Schraubenräder

[803] Schraubenräder, Zahnräder mit schraubenförmig stehenden Zähnen.

Die eigentlichen Schraubenräder (Fig. 1) dienen zur Bewegungsübertragung zwischen windschief geschränkten Wellen. Wegen ihres ruhigen Ganges benutzt man sie gern zum Antrieb der Steuerung und des Reglers an Kraftmaschinen sowie bei Werkzeugmaschinen unter Beschränkung auf mäßige Kräfte, weil die Zähne sich aneinander gleitend verschieben und verhältnismäßig starke Seitendrucke auf die Räder und ihre Lager ausüben. Die Schneckentriebe bilden einen Sonderfall hierzu mit kleinster Zähnezahl des treibenden Rades. Die Zahnrichtung legt man in den spitzeren Schränkungswinkel der Achsen, in die Winkelhalbierende oder näher in die Richtung der getriebenen Welle; beide Räder erhalten dabei rechtsgängig oder linksgängig stehende Zähne. Im Normalschnitt senkrecht zur Zahnrichtung bilden die Flanken Evolventen, passend zu dem größten Krümmungsradius der in dieser Ebene das Rad schneidenden Ellipse. Zahnformen, die sich durch schrägliegende gerade Linien erzeugen lassen, behandelt die Dissertation von Crain [1]. Hyperbelräder (s. Bd. 5, S. 163/164) mit geraden, Zähnen zeigen an den Kehlkreisrädern schon bei der Uebersetzung 1 : 2 so steile Neigung der Zähne, daß sie sich kaum noch verschieben lassen und praktisch nicht brauchbar sind. Dagegen können die Schraubenräder mit beliebigen günstigeren Winkeln oder auch mit: beliebigen Durchmessern ausgeführt werden.

Die Neigungswinkel β der Zähne gegen die Achse (Fig. 2) müssen sich an beiden Rädern zu dem (spitzeren) Schränkungswinkel γ der Achsen ergänzen; β1 + β2 = γ. Zweckmäßig wählt man β = 261/2 oder 45 oder 631/2°, nämlich tg β = 1/2 1 – 2 für rechtwinklig gekreuzte Achsen. Die Zähnezahlen entsprechen dem Uebersetzungsverhältnis; z1 : z2 = n2 : n1. Die Normalteilung, gemessen senkrecht zu den Zähnen, ist für beide Räder gleich und wird auf eine bestimmte Stichzahl t0 abgerundet; nach [2] springt t0 von 1 mm bis 61/2 um je 1/4. dann bis 8 um 1/2 und bis 10 um 1; dabei ist die Kopfhöhe = t0 die Fußhöhe = 1,167 t0 angesetzt. Die Stirnteilungen, gemessen in der Richtung des Umfanges, t1 = π D1/z1 und t2 = π D2/z2 fallen bei ungleichen Neigungswinkeln verschieden aus, und zwar gilt t1 cos β1 = t0 = t2 cos β2. Aus den vorstehenden Ansätzen folgt D1 : D2 = n2 cos β2 : n1 cos β1. Für γ = 90° ist tg β1 = D1 n1 : D2 n2 anzunehmen. Dabei können beide Räder gleichgroß werden sowohl bei der Uebersetzung 1 : 1 mit β1 = β2 = 45° als auch bei n1 : n2 = 2 : 1 mit β1 = 631/2° und β2 = 261/2°, z.B. am Antrieb der Steuerwelle von Viertaktmotoren. Die Umfangsgeschwindigkeiten v = π D n/60 verhalten sich wie die Teilungen, v1 cos β1 = v0 = v2 cos β2. Die Umfangskräfte P und die Seitenschübe S stehen nach Fig. 2 zu dem Normaldruck N mit der Reibung R = N tg ρ in der Beziehung


Schraubenräder

Für den Druck N ist die Teilung t0/π = √(0,8 N/s) mit mäßiger Spannung zu berechnen, etwa s = 100 ~ 200 kg/qcm für Gußeisen und 400 ~ 600 für Stahl auf Bronze. Infolge der gleitenden: Reibung ist die Abnutzung stärker und der Wirkungsgrad geringer als für Stirn- und Kegelräder. Ohne die Reibung wäre P01/cos β1 = P2/cos β2; in dem Verhältnis

P01/P1 = cos β1 cos 2 + ρ)/cos β2 cos 1 – ρ)

oder tg α1/tg 1 + ρ) für γ = 90° vermindert sich der Wirkungsgrad der Zahnräder, der in Rücksicht auf die Stützreibung an den Lagern auf 87–90% geschätzt werden kann, so daß im ganzen: η = 0,70 betragen mag.

Schraubenzahnräder (Fig. 3) oder Hookesche Räder (s.d.) wirken als Stirnräder mit schrägen Zähnen auf parallelen Wellen. Bei guter Ausführung ist der Gang ruhiger als bei Rädern mit geraden Zähnen, besonders soll das zutreffen, wenn die Zähne von einer Seite zur andern gerade um die Stirnteilung vorspringen. Das bedingt eine Radbreite b = t ctg β. Wegen des Seitenschubes, der unabhängig von der Reibung S = P tg β ist, beschränkt man die Neigung [2] auf höchstens 20°, während kleinere Neigung als 10° nicht recht lohnend erscheint. Für β = 111/3 – 14 – 181/2° ist ctg β = 5 – 4 – 3. Es läuft immer ein rechtsgängiges Rad mit[803] einem linksgängigen, wobei β2 = – β1 gilt. Die Normalleitung t0 = t cos β berechnet sich nach dem Normaldruck N = P2/cos β. Der Wirkungsgrad dürfte 90% betragen. Um den Seitenschub aufzuheben, kann man zwei Räderpaare mit entgegengesetzter Zahnneigung genau ausgerichtet zusammensetzen als Pfeilzahnräder (s.d.).

Schraubenräder mit Ruhepausen (Fig. 4) zum Antrieb einer absatzweise laufenden Welle von einer ununterbrochen laufenden Triebwelle aus werden an Maschinen zur Herstellung der Papierhülsen für Spinnereispindeln angewendet [3]. Das erste treibende Rad enthält auf einem Teile seines Umfanges einen in der Umfangsrichtung stehenden Zahn, der in eine axial gerichtete Zahnlücke des zweiten Rades eingreift, so daß letzteres stehen bleiben muß, bis das treibende Rad wieder mit einem schrägen Zahn in die nächste schräge Lücke des zweiten Rades eingreift. Die ersten Zähne schlagen sich wegen der plötzlichen Beschleunigungen mit der Zeit aus.


Literatur: [1] Crain, Rud., Schraubenräder mit geradlinigen Eingriffsflächen, Berlin 1907, – [2] Katalog über Zahnräder von Friedrich Stolzenberg & Co. in Reinickendorf (West) bei Berlin. – [3] Dingl. Polyt. Journ. 1899, Bd. 312, Heft 4.

Lindner.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 803-804.
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Faksimiles:
803 | 804
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