Meteorologische Stationen

[414] Meteorologische Stationen finden sich heute in mehr oder weniger dichtmaschigem Netz- über alle Kulturstaaten verbreitet, teils auch von diesen in ihren Kolonien oder an andern Orten der Erde unterhalten. Ihre Aufgabe ist es, die meteorologischen Beobachtungen, die sich im allgemeinen über Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Himmelsbedeckung, Windrichtung und -stärke und Niederschlagsmenge erstrecken, auszuführen und diese nebst, genauen Aufzeichnungen über die Zeit des Auftretens und die Art der Hydrometeore (Nebel, Tau, Reif, Regen, Schnee, Gewitter u.s.w.) der Zentralstelle zur weiteren Bearbeitung zuzusenden – teils nach bestimmten Zwischenräumen, teils aber telegraphisch sofort nach der Beobachtung, falls eine Station bei der Konstruktion der synoptischen täglichen Wetterkarten berücksichtigt wird.

Je nach der Vollständigkeit der Ausrüstung der Beobachtungsstation und der Mannigfaltigkeit der Beobachtungen unterscheidet man Stationen erster bis vierter Ordnung sowie Regen-, Gewitterstationen u s. w. Während die Beobachtungen an Stationen erster und zweiter Ordnung in dem oben angegebenen Umfang angestellt werden und außerdem die Stationen erster Ordnung mit einem besonderen Normalbarometer sowie mit Registrierapparaten, wenigstens für Luftdruck, Temperatur, Windrichtung und -geschwindigkeit, Niederschläge und Sonnenschein, ausgerüstet sind, ist der Umfang der Beobachtungen auf Stationen niederer Ordnung ein mehr beschränkter und erstreckt sich zum Teil nur auf Temperatur und Niederschläge. Der Messung der Niederschläge allein dienen die Regenstationen, die ungleich dichter verbreitet sein müssen, da die Größe der Niederschläge von Ort zu Ort stärkeren Aenderungen ausgesetzt ist als die übrigen Elemente. Zum Studium der Gewittererscheinungen werden außerdem besonders zahlreich noch Gewitterstationen unterhalten, die nach fest vereinbartem Schema Beobachtungen über die Gewitter anstellen und zum Teil noch mit Regenmessern ausgerüstet sind. Normalbeobachtungsstationen erster Ordnung befinden sich in Deutschland in Hamburg auf der Seewarte, in Potsdam, München, Dresden, Stuttgart, Karlsruhe, Bremen, Magdeburg und Aachen; außerdem sind die Beobachtungsstationen zweiter Ordnung der Seewarte, die längs der Küste errichtet sind, wie noch eine Zahl andrer Stationen zweiter Ordnung mit Registrierapparaten für Luftdruck und Wind und zum Teil auch für Temperatur, Niederschlag und Sonnenschein versehen.

Eine besondere Art von Stationen stellen die Sturmwarnungsstellen der deutschen Seewarte längs der deutschen Küste dar, die wesentlich zur Zeit von Stürmen Beobachtungen über Wind und Wetter anstellen. Die Beobachtungen werden auf den meteorologischen Stationen erster bis vierter Ordnung und ebenso die Regenmessungen an den Regenstationen zu bestimmten Terminen ausgeführt. Aufgabe der Zentralstelle des Beobachtungsnetzes ist es, durch jährliche Inspektion der Stationen die Güte der Instrumente zu kontrollieren und insbesondere deren Korrektionen mittels Reifeinstrumenten immer von neuem festzustellen. Der Zentralstelle fällt auch die Bearbeitung der Beobachtungen und deren Veröffentlichung zu, so daß solche meist mit einem größeren Personal ausgerüstet sind.

Den Aufgaben der forstlichen und der Agrarmeteorologie dienen die forstlichen meteorologischen Stationen wie auch die agrar-forstlichen Stationen, die letzteren meist mit den Agrikulturversuchsanstalten verbunden. Die forstlichen meteorologischen Stationen bestanden in Deutschland zunächst aus je zwei Parallelstationen, die eine im Walde und die andre außerhalb desselben,[414] nahe dem Waldrande, im Freien gelegen – nach dem Vorgang von Ebermayer. Um die Frage nach dem Einflusse des Waldes auf das Klima (außerhalb desselben!) zu lösen, richtete Hamberg in Schweden je drei Parallelstationen ein, eine im Walde unter den Bäumen, eine andre innerhalb einer Waldlichtung und eine dritte auf waldfreiem Gebiete, in größerer Entfernung vom Walde. In Oesterreich wurden von Lorenz v. Liburnau die forstlichen meteorologischen Stationen als Radialstationen eingerichtet, indem diese so ausgewählt wurden, daß sie den Wald, in verschiedenen Abständen radienartig angeordnet, umgeben und mit Stationen im Waldinnern korrespondieren (vgl. Meteorologie). Seit 1900 bestehen in Preußen besondere Stationen, um den Einfluß des Waldes auf die Niederschläge festzustellen.


Literatur: Bericht über die Verhandlungen des ersten internationalen Meteorologenkongresses zu Rom 1879, Hamburg 1880, und des internationalen meteorologischen Komitees in Bern 1880 (Hamburg 1881), in Kopenhagen 1882 (Hamburg 1884), in Paris 1885 (Hamburg 1887), und in Zürich 1888 (Hamburg 1889). – Die in Deutschland tätigen meteorologischen Stationen sind zu ersehen aus dem Anhang »Gesamtinhalt des Deutschen meteorologischen Jahrbuchs«, der sich in den meteorologischen Jahrbüchern der Deutschen Seewarte »Meteorologische Beobachtungen in Deutschland u.s.w., Beobachtungssystem der Deutschen Seewarte« vorfindet.

Großmann.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 414-415.
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