Luftgasapparate

[247] Luftgasapparate, auch Gaserzeugungsmaschinen oder Apparate zur Erzeugung von Leuchtgas auf kaltem Wege genannt, bezwecken, durch Karburierung atmosphärischer Luft mit leicht flüchtigen Dämpfen niedrig siedender Petroleumkohlenwasserstoffe ein für Beleuchtungszwecke brauchbares Gasgemisch zu erhalten. Sie finden dort Anwendung, wo ein Anschluß an das Rohrnetz einer Gasanstalt nicht möglich ist; doch sind auch Zentralen [1] zur Beleuchtung kleinerer Städte in neuerer Zeit (bis 1907 etwa fünfzig) errichtet worden.

Die an Luftgasapparate zu Heilenden Bedingungen sind: 1. Innige Mischung der Luft mit der Karburierflüssigkeit; 2. Verhinderung eines Niederschlagens der Kohlenwasserstoffe aus dem Gase bei längerem Aufbewahren; 3. Verhütung des Rückströmens des karburierten Gases in das Luftgefäß, weil dadurch Explosionen entstehen können. Die Apparate [2], [3] bestehen aus dem. Gebläse zum Ansaugen der Luft, dem Regulator und dem Karburator. Der Zweck des Regulators ist, die Luft unter gleichmäßigem Druck dem Karburator und aus diesem den Flammen zuzuführen, und zwar darf dieser Druck nicht zu gering sein, weil sonst die Flammen infolge des hohen spez. Gew. des Gases von 1,2–1,25 schlaff brennen, wenig Licht entwickeln und zum Rußen neigen. Bei den älteren Apparaten benutzte man vielfach einen kleinen Gasbehälter als Regulator. Der Karburator wird mit Baumwolle, Holzspänen, Holzwolle, Dochten u. dergl. gefüllt, die das eingeführte Karburationsmittel aufsaugen, während die Luft durch das Füllmaterial hindurchzieht und sich mit den Dämpfen der Kohlenwasserstoffe belädt. Als Triebkraft für das Gebläse dient meistens ein an einem Seil hängendes Gewicht, welches langsam sinkt und ein Triebwerk in Bewegung setzt.

Die zur Luftgaserzeugung verwendeten Kohlenwasserstoffe sind: 1. Petroleumäther (Pentan), spez. Gew. 0,665–0,67 bei 15°, siedend zwischen 50 und 60° C; 2. Petroleumbenzin, spez. Gew. 0,68–0,72 bei 15° C, zwischen 70 bis 90° C. siedend. Am besten verwendet man Petroleumäther (Pentan), 11 Pentandampf wiegt 3,225 g. Dampfspannung bei 0° 81, bei 15° 168, mit Pentandämpfen gesättigte Luft enthält daher bei 0° 10,63 Vol.-Proz. – 339 g pro Kubikmeter, bei 15° C. 22,1 Vol.-Proz. = 707 pro Kubikmeter. Bei einem Gehalt von 250 g Pentan ist die Zusammensetzung des Gases: 7,7 Vol.-Proz. Pentan, 19,4 Vol.-Proz. Sauerstoff, 72,8 Vol.-Proz. Stickstoff, 1,12 spez. Gew. bei 15° C. Der Unterzeichnete stellte bei einem Gehalt von 12,0 Vol.-Proz. Pentan bei 20° C. und 739 Barometerstand ein spez. Gew. des Luftgases von 1,265 bei 15° C. und einen unteren Heizwert von 5406 W.E. fest. Als Explosionsgrenzen fand er folgende: Gemische von Luft mit 9–26% Lustgas sind regelmäßig explodiert. Unter 9 und über 26% konnten die Gemenge nicht mehr zur Explosion gebracht werden. Die Grenzen werden sich natürlich je nach der Stärke des Luftgases verschieben. Obige Zahlen wurden mit einem Lustgas von 14,8 Vol.-Proz. Pentan gefunden.

Aerogengas nennt die Hannoversche Aerogengasgesellschaft ihr Lustgas. Die Karburierflüssigkeit wird Solin genannt; es ist dies eine Benzinart, deren spez. Gew. bei 0,645–0,675 liegt. Siedepunkt bis höchstens 80°. Die dem Luftstrome zugeführte Menge Solin wird in den Gaserzeugern durch Rotation einer Verbrauchsuhr abgemessen. Die Achse des Gasmessers ist mit dem Solinverteiler verbunden. Je nach dem Gange der Uhr wird die entsprechende Menge Solin geschöpft. Die Bewegung des Gaserzeugers wird durch einen Heißluftmotor bewirkt. Bezüglich der technischen Einrichtungen verweisen wir auf [1]–[4].

Die Amberger Gaserzeugungsmaschine wird ebenfalls durch einen Heißluftmotor mit[247] dem selbsterzeugten Lustgas betrieben. Der Motor drückt die Luft durch den Karburator und pumpt gleichzeitig den Petroleumäther hinein. Die Menge Petroläther reguliert sich nach der angesaugten Luftmenge. Die Einstellung erfolgt nach einer Kontrollflamme. Die Karburierflüssigkeit nennt die Amberger Gasmaschinenfabrik Hydririn. Es gibt eine Reihe weiterer Apparate, z.B. den Apparat Excelsior von Inderau & Cie. in Dresden, Sirius von F. Bothe & Cie. in Wien, Phöbos der Bayerischen Washington-Lichtgesellschaft Regensburg. Das Lustgas wird zum Heizen und zur Auerlichtbeleuchtung benutzt. Im Auerlicht liefert es ähnliche Kerzenstärken wie das Steinkohlengas. 100 Hefnerkerzen kosten etwa 2–3 Luftgasapparate.


Literatur: [1] Stern, Ueber Aerogengaszentralen, Journ. s. Gasbel. u. Wasservers. 1904. – [2] Meyenberg, F., Aerogengas, Dingl. Polyt. Journ., Bd. 322, 1907. – [3] Stern, Die Verwendung des Benzins zur Erzeugung von Gas für Licht-, Kraft- und Heizzwecke, »Petroleum«, Berlin 1907. – [4] Polack, G., Benzin und seine Behandlung, Hannover (Aerogengas-Gesellsch.) 1905. – Vgl. ferner Zeitschr. f. angew. Chemie 1892, S. 236; ebend. 1897, Bujard, Die Amberger Gasmaschine, S. 42; Schilling, E., Kalender für das Gas- und Wassersack 1905 ff.

Bujard.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 247-248.
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