Scheunen

[613] Scheunen (Schauer, Scheuer, Stadel) dienen zum Aufbewahren und Ausdreschen der Körnerernte und bestehen demgemäß aus Barren und Tenne.

1. Barren (Bansen, Taß oder Fach). Der Ertrag an Garben, der in Barren unterkommen soll, beträgt für das Hektar Winterung rund 100 cbm, Sommerung im Mittel 85 cbm, Heu oder Klee 90 cbm. Je nach der Güte des Bodens hat man 25–30% Mehr- oder Mindererträge zu berechnen; man zieht aber für Berechnung des Scheuneninhalts meist nur die geringsten Ernten in Betracht und setzt den Ueberschuß besserer Ernten in Diemen (s.d.). Die Breite eines nur einseitig an eine Tenne grenzenden Giebelfaches beträgt 9,4–10 m, eines Mittelfaches zwischen zwei Tennen 13–15 m. Die Höhe der Garbenpackung beträgt 7 bis höchstens 9 m. Der Raum über den Tennen bleibt in Höhe von 4 m frei; darüber wird er gefüllt und den Barren zugerechnet. Der Fußboden der Barren soll trocken und fest sein; er wird meist ein wenig in den Erdboden eingesenkt und eingeebnet. Um Verlust an Körnern zu verhüten, ist ein Lehmestrich, besser Plattenbelag anzuordnen.

2. Die Tenne oder Diele wird so breit, daß ein mit Korn beladener Wagen durchfahren kann, d.i. in kleinen Scheunen mindestens 3,8, in größeren, namentlich bei Anwendung der Dampfdreschmaschine, 4,5–5,0 m. In Höhe von 3,5–4,5 m über Tennenfußboden wird sie mit einer Balkenlage (1,3–1,5 m Balkenzwischenraum) und mit lose aufgelegter Brett- oder Stangenlage abgedeckt. Hieran befinden sich ein Aufzugloch und Platz für die Steigleiter (Verwahrung des Obertennlochs mit Geländer). Man grenzt die Diele gegen die Barren durch 1,5–1,6 m hohe Brettwände, die sogenannten Dielwände, ab, in denen zur Verbindung mit dem Barren an beiden Enden Felder offen gelassen werden. Die Tenne liegt mindestens 30 cm höher als das äußere Erdreich und erhält flache Auffahrtrampen. In kleinem Betrieb dient sie zugleich für Futterzubereitung. Der Tennenfußboden wurde bisher allgemein aus Lehmestrich in Stärke von 45–47 cm hergestellt und an der Oberfläche mit Ochsenblut oder Teergalle und Hammerschlag befestigt. In neuerer Zeit verwendet man verschiedene andre Stoffe, z.B. Koksasche und Weißkalk, 1 : 3 gemischt und 15–16 cm stark aufgetragen, oder Lehm und Gips (zwischen je drei Lagen Lehm von je 3 cm Stärke wird frischgebrannter Gips gestreut); auch hat man die Lehmtennen mit besonders fester Asphaltpappe beklebt. Tennen von Zementbeton sind zwar haltbar, aber zu glatt.

Scheunentore werden 3,5–4 m breit, 3,3–4,5 m hoch. Man verwendet sowohl Flügelwie Schiebetore, letztere mit außen über dem Torsturz liegender Laufschiene. Die Torschwelle oder Radschwelle liegt mit der Diele in gleicher Höhe, also tiefer als die Hausschwelle. Um Verluste an Korn beim Dreschen und Reinigen zu vermeiden, werden in kleineren Scheunen, in denen von Hand gedroschen wird, während dieser Arbeit statt der großen Torflügel leichte, nur 60–70 cm hohe Flügel, die sogenannten Schlag- oder Schüttebretter, geschlossen.[613]

Die Bauart der Scheunen ist möglichst leicht, hauptsächlich aus wirtschaftlichen Gründen. Das Korn muß leicht ausdünnen können; deshalb bevorzugt man Fachwerkbau, häufig mit Holzschalung. Massive Wände müssen mit Luftschützen versehen werden. Unter den Dächern verdienen die flachen den Vorzug, weil sie eine bessere Raumausnutzung gewähren. In der Grundrißanordnung unterscheidet man Scheunen mit Quertennen von solchen mit Langtennen. Erstere sind die gebräuchlicheren. Quertennen werden häufig doppelt angeordnet. Langtennen liegen meist an der Außenwand, seltener in der Mitte; auch sie kommen einseitig oder an beiden Langseiten vor. Endlich gibt es auch Vereinigungen von Lang- und Quertennen.

Die Holzverbände der Scheunen sind so anzuordnen, daß Wände und Dach durch gute Verstrebungen zu einem Ganzen verbunden und gegen Winddruck widerstandsfähig werden. Gewöhnlich wird die erste Pfette von einer am Fuß der Außenwand ansetzenden Windstrebe getragen, die dann mit den Wandpfosten durch mehrfache Doppelzangen verbunden wird. Längere wagerechte Verbandstücke, die das Korn am gleichmäßigen Lagern hindern, sind zu vermeiden, wogegen senkrechte Hölzer unschädlich sind. Scheunen mit flachen Dächern erhalten meist Wandhöhen von 7–8 m, mit Heilen Dächern von nur 4 m. In letzterem Falle verlängert man wohl die Dächer der Barren über die Langwände hinweg und gewinnt damit schmale und niedrige Räume, die sogenannten Abseiten, die zur Vergrößerung des Barrenraumes oder auch wohl zu untergeordneten Ställen benutzt werden. – Fig. 1 [1] ist der Querschnitt einer Scheune mit Quertenne, wie sie nach einem Entwurf des preußischen Ministeriums für Landwirtschaft auf vielen Domänen ausgeführt ist. Die linke Seite der Figur stellt den Durchschnitt durch die Tenne und die darüberliegende Balkenlage mit Ansicht der Dielwand, die rechte Seite den Schnitt durch den Barren dar. Die Scheune hat außerdem eine Durchfahrt nach der Länge, ist jedoch ohne Langtenne. – Fig. 2 ist das Beispiel des Querschnitts einer Scheune mit zwei Seitenlangtennen in Tiefe von 25 m. Die Verstrebung wird hier, um die Tenne von Verbandhölzern frei zu halten, mehr nach der Mitte geschoben, und zwar sind bei der bedeutenden Tiefe mehrfache Verstrebungen angeordnet.

In bergigem Gelände kann man mit Vorteil Hochtennen anlegen und so den hohen Dachraum gut ausnutzen. Man baut die Scheune mit der Langseite gegen eine Erdabdachung und kann eine Langtenne etwa 3–4 m höher anlegen als die andre. Die Hochtenne dient zum Einfahren, die tiefgelegene Tenne zum Ausdreschen des Korns. Man gewinnt damit 3–4 m an Scheunenhöhe und erspart wesentlich Arbeit beim Aufbansen des Getreides.


Literatur: [1] Tiedemann, L. v., Das landwirtschaftl. Bauwesen, Handbuch, 3. Aufl., Halle a S 1898. – [2] Engel, Fr., Handbuch des landwirtschaftl. Bauwesens, 7. Aufl., Berlin 1885. [3] Wanderley, Die ländlichen Wirtschaftsgebäude, Karlsruhe 1887. – [4] Wagner, Neuere landwirtschaftliche Bauten in Mecklenburg, Deutsche Bauztg. 1896.

(† v. Tiedemann) Weinbrenner.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 613-614.
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