Kork paraffiniert [2].

Kork dient ferner in dünnen Platten zu Schuhsohlen, zu Korkjacken, zur Ausfütterung von Hüten, zum Auslegen von Insektenkästen, zum Ueberzug von Maschinenbestandteilen und Mühlsteinen, zu Modellen, Korkbildern, die Abfälle zur Bereitung des Linoleums, Kamptulikon, Corticin, der Korksteine, zu Schwimmern für Rettungsgürtel und Fischnetze, zu Stoßkissen, Amboßunterlagen; aus den Abfällen werden wieder Stöpsel durch Pressen erzeugt; zur Erzeugung der Korkkohle (Spanisch Schwarz für Druckerschwärze).

Kein Surrogat vermag den Kork völlig zu ersetzen; wo es sich um Verringerung des spezifischen Gewichtes handelt, können die sogenannten Korkhölzer [7] mitunter verwendet werden; aber die enorme Elastizität, Undurchdringlichkeit und Dauerhaftigkeit, welche der Kork besitzt, fehlt diesen völlig. Als Korkhölzer werden Ochroma Lagopus Sw. (Bombaceae, Westindien) [3], Aeschynomene aspera Willd. (Papilionaceae, Ostindien) [4], Nyssa aquatica L. (Tupeloholz aus Nordamerika) [5], Erythrina acanthocarpa E.M. [6] genannt; letztere flammt aus Südafrika und besitzt ungeheure Wurzeln, die in Blöcken von 2 m Länge und 1 m Umfang unter dem Namen Marble-Cork in den Handel kommen. Sie sind bräunlichweiß, dreimal leichter als Kork, wenig elastisch und für Flüssigkeiten permeabel. Auch das Mark der Agaven[634] und Fourcroyen wird als »Aloeholz« anstatt Kork verwendet. In Slawonien dienen auch die Wurzeln des Süßholzes zu Stöpseln [1].


Literatur: [1] Höhnel in Wiesner, Rohstoffe des Pflanzenreiches, 2. Aufl., Leipzig 1900, Bd. 1, S. 725. – [2] Schneider, In Realencyklopädie der gesamten Pharmacie, Wien 1889, Bd. 6, S. 89. – [3] Wilhelm in Wiesner, Rohstoffe u.s.w., 2. Aufl., 1903, Bd. 2, S. 1020. – [4] Möller, Botan.-Ztg. 1879, S. 719. – [5] Ders., Realencyklopädie u.s.w., Bd. 10, S. 115. – [6] Ders., Pharm. Zentralh. 1886, S. 240; Allgemeines über Kork: Höhnel, v., Sitzungsber. der Wiener Akademie 1877, und Tschirch, Angew. Pflanzenanatomie, Wien 1889, S. 272. – [7] Hanausek, T.F., Lehrbuch d. techn. Mikroskopie, Stuttgart 1901, S. 256.

T.S. Hanausek.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 634-635.
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