Stemm- und Stechzeug

[306] Stemm- und Stechzeug, Werkzeuge (Holzmeißel) zur Herstellung von Vertiefungen, Winkeln, Löchern, Gehrungen u. dgl. in Holzarbeiten. Das Eintreiben des Werkzeuges geschieht entweder durch einfachen Druck der Hand, Stechen, oder durch Schläge mit einem hölzernen Schlegel, einem Hammer oder mit dem breiten Teile einer Axt, Stemmen. Demgemäß sind die Stechwerkzeuge im allgemeinen schwächer und kleiner, die Stemmwerkzeuge stärker und größer. Sehr oft werden die Werkzeuge sowohl zum Stechen als auch zum Stemmen benutzt. Die Holzarbeiter haben von jedem Werkzeug einen Satz, in welchem mehrere Stücke verschiedener Größe enthalten sind.

I. Stemm- und Stechzeug der Tischler: Stemmeisen oder Stemmbeitel, Stechbeitel mit breiter, gerader Schneide (Fig. 1); die Schneide ist beim deutschen Stemmeisen zweiseitig zugeschärft, ähnlich wie Fig. 4, beim englischen einseitig, um die Seitenwände der Löcher, Vertiefungen u.s.w. leichter rechtwinkelig zur Außenseite schneiden zu können; Fig. 3 zeigt einen deutschen Stechbeitel mit drei zugeschärften Kanten; er wird wenig gebraucht. Balleisen mit breiter, schräger Schneide (Fig. 2), wirkt mehr wie ein Messer, zum Wegschaffen der über eine Fläche vorstehenden Enden hölzerner Zapfen u. dergl. Lochbeitel mit schmaler Schneide; der deutsche ist zweiseitig (Fig. 4) und der englische einseitig (Fig. 5) zugeschärft. Der Lochbeitel dringt schneller als das Stemmeisen in das Holz ein; er dient vorzüglich zur Herstellung schmaler Löcher, Vertiefungen u. dergl. Hohleisen (Fig. 6) von halbkreisbogenförmigem Querschnitt a, oder schwächer gekrümmtem Querschnitt b und c (Flachhohleisen) zum Einstechen krummliniger Umrisse, Ausarbeiten rinnenförmiger oder gekehlter Vertiefungen u.s.w. Die Schneide erscheint in der Seitenansicht als eine gerade Linie; sie kann auch bogenförmig erscheinen. Anschlageisen, Einlaßeisen (Fig. 7) wird da gebraucht, wo kein Raum für Stemmbeitel oder Lochbeitel und Hammer verbleibt. Geißfuß oder Gehreisen (Fig. 8) mit zwei Schneiden, die miteinander 90° oder 60° oder 45° einschließen, zur Bildung von Ecken, Gehrungen u.s.w.

II. Stemm- und Stechzeug der Wagner ist dem vorigen ähnlich, nur sind die Abmessungen etwas anders. Stemmbeitel, Stechbeitel, Hohleisen (größer), Lochbeitel (kürzer und stärker), Kantenbeitel (Fig. 9) für sehr tiefe Löcher, Führeisen oder Viereisen (Fig. 10) zum Einschlagen des Umrisses länglich viereckiger Vertiefungen für Radspeichen in der Nabe.

III. Stemm- und Stechzeug für Zimmerleute ist etwas länger und stärker als dasjenige der Tischler. Da die Werkzeuge mit dem Hammer oder der Axt eingetrieben werden sollen und die bisherigen Hefte leicht zersplittern würden, so erhalten die Werkzeuge statt der Angeln konische röhrenförmige Ansätze, daher heißen sie allgemein Rohrmeißel und einzeln Rohrstemmeisen (Fig. 11), Rohrlochbeitel (Fig. 12), Rohrhohleisen (Fig. 13) und Rohrgeißfuß (Fig. 14).

IV. Stemm- und Stechzeug der Bildhauer, Bildhauereisen s. Bd. 2, S. 30 f.

V. Stemm- und Stechzeug der Formschneider. Flacheisen (Fig. 15) mit gerader, zweiseitig oder einseitig zugeschärfter Schneide a; auf das Ende c wird mit dem Hammer geschlagen, der Ansatz b dient zum Herausziehen des Werkzeuges aus dem Holze. Das Flacheisen kann nach Fig. 16 zwei Ansätze b b haben. Hohleisen (Fig. 17) von verschiedenen Querschnitten d, e, f. Grundeisen oder Feltriereisen (Fig. 18) zum Abheben des zwischen den vom Messer vorgeschnittenen Linien stehengebliebenen Holzes vom Grunde.[306]

VI. Stemm- und Stechzeug der Schlosser, häufig ohne Griffe, Fig. 19 dem Stechbeitel entsprechend, Fig. 20 dem Lochbeitel entsprechend, beide Kreuzmeißel genannt, ferner Flachmeißel mit breiter Schneide, Reißhaken mit schmaler Schneide am hakenförmigen Ende.

(† Dalchow) A. Widmaier.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8., Fig. 9., Fig. 10., Fig. 11., Fig. 12., Fig. 13., Fig. 14.
Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6., Fig. 7., Fig. 8., Fig. 9., Fig. 10., Fig. 11., Fig. 12., Fig. 13., Fig. 14.
Fig. 15., Fig. 16., Fig. 17., Fig. 18.
Fig. 15., Fig. 16., Fig. 17., Fig. 18.
Fig. 19., Fig. 20.
Fig. 19., Fig. 20.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 306-307.
Lizenz:
Faksimiles:
306 | 307
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika