[524] 4. Vom Dümmling und seinem Schimmelchen (S. 357). – 5. Vom Nachschrapselchen (S. 359). – 6. Vom Dummbart und dem Wolf, der sein Freund war (S. 363). – 7. Von dem Dummbart und dem Wolf, der sein Freund war (S. 371). – 8. Von den drei Königssöhnen (S. 375).

Die Märchen 4–8 haben das Motiv des besten Jüngsten gemein, 4–7 denselben Eingang, den vom Jüngsten ertappten nächtlichen Dieb, 6–8 die Erlangung von Vogel, Pferd, Jungfrau und zwar in 6 und 7, mit Hülfe eines Wolfes.

Märchen 4, in dem die Erlangung einer Königstochter durch einen Sprung ins dritte Stockwerk erzählt wird, hat in den zahlreichen slavischen Versionen fast durchgängig den Eingang, dass ein Vater auf dem Todtenbett seinen drei Söhnen das Versprechen abnimmt, der Reihe nach an seinem Grabe eine Nacht[524] zu wachen; die beiden Aeltesten lassen den Jüngsten statt ihrer wachen, wofür dieser vom Vater ein wunderbares Ross erhält, mit dem er die Königstochter gewinnt. Mir ist nur ein (kleinrussisches) Märchen bekannt, das so beginnt wie das litauische, Drag. S. 262, 4. Коршбуры (?) попелюхъ (Aschenputtel). Einem Kaiser wird allnächtlich der Weizen am Meer von der Meeresheerde abgeweidet. Von seinen drei Söhnen, die den Dieb fassen wollen, schlafen zwei ein, der dritte macht sich ein Dornenbett, um wach zu bleiben und fängt an drei Nächten hintereinander drei wundarbare Rosse aus der Heerde, das erste mit einem Stern, das zweite mit einem Mond und das dritte mit einer Sonne am Körper. Zu Haus sagt er nichts davon; als dann später ein König круль великій seine Tochter dem verspricht, der zu ihr ins zweite Stockwerk springt, vollbringt er dies mit Hülfe des einen Pferdes, küsst die Prinzessin und giebt ihr einen goldnen Ring (сігнет) und die Hälfte seines Taschentuchs u.s.w. Der König veranstaltet ein Fest für den Befreier, er zeigt den Brüdern seine drei Rosse, auf denen sie dann zur Hochzeit reiten. Das Märchen geht dann noch weiter, es kommt eine Episode, in der der Verrath der Brüder erzählt wird. – Das Gewinnen der Prinzessin mit dem üblichen Eingang (s.o.), worüber zu vergleichen ist die Anmerkung R. Köhler's zu Esthnische Märchen von Kreutzwald, übersetzt von Löwe 1869, No. 13, »Wie eine Königstochter sieben Jahre geschlafen« S. 360–2, ist im Slavischen, besonders im Russischen sehr verbreitet. Und zwar schliesst die Erzählung mit der Erkennung und Heirath, so: russ. Af. III, 25; Af. III, 5; Af. VI, 26; Trudy I, 72, S. 276; poln. Lud VIII, 2 u. 5; Töppen, S. 148; č. sl. Slavia, II, S. 95; Mat. Slov., 1; oder der Held bleibt nach der Heirath unerkannt, bis er drei schwere Arbeiten vollbracht hat, oder seinen Schwiegervater vor dem anrückenden Feind beschützt hat, so Af. IV, 47, S. 149; Af. V, 18, S. 74; Anm. zu Af. II, 28, S. 386; Chud. II, 50, S. 55; Erben, S. 178; Trudy, I, 70, S. 269; Trudy, 71, S. 274 u. 73, S. 378; Lud, III, 6, VIII, 1; Šk. Dob. I, IV, (slovak.). – Ebenso wie im litauischen Märchen ist die Aufgabe ins dritte Stockwerk zu springen in Af. III, 5 (Gouv. Grodno), wo der Held sie in drei Tagen vollbringt, und Af. V, 18, ebenfalls in drei Malen. Bei Töppen (masurisch) springt er ins vierte Stockwerk; Chud. II, 50 (Gouv. Rjazan') auf einen Balkon; Trudy I, 73 (Grodno) къ высокому будынку auf ein hohes Schloss; im slovakischen Märchen Šk. dob. I, IV, S. 310 auf eine Bastei (bašta); über eine Festung (forteca) Lud VIII 1 (Krakau); auf einen Söller (теремъ чи стовпъ каменный превысокій im kleinr. M. Af. IV, 47. Ferner kommt vor: ein Tempel mit zwölf Säulen und 12 Gesimsen, worin die Prinzessin auf einem Throne sitzt (храмъ o 12 столбовъ, o 12 вѣнцовъ (kann hier wohl nicht die Bedeutung Kränze haben), Af. VI, 26 (Gouv. Kursk); zwölf Kränze durch welche der Held zu Ross setzen und die Prinzessin, die auf einer Bühne (лобное мѣсто) sitzt, küssen soll, Af. Anm. zu II, 28 und Erben, 178. Das Bild der Prinzessin i8t hinter neun Balken (бревна) hervorzuholen, Af. II, 25, S. 253 (Perm); sie selbst sitzt auf einem Glasberg, Trudy 71 (Grodno) u. 72, Lud VIII, 2 u. 5; eine gläserne Brücke (Strasse) муыстъ führt zu ihr Trudy 70 (Poltava). Bei Gliński, Baj. S. 38, wird ein Turnier veranstaltet und der Ring der Prinzessin an einen Faden[525] zwischen zwei Säulen gehängt und danach gesprungen. Lud. II, S. 275 (Sandomir), soll der Palast in der Luft umritten, Af. II, 28 (Voronež), die Prinzessin, durch zwölf Glasscheiben hindurch, geküsst werden. – Das Zeichen an dem der Held erkannt wird (im litauischen der Ring), ist in mehreren Versionen ein Ring, in einigen ein Stempel, der auf der Stirn des Helden leuchtet und den er verbirgt, oder ein Siegel, oder auch ein Stern, gelegentlich auch ein Taschentuch der Prinzessin, ein goldner Apfel. Der Ring findet sich: Af. V, 18, wo die Prinzessin den Helden damit auf die Stirn schlägt; Trudy 73, Ring und Tuch mit Siegel; Lud VIII, 1. u. 2, sowie 3 mit Apfel und Tuch, Töppen; Tuch und Ring; Gliński, Ring; der Stempel oder das Siegel: Af. IV, 47, Tuch, Siegel; Af. II, 28, Stempel; Chud. II, 50, Stempel; Trudy 70, Siegel auf Stirn und rechte Hand, und 71, Siegel; Erben, 178, Stempel. Diamantstern von der Prinzessin dem Helden auf die Stirn gedrückt, Anm. zu Af. II, 28, S. 386; und Tuch, (ширинка) II. 25. – Der Zug, dass der Dümmling Schwämmesuchen gehn will u.s.w., findet sich in der Variante zu Af. II, 28, S. 386. Der Dumme sammelt Fliegenschwämme und allerlei Pilze und bringt sie seinen Schwägerinnen, die sagen: Was fällt dir ein, Narr? Sollst du denn diese Pilze allein essen? »Das ist hübsch!« sagt der Dumme. »Da geht einer in den Wald und sammelt Pilze und auch das ist den Leuten nicht recht!« – Zu dem Zug, dass der Dümmling seinen Finger aufbindet und die Stube davon glänzt, findet sich eine Parallele, Erben. 178 (wo auch das Suchen der Fliegenschwämme vorkommt). Der Dumme bindet, als die Brüder essen, seine Stirn auf und die Stube erglänzt (vom Stempel). »Was machst du da Narr?« (fragen die Brüder), er aber sagte, dass es nichts sei, und so that ers einige Male. – Wie im litauischen Märchen die Prinzessin Schnaps herumreicht, um den Helden zu erkennen, so die Prinzessin im russischen Märchen (Af. II, 25) Bier, um zu sehn, wer sich mit dem, ihr, beim Sprunge nach ihrem Bilde, entrissenen Handtuch, den Mund wischen würde. – Das Verbinden des Kopfes (und der Hand) findet sich in allen den Versionen, in denen der Held das Siegel oder den Stempel auf die Stirn resp. auf die Hand gedrückt bekommt. – Ueber das Schimmelchen s.m. Anm. zu Märchen 5.

No. 5 gehört zu dem Kreise von Märchen, »in denen der Held oder die Heldin einem dämonischen Wesen, bei dem sie früher einmal übernachtet hatten, und das durch sie ... getäuscht, seine eigenen Kinder umgebracht, mehrere kostbare Gegenstände entwenden ... müssen.« (Köhler, Anm. zu Schiefner, Awarische Texte, III, Die Kart und Tschilbik, Vorwort, S. XI.) Die slavischen Versionen, von denen Köhler in den citirten Anmerkungen eine polnische (Gliński, Baj. II, 1, S. 5 ff.) anführt, scheiden sich, dem Eingang nach, in zwei Gruppen; in beiden ist der Held der jüngste einer ungewöhnlichen Zahl von Brüdern, während aber in der einen erzählt wird, dass sie auf wunderbare Weise, aus Eiern ausgebrütet zur Welt kommen, weiss die andere nichts davon. – 1) Zu der ersten Gruppe gehört das von Köhler a.a.O. angeführte polnische Märchen, Gliński, Baj. II, 1 S. 15. Der Held Niezginek u. s. elf Brüder kriechen aus zwölf Eiern, die eine Frau an ihrem Busen ausbrütet. Sie erlangen zwölf Rosse dadurch, dass der jüngste eines Nachts eine Schimmelstute,[526] die ihnen allnächtlich mit zwölf Füllen Heu stiehlt, fängt und von ihr die zwölf Füllen erhält. Es folgt nun die Fahrt zur Hexe (baba Jaga), deren zwölf Töchter sie heirathen wollen und die sie tödten will, statt ihrer aber (Niezginek stellt auf den Rath seines Rosses die Betten um) ihre Töchter tödtet. Sie entkommen vermittelst Handtuch (Fluss), Tüchelchen (See), Bürste (Wald) und treten bei einem König, den sie von den Feinden befreit haben, in Dienst. Die Brüder des Niezginek sind neidisch und veranlassen den König den Niezginek zu der baba Jaga nach der selbstspielenden Laute (gęsle samograje) dem selbsthauenden Schwert (miecz-samosiecz) und der Cud-dziewica, der Tochter der Hexe, zu schicken, was er alles mit Hülfe seines Rosses vollbringt. Die Cud-dziewica soll den König heirathen, verlangt aber, dass er sich vorher verjünge. Sie haut zuerst Niezginek in Stücke und belebt ihn, schöner als je; als der König sich auch bereit erklärt, haut sie ihn in Stücke und wirft ihn den Hunden vor. Niezginek heirathet sie und wird König. – In einem kleinrussischen Märchen (Gouv. Poltava) (Trudy I, 8, 36) werden 20 Enteneier und ein Mövenei (?чайное), die ein Mann aus dem Wald bringt, von seiner Frau ausgebrütet. Der Jüngste lauert auf den Heudieb: Es kommen 20 Meeresrosse unter Führung einer Stute, die er fängt. Er bekommt das schlechteste Pferd. Der König lässt die zwei Brüder zu sich kommen, unterwegs erhält der Jüngste, von zwei Teufeln, die sich um eine unsichtbar machende Mütze streiten (und deren Streit er wohl ursprünglich schlichtet), einen Wunschring, durch welchen er sein Ross und seine Kleidung verwanwandelt. Eine Hexe (баба яга) mit 21 Töchtern wird (durch Kleiderwechsel) ihrer Töchter beraubt. Der König, ihr Bruder, verlangt, als sie ihm dies sagen, Herbeischaffung der діжа-самопічна (selbstbackender Backtrog), des мечъ самосічъ (selbsthauendes Schwert), der гуслі-самогуды (selbstspielende Laute, bei deren Herbeiholung er von der Hexe ertappt, eingesperrt und durch sein Pferd befreit wird), und der Настя-Самокрастя, einer Jungfrau, die im Meer wohnt. Schliesslich lässt der König Milch kochend machen und ihn hineinsetzen. Er lässt sein Ross heranführen, dieses bläst an die Milch und er wird golden. Der König lässt nun sein Ross herbeibringen, steigt in die Milch und kommt um. – Af. VII, 30, 224 bittet ein kinderloser Mann, auf den Rath eines andern, in jedem Hof seines Dorfes um ein Ei; er erhält so 41, aus denen 41 Junge kriechen, der letzte von ihnen erhält den Namen Заморышекъ (Schwächling?, Var.: послѣдушекъ Spätling, Letztgeborner). Er erlangt für sich und seine Brüder 41 Rosse von einer Stute, die nachts aus dem Meer kommt und sein Heu frisst, reitet dann mit seinen Brüdern aus, um Frauen zu suchen, und kommt zur бабаяга, die mit 41 Töchtern in einem Palast wohnt. Sie heirathen dieselben, Nachts Kleiderwechsel, die Töchter werden umgebracht. Sie fliehen, die Hexe ihnen nach, bis ans Meer; dort lässt sie von allen Seiten Feuer auf sie kommen. Der Jüngste hat bei der Hexe ein Tuch mitgenommen, damit fuchtelt er, es entsteht eine Brücke übers Meer, über die sie reiten und die nach ihnen wieder versinkt. Die Hexe muss zurück. In einer Variante (Anm. S. 227) will die Hexe die Brüder tödten, um ihre Rosse zu haben. Der Jüngste verwechselt die Kränze der Mädchen mit den Mützen der Brüder.[527] Sie entfliehen mit Hülfe von Bürste (Berg), Kamm (Wald), Handtuch (Fluss). – In einem slovakischen Märchen (Dob. III, S. 14), wirft ein Fischer sein Netz aus, als ein Vogel (ozrutný vták) aus dem Wasser fliegt und ihm sagt: Najdeš, ale nezahub, (du wirst (was) finden, aber vernichte (es) nicht.) Er zieht drei grosse Eier heraus, die er auf den Ofen legt, die aber seine Frau kochen will. Er aber sagt nenašlaś, nezahub, (du hast (sie) nicht gefunden (also) vernichte (sie) nicht). Er fischt noch drei mal je drei Eier, aus denen zwölf Jungen kommen, von denen der jüngste zwölf Rosse, die sein Heu stehlen, fängt. Der weitere Verlauf des Märchens weicht von den vorigen Fassungen ab. Vgl. auch das čech. Märchen, Němc. II, 170, Šternberk, das fast denselben Anfang hat. – 2) Der Eingang mit der wunderbaren Geburt fehlt folgenden Märchen. Šk. Dob. I, Sr. 2, S. 111 ff. dienen zwölf Brüder einem König drei Jahre, das erste für je einen Ochsen, das zweite für je eine Kuh, das dritte für je ein Pferd. Der jüngste nimmt das schlechteste Pferd und einen alten Sattel. Sie suchen zwölf Schwestern um sie zu heirathen. Ihr Vater wirbt für sie bei einer alten Striga (Hexe) und sie reiten zur Hochzeit. Dem jüngsten giebt sein Pferd, das sich durch Schütteln in ein Heldenross (tátošik) verwandelt, Rath. Er legt die Schläfer um u.s.w., lässt die Brüder voraus reiten und ruft der Hexe spottend Dank für die Bewirthung zu. Die Hexe verfolgt ihn, er hat aber drei Gegenstände, die er nach und nach wegwirft, Kamm (Berg), Bürste (Dornen), Glas (Meer). Um ihm zu schaden, wirft ihm die Hexe auf den Weg ein goldnes Hufeisen, eine goldne Feder und ein goldnes Haar, die im Dunklen leuchten und die er gegen des Pferdes Rath aufhebt. Er tritt in den Dienst eines Königs. Für diesen holt er 1) das goldne Pferd, von dem das Hufeisen, 2) die goldne Ente, von der die Feder, 3) die, die das goldne Haar verloren hat. Jedesmal verspottet er die Hexe, das letzte Mal sagt er sie solle nun Ruh vor ihm haben (vgl. die litauische Fassung), sie zerfliesst vor Wuth zu Wagenschmiere. Die geholte Jungfrau will den König nicht, sondern den, der sie geholt hat. Dieser soll sich seinen Tod wählen. Er wählt auf des Pferdes Rath, sich in einen Kessel siedender Milch werfen zu lassen. Sein Pferd müsse aber dabei sein. Es geschieht, er wird ganz golden. Der König will es nachmachen und verbrüht. – In einem kroatisch- slovenischen Märchen (Valj. S. 2, 5 ff.), verrichtet der jüngste von sieben Brüdern, mit Hülfe eines Vilenpferdes (ov konj bil od Vile), ähnliches. Er ist die Ursache des Todes der acht Hexentöchter (durch Vertauschung der Mützen) und ihrer acht Stuten (Vertauschung der Zäume) verhöhnt die Hexe, trennt sich von den Brüdern, hebt, gegen den Rath des Rosses, drei goldne Haare, drei goldne Federn und ein goldnes Hufeisen auf und muss dann einem König die goldhaarige Jungfrau, die bei der Hexe hinter neun, mit je neun Glöckchen besetzten, Thoren verwahrt wird, holen. Er holt sie, indem er auf des Pferdes Rath sich als Bettler verstellt und in dem Sumpf vor dem Hause der Hexe stecken bleibt und um Hülfe ruft, worauf sie und die Jungfrau herauskommen und er die Jungfrau entführt. Sie will den Königssohn nicht. Dann holt er für die Jungfrau drei Vögel (tri race) von der Hexe, schliesslich das Ross von dem das Hufeisen ist und mit ihm eine Heerde Vilenstuten, die er melken soll. Die Milch ist kochend heiss,[528] und er soll darin baden. Er steigt, schöner als er war, heraus, der Königssohn verbrennt. – In einem Märchen aus dem Gouvernement Grodno (Trudy I, 117, S. 409), sind es elf Brüder, von denen der jüngste nachts eine Schimmelstute fängt und von ihr elf Rosse erhält, mit seinen Brüdern auf der Brautfahrt zu einer Hexe kommt, deren Töchter (durch Kleiderwechsel) umbringt und zuletzt der Hexe die zehn, seinen Brüdern gestohlenen Rosse wieder abnimmt. – Zwölf Söhne wollen in einem andern kleinrussischen Märchen (Drag. 24 S. 333 zwölf Schwestern heirathen, die mit ihrer Mutter der Königin in einem Palast wohnen. Durch Vertauschung der Decken (?диван, Schleier?), die von der Königin nachts über Töchter und Gäste gebreitet werden, tödtet die Königin ihre Töchter, ausser der jüngsten, die noch in einer silbernen Wiege liegt und vom jüngsten Bruder entführt und zu seinen Eltern gebracht wird, wo sie heranwächst und dann dem Jüngling von einem Herrn abgenommen wird. Er stiehlt nun für sie den Vogel, der das Schloss der Königin bewacht, und führt mit Hülfe eines Kameels ihre Pferdeheerde herbei, melkt sie u.s.w. w.o. – Das folgende Märchen bei Dragomanov, (25, S. 336) lässt 41 Brüder um die 41 Töchter der Середа (Mittwoch), an die sie von der Пъятница (Freitag) gewiesen werden, werben. Die Figuren Mittwoch und Freitag sind bekannte, nicht nur bei den Slaven vorkommende Personificationen der zwei griechisch-katholischen Fasttage, die Sereda vertritt hier die Stelle der baba-Jaga, der Hexe. Der Verlauf der Erzählung bietet wenig Abweichungen (Hemdenwechsel – goldne Feder, dazu den Vogel Gluth (Žar-ptica) holen – zum Schluss einen Ring aus kochender Milch holen). – Noch ist ein polnisches Märchen (Krakau) zu er wähnen, (Lud, VIII, 14, S. 53) in dem zwölf Brüder zu einer Zauberin mit 24 Töchtern kommen, bei der sie die selbstspielende Geige (takie skrzypce, co sama grają) und das Schwert, das selbst haut (pałas, co sam rąbi) sehen, mit Hülfe des jüngsten und seines Pferdes, die Töchter der Hexe (durch spätes Schlafengehn und Liegen ohne Mützen) todtschlagen lassen und sich retten. Unterwegs goldnes Hufeisen, das er liegen lässt. Holt einem König Geige und Schwert, melkt Stuten, springt in die Milch; es giebt einen hellen Schein. Der König will es auch thun, da er aber sündig ist, kommt er dabei um. – In einem serbischen Märchen, Stef. 25, S. 242, gebiert eine Frau, in 24 Stunden, 24 Söhne; der älteste und klügste heisst Milan. Er verdient sich ein räudiges Pferd, das ihm räth, was er thun soll. Er bringt 24 Hexentöchter und die Hexe um, findet mehrere Gegenstände die Anlass zu spätern Fahrten werden, darunter einen goldnen Mädchenkopf, zu dem er den Körper holen muss, dabei für sich und seine Brüder mit Hülfe seiner Eltern um 24 Mädchen wirbt, die Bedingung der Schwiegereltern, auch golden zu werden, wie die Mädchen, erfüllt, indem er sich und sie in Meeresstutenmilch badet (der König will es auch machen und kommt dabei um) und schliesslich sein Pferd durch Ueberziehn mit der Haut einer der Stuten zu einem schönen Ross macht. – Was die Details im litauischen Märchen betrifft, so verweise ich für den Eingang desselben, so wie für das »Schimmelchen«, auf meine Anmerkung zu Märchen 6 und 7. Die selbstspielende Laute findet sich häufig, besonders in russischen Märchen und Liedern, vgl. darüber Af. V. I, S. 332–3,[529] Nachtrag zu S. 332, III, 714; Af. Anm. zu II, 24, S. 358–60; Anm. zu VII, 14, VIII S. 626. Wie im litauischen Märchen zu der Laute Kätzchen mit einem Stiefel tanzen, so tanzt Af. VII, 15, eine ganze Schweineherde. Nowos II, S. 33 (nach einer Pfeife), Birken- und Lindenstümpfe; Chud. III, 96, S. 83 (auch nach einer Pfeife), Schafe; Anm. ib. Var. eine Sau mit Ferkeln; Gliński, Baj. im angeführten Märchen, die Hexe und das selbsthauende Schwert; andere Verweise, Af. a.a.O. Das Gespräch der Hexe mit dem sie verhöhnenden Jüngsten, findet sich wie im litauischen, so in mehreren der angeführten Märchen, so z.B. Šk. Dob. S. 119, wo der Held Janko ihr zuschreit, sie habe ihre Töchter umgebracht und er führe jetzt ihr Ross weg, und sie ihn fragt, ob er wiederkommen würde, worauf er antwortet »Ich komme wieder, ich komme wieder; aber gieb auf deine Schlüssel besser acht!« so auch S. 120, 121 und schliesslich 123, wo er sagt: »Ich komme nicht mehr wieder, alte Hexe, du kannst jetzt vor mir ruhig sein«, worauf sie ihn verwünscht und aus Wuth birst und zu Wagenschmiere wird. – Es bleibt nun noch der corrumpirte Schluss des litauischen Märchens. Einzelne Züge, wie die Fässer mit Theer und Feuerschwamm, sowie das Müdereiten der Pferde, berechtigen zu der Annahme, dass ursprünglich das Märchen ebenso oder ähnlich schloss, wie die angeführten slavischen Versionen, in denen der Held eine wunderbare Jungfrau holt und nach deren Pferden, gewöhnlich Meeresrossen (vgl. darüber Af. V., I 621–4) geschickt wird. Dann wäre S. 363 zu übersetzen: »und es (das Pferd) wälzt sich« (vgl. d. Anm. das.), nämlich im Theer, und liess sich dann mit Feuerschwamm bedecken, der von dem Meeresross heruntergebissen wird, während das Pferd des Helden sich im Meer mit den Meeresrossen herumjagt. Betreffs der Bändigung des die Heerde führenden Rosses, wird in einigen Versionen erzählt, dass der Held, auf den Rath seines Pferdes, das aus dem Meer hinter seinem Pferde herstürmende Ross, durch einen starken Schlag zum Stehenbleiben bringt, worauf er es besteigen kann und dann mit der Heerde heim zum König reitet. Damit wäre vielleicht das: »Nachher gebot (der Schimmel?) Nachschrapselchen sich auf das Pferd zu setzen« erklärt. Die Leiter, die dieser dazu braucht, kann eigene Zuthat des Erzählers sein. Zu dem Müdereiten der Pferde bieten einige slavische Märchen insofern eine Analogie, als dort dem Helden aufgetragen wird, die herbeigebrachten Stuten zu melken, und dies nicht eher möglich ist, als bis das Pferd des Helden dieselben müde gejagt; hat dafür, dass das litauische Märchen einen andern Schluss gehabt haben muss, spricht auch die ziemlich unvermittelte Anfügung des jetzigen Schlusses an das vorhergehende; die Befreiung der Tochter liegt dem König erst nach der Beschaffung der Laute u.s.w. am Herzen und wird vom Erzähler zu nebensächlich behandelt, als dass sie ursprünglich an dieser Stelle gewesen sein könnte. – Vgl. zu diesem Kreise, ausser der, schon oben S. 526 erwähnten Anmerkung R. Köhler's zu Schiefner, Aw. T. III, S. X, dess. Anmerkung zu Archiv I, S. 282, No. 9, »Die neidischen Brüder.«

6, 7, 8 gehören zu demselben Kreise wie Grimm 57, die in der Anmerkung dazu III, S. 98 angeführten Varianten, Schiefner, Awarische Texte I und die in R. Köhler's Anmerkungen angeführten Varianten: Sie erzählen die Herbeischaffung[530] von Vogel, Pferd, Jungfrau, durch den jüngsten von drei Brüdern mit Hülfe eines Wolfes. 6 hat denselben, Eingang wie Grimm 57 (nächtlicher Dieb), 8, denselben, wie die, zu Anfang der Anm. III, S, 98, angegebenen Varianten (kranker König), 7 vereinigt beide Eingänge (blinder König und nächtlicher Dieb). Im Slavischen finden sich Parallelen sowohl zu 6 und 7, als ganz besonders zu 8. Zu 6 und 7 gehört das schon von R. Köhler, Anm. zu Schiefner, Awarische Texte I besprochene polnische Märchen bei Gliński, Baj. I, S. 15, in dem der Held, mit Hülfe des fliegenden Wolfes, Vogel, Pferd und Jungfrau erlangt. Wie weit Gliński im Allgemeinen volksthümliche polnische Quellen benutzt hat, wage ich ohne weiteres nicht zu entscheiden, bei diesem Märchen lassen einige Details, wie z.B. die drei Inschriften am Scheidewege, sowie die Darstellung des Wolfes als fliegend, den Verdacht aufkommen, er habe aus russischen Quellen geschöpft, vgl. das ebenfalls hergehörige Märchen Vogl, S. 23 = Af. VII, 11, 121, und zum Theil Vogl S. 119 und Dietr I, S. 1, beides aus russischen Volksbüchern (лубочныя книги) stammend, in den Дѣдушкины Прогулки, Moskau 1819, (vgl. darüber, sowie über den hier besprochenen Märchenkreis, Af. Anm. zu VII, 11 u. 12, VIII, S. 620 ff.) abgedruckt, die Gliński sehr wohl kennen konnte. Dergleichen Inschriften kommen in den russischen Märchen und Bylinen häufig vor, so z.B. in einem kleinrussischen Märchen Trudy, 77, S. 297 (G. Chaŕkov), wo die drei Möglichkeiten sind: 1) der Held satt, das Ross hungrig – 2) er hungrig, das Ross satt, 3) das Ross vom Wolf gefressen. Er reitet den letzteren Weg, sein Ross frisst der Wolf, der ihm dann, wie in dem litauischen Märchen, Vogel, Ross und Jungfrau gewinnen hilft. Chud. I, 1, 1, kom men die drei Brüder an drei auseinanderlaufende Wege mit einer Inschrift. Hier wird rechts der Held erschlagen, links wird er, gradeaus sein Ross, hungrig sein. Der jüngste reitet rechts, kommt nacheinander zu drei Hexen (baba Jaga), die ihm den Weg zeigen und ihm Knäul (Berg), Kamm (Wald) und Bürste (feuriger Fluss) schenken. Er erlangt den Vogel nach dem er auszog, wird aber durch eigne Schuld ertappt und verfolgt, rettet sich mit Hülfe der drei Gegenstände, wird von seinen Brüdern in einen tiefen Graben (ровъ) geworfen und des Vogels beraubt. Er kriecht hinaus und gelangt schliesslich nach Haus u.s.w. (Pferd und Jungfrau, sowie der helfende Wolf fehlen.) – Statt des Wolfes tritt in einem mährischen Mårchen Menšík, 93, ein Fuchs, in einem poln. Lud, VIII, 20, ein Rabe auf, der von allen Vögeln, die der Held von einem Einsiedler zusammenrufen und nach dem goldnen Vogel fragen lässt, allein Bescheid weiss, ihn hinführt, als er ertappt wird, aus dem Gefängniss rettet, und mit ihm die goldhaarige Jungfrau und das goldne Ross holt. Die drei Episoden, Vogel, Pferd und Jungfrau sind hier ziemlich unvermittelt aneinander gereiht, nicht wie in den andern Märchen dieses Kreises, wo der misslungene Diebstahl des Vogels, den des Rosses und dieser wieder, den der Jungfrau nach sich zieht. Endlich gehört hierher, abgesehen vom Eingang, das kroa tisch-slovenische Märchen, Valj. 10, S. 141 und eine Episode des oben erwähnten russischen Märchens, Vogl. 119 = Dietr. S. 1, wo der Held mit Hülfe des fliegenden Wolfes eine Jungfrau erlangt. – Der den Märchen 6 und 7, sowie den eben angeführten Varianten zu[531] Grunde liegende Stoff ist kurz folgender: Der Held, nach einem wunderbaren Vogel ausgeschickt, lässt sich beim Diebstahl desselben ertappen, wird, nach einem wunderbaren Ross geschickt, bei dem Versuch dieses zu erlangen ebenfalls ertappt; nach einer wunderbaren Jungfrau geschickt, erlangt er diese, sowie später durch List auch Vogel und Ross, wird von seinen Brüdern getödtet, wieder belebt und erhält die Jungfrau zur Gemahlin1. Diesem Stoff sehr nah verwandt, so dass in einigen Märchen Züge aus beiden vermengt werden, ist folgender: Der Held, der jüngste von drei Königssöhnen, zieht aus, seinem Vater ein Heilmittel zu verschaffen. Dieses befindet sich im Besitz einer wunderbaren Jungfrau, deren Schlaf er benutzt, um das Heilmittel zu holen. Dabei kann er ihrer Schönheit nicht widerstehn und vermischt sich mit ihr, ohne dass sie erwacht. Sie gebiert ein Kind (oder mehr) und zieht aus, dessen (deren) Vater zu suchen, dessen Namen sie zufällig vermittelst einer von ihm zurückgelassenen Inschrift erfahren hat. Diesen haben die Brüder (wie sie glauben) unschädlich gemacht. Sie verlangt vom König die Auslieferung dessen, der bei ihr war. Die ältern Brüder melden sich, werden aber nicht anerkannt und schimpflich behandelt; endlich wird der Jüngste gefunden, hingeschickt, anerkannt und heirathet sie. (M. 8). – Vgl. Grimm, 97 u. Anm. III, S. 176; Köhler, Germania XI, S. 389; Liebrecht, Germania XII, S. 81; Köhler, zu Schiefner. Aw. T. X, S. IX und zu Vuk. dod. 42, Archiv f. slav. Ph. III, S. 630. – Aehnlich wie in 8, verschafft in Märchen 6 (S. 370) dem blinden König der Anblick des leuchtenden Vogels das Gesicht wieder. (Der blinde König und dessen Heilung gehören eigentlich nicht in dieses Märchen und sind nur durch eine Motivvermengung hineingerathen, s.o.) – In einem masurischen Märchen wird ein blinder König sehend, wenn er den Vogel Cäsarius singen hört (Töppen. S. 154). – In einem čechischen Märchen, Němc. II, S. 140, soll ein kranker König drei Tropfen von dem Blut eines Vogels trinken, dem beim Singen Blut aus dem Schnabel fliesst; in einem kroatisch-slovenischen, Valj 10, S. 141, wird ein blinder König wieder sehend, wenn er sich mit dem Magen (želucem) eines Papageis die Augen bestreicht (ebenfalls Motivvermengung wie in 6). – Häufiger kommen vor: das Wasser des Lebens und des Todes, sowie das der Heilung und des Lebens, das verjüngende Wasser und die verjüngenden (goldnen) Aepfel. So kann (kroatisch-slovenisches Märchen Valj 12, S. 148) einem blinden König mit einem Wasser von einem Ort Škrobutnjak geholfen werden; ebenso einem alten kranken König durch ein wunderbares Wasser[532] (mährisch Kulda I, 43, S. 219); einem alternden König durch verjüngendes und »lebendes« Wasser (russisch Af. VIII, 4 b, S. 45 Gouv. Archangel); durch »lebendes« Wasser und die süssen verjüngenden Aepfel (russisch Af. VIII, 4 a); »todtes« und »lebendes« Wasser (russisch Af. VIII, 4 d); durch »junges« Wasser (poln. Lud. VIII, 28); durch die verjüngenden goldnen Aepfel (mährisch Menšík, 33); ein König schickt seine Söhne aus, ihm seine Jugend zu suchen (russ. Af. VII, 5 a); nach Kräutern um sehend zu werden (lit. Schleicher 26 ff.). Es findet sich auch gelegentlich der Eingang mit dem Traum (der Eingebung) des Königs (vgl. Grimm III, S. 98: Anm. zu 57): so träumt einem sehr alten König von einer Königin hinter dem feurigen Meer, aus deren kleinen Finger ein Fluss (Орда-рѣка) fliesst und in deren mit Glas bedecktem Garten Aepfel wachsen. Wasser und Aepfel sollen ihn verjüngen (kleinrussisch Trudy, 81, S. 322). Ein König träumt von einer Jungfrau, aus deren Händen und Füssen Wasser fliesst, das 30 Jahr jünger macht (russisch Af. VII, 5b, S. 60), ein König träumt von »lebendem« und »todtem« Wasser (russisch Af. VIII, 4c, S. 52); vgl. ferner mähr. Menšík 33, heilendes und verjüngendes Wasser sorb. Veck. 11, S. 75, drei Federn von Vogel Greif und drei Aepfel aus dessen Garten 12 S. 79, neun Aepfel aus dem verfluchten Garten. – Das Heilmittel befindet sich bei einer Jungfrau, im russischen Märchen gewöhnlich bei der царь-дѣвица, der jungfräulichen Kaiserin (wo es sich theils als Wasser in unerschöpflichem Fläschchen unter dem Kopfende (изголовье) ihres Bettes (resp. ihr von den Händen und Füssen strömend), oder als (verjüngende) Aepfel in ihrem Garten findet. Vgl. über die verjüngenden Aepfel, sowie über todtes und lebendes Wasser und car-děvica, Af. Anm. zu VII, 5, VIII S. 577 ff.), während deren Schlaf der Held es holt, wobei er, von ihrer Schönheit verführt, mit ihr ein (oder mehrere) Kinder zeugt. – Dies Motiv haben fast alle2 hierhergehörenden Märchen, so z.B. folgende: lit. Schleicher, S. 26; gr.-kl.-wsr. Af., VII, 5 a. b; 12 b; 42; VIII, 4 a-c; Chud. 41, II. S. 1; Trudy I, 77; poln. Lud VIII, 20; Töppen, S. 154; sorb. Veck. IV, 11 u. 12; XXI, 4; čech. mähr. Slavia II, 31; Němc. II, S. 140; Kulda I, 43; serb. Vuk. dod. 12; kr. slov. Valj. 10; 12 u.s.w. mit dem litauischen 8 gemein, vgl. die lit. Var. Schleicher S. 29, wo der Held eine unerschöpfliche Wasserflasche und einen ebensolchen Laib Brot an zwei Könige verleiht. Das Schwert fehlt bei Schleicher. Dagegen findet sich darin die Inschrift unter dem Tisch, die in 8 fehlt. In einem čechischen Märchen (Němc. II, S. 140) bleibt der Held drei Tage und drei Nächte bei der schlafenden Jungfrau. Er findet dort (wie in 8) ein Schwert, das auf Befehl Köpfe herunterschlägt, ein nicht kleiner werdendes Brot und eine nichtzuleerende Flasche Wein, die Krankheiten heilt. Er schreibt seinen Namen unter den Tisch und verlässt das Schloss. Die drei wunderbaren Gegenstände gibt er drei bedürftigen Königen. – Von 11–12 mittags, bleibt er im sorbischen Märchen Veck. IV, 11 u. 12 und schreibt, mit rother Kreide, seinen Namen unter den Tisch. In einem russischen Märchen (Af. VIII, 4b S. 45) erkennt[533] der Held unter zwölf schlafenden Jungfrauen die Königin daran, dass sie tief athmet, als wenn vom Baum die Blätter rauschen (пышетъ будто съ дубу листъ бруснетъ) er tauscht mit ihr Ringe. In einer Variante nimmt er ihr Bild mit Af. VIII, 4 c, S. 52. Schön, aber schwarz, ist die Prinzessin im masurischen Märchen (Töppen S. 154), wo der Held ebenfalls ein unerschöpfliches Brot und eine schön- und glattmachende Seife findet. – In einigen (russischen) Märchen ist die Vermischung des Helden mit der Jungfrau als Sünde dargestellt, »er sündigte dreimal mit ihr«, »er beging eine Sünde mit ihr«, »er vernichtete ihre jungfräuliche Zier« u.s.w. – Das Ross, oder wer ihn sonst über die mit tönenden Saiten und Klingeldrähten bespannte Mauer getragen hat, ist jetzt nicht mehr im Stand dazu, er ist schwerer geworden, wie es in einigen Märchen heisst, er muss sich erst dreimal im Brunnen waschen, oder im Thau wälzen. Und auch dann hakt das Ross mit einem Huf an eine Saite, jetzt ertönen die Saiten, die Glocken und Klingeln erklingen, die Jungfrau wacht auf und ruft aus: »Was für ein Rüpel (невѣжа) war hier: meinen Kvas (Var. Wein) hat er getrunken, das Fass hat er nicht wieder zugedeckt!« (so gewöhnlich, in einer Variante ist hinzugefügt: »zum Spott hat er zwei poluški (poluška = 1/4 Kopeke) hingelegt.«) Vgl. Af. VIII 4 a–e; Trudy 81, S. 322 ff. – Die Saiten und Klingeln kommen auch in den Varianten zu 6 und 7 vor. Der Vogel und dass Ross sind beide durch Drähte mit Klingeln verbunden, die ertönen, wenn der Held etwas gegen die Anordnung seines Helfers macht, und die seine Ertappung herbeiführen. In einem polnischen Märchen (Lud, VIII, 20, S. 48) sind die Kleider der schlafenden goldhaarigen Jungfrau mit dem Bett, auf dem sie liegt, durch Klingeldrähte verbunden, das ist ihr unbequem, sie schläft daher ohne Kleider, nur ihr goldnes Haar geht ihr bis an die Knöchel. – Ueber den Verrath der Brüder gehe ich hinweg, da die Erzählungen davon im wesentlichen übereinstimmen. – Es bleibt noch der Schluss. Im litauischen Märchen 8, S. 378 kommt das Fräulein mit einem Heer zu dem König und verlangt Auslieferung ihres Bräutigams. Statt dessen gehen nach einander die beiden ältern Brüder. Diese werden vom Kinde nicht anerkannt, dagegen erkennt dasselbe seinen Vater der schlecht gekleidet kommt, sogleich. Bei Schleicher ist der Weg vom König zur Prinzessin mit rothem Tuch ausgeschlagen. Von den beiden Onkeln sagt das Kind: »Der wo da geritten kommt ist mein Vater nicht; der schont den Weg und der hat auch dich geschont. Der richtige Vater reitet den Weg in Fetzen, der Knabe sagt, da käme sein Vater, der schont den Weg nicht, der hat auch dich nicht geschont.« (Vgl. Veck. IV, 11). Ein zweites Kennzeichen des richtigen bei Schleicher ist, dass er von der Flasche und dem Brot Bescheid weiss.

Im Slavischen haben wir folgende Wahrzeichen: Rothes Tuch auf dem Wege, von den Brüdern nicht betreten Valj. 12; ähnlich Af. VIII, 4 e; wo die Brüder vorher die Schuhe ausziehen, ebenso, ib. 4 b, wo der richtige Vater die Brücke (den Weg), auf der singende Vögel angebracht sind, von Säufern und Lumpen zerstören lässt, weisses Tuch Veck. IV, 12; Brücke von Krystall VIII, 4 c, S. 52; Kulda I, 43, S. 219 wirft der Sohn der seinen Vater sucht einen Knäuel über das Wasser: der richtige Vater geht glücklich über den [534] Faden hin über. Die beiden ältern werden von den Kindern durchgeprügelt, der Jüngste kommt, in einigen Versionen, schlecht gekleidet, auf elendem Pferd an und wird von ihnen für einen Narren oder Bettler gehalten, bis die Mütter sie über ihn belehrt. In einigen Varianten muss der angeblich bei der Jungfrau gewesene Bruder des Helden über gewisse Dinge Bescheid geben können, so, wie bei Schleicher, über Wein und Brot, über die Wache der Jungfrau, den Weg den er genommen hat u.s.w. – Schliesslich noch einige Worte über Details der Märchen 4–8. Der Eingang von 4–7 (nächtlicher Dieb) findet sich, verschieden erzählt in vielen slavischen Märchen. Der nächtliche Dieb kommt in den slavischen Märchen unter folgenden Gestalten vor: als Vogel, der goldne Aepfel stiehlt, so Af. VII, 11; Chud. I, 1; Vogl, S. 23; Rudč, I, 54, Gliński, I, S. 15; Lud, VIII, 20; Vuk 4 und Erben S. 213 (bulg. Var.) kommen neun Pfauenweibchen nach den Aepfeln; Af. V, 38, stiehlt ein Vogel Weizen; Valj. 6 essen Schwäne Blumen; Franc. S. 10 (slovak.) stehlen zwölf in Tauben verwandelte Jungfrauen Früchte; Valj. 7 neun Vilen Aepfel; als Pferd, Af. V, 37 (Erbsen); Valj. 10 (drei Rosse, Hirse); Schul. 69 (sorb.) (drei Rosse, Grummet); Chud, 24 (Sivka Burka mit zwölf Stuten, Hirse); Valj. 11 treiben drei Vilen ihre Rosse ins Haus dreier Brüder; ähnlich Chud, III, 115, ein kleiner Bauer, eine Pferdeheerde in Weizen, Trudy, I, 78 frisst eine Heerde von Meeresrossen nächtlich das Heu, Drag 4 den Weizen; als Eber, der goldne Aepfel stiehlt, oder den Garten verwüstet, Rudč. 55 u. 56, Sad. Bar. S. 148 (galiz.) Chud. I, 2, stiehlt ein Löwe Fohlen aus einem Gestüt; Erl 41 treibt ein weisser Wolf nächtlich eine Heerde (tabun) von Pferden weg; Af. I, 6 frisst das grosse Thier Norka, Thiere aus des Königs Garten; Chud. 42, stiehlt ein Ungeheuer Усыня Aepfel, Af. 14 schleppt nächtlich ein Knabe einen Sack Rüben weg. Keinen Diebstahl, sondern Verwüstung verüben, Töppen S. 139, drei in goldne Tauben verwandelte Jungfrauen, die eine Wiese im Kreise zertreten und schliesslich, Wojc. II, 44, eine Zauberin, die als Falke die Kirchenfenster einschlägt. Neben der Ertappung des Diebes durch den Jüngsten, findet sich mehrfach die Variante, dass der Dieb unter die Erde entkommt. Der Held lässt sich hinunter und findet drei Reiche mit drei Prinzessinnen (kupfernes, silbernes, goldnes Reich), die er befreit u.s.w. – Ueber das Pferd des Helden (4. 5) vgl. Af. V. I, S. 616 ff., wo über das Ross in den Märchen gehandelt wird, über die Meeresrosse (vgl. o. S. 527) S. 621 ff.; ferner Af. Anm. zu II, 25, S. 361. Der Schimmel im litauischen Märchen entspricht dem Сивко, Бурко, Вѣщій Воронко, auch Сивка-бурка, вѣщй каурка. Сивка(o) = (Grau-) Schimmel, Бурка(o) = Brauner, Вѣщій Воронко = Zauberrappe; каурка ist, nach Af. V. 616, dasselbe Pferd, wie бурка, nur mit einem schwarzen Streifen am Rückgrat. Diese Combination von drei Namen ist im russischen Märchen der stereotype Ruf des Helden nach dem Zauberpferd. Sehr oft kommt noch die Formel hinzu стань передо мною, какъ листъ передъ травою (Steh vor mir, wie das Blatt vor dem Grase) dann kommt, der Dreitheilung der Erzählung entsprechend, erst der Schimmel, mit dem er Thaten verrichtet; zum zweiten Mal der Braune und drittens der Rappe (resp. der каурка)). Ich halte es nicht für unwahrscheinlich das der Ruf »Schimmelchen!« im litauischen Märchen mit[535] dem russischen Ausruf c. с. б. в. к! zusammenhängt. – Als Mittel, um sich wach zu erhalten, benutzt in Märchen 6 der Dummbart einen Dorn den er in seinen Stuhl steckt. Ebenso Af. I, 6, S. 47 (klr. G. Černigov); ähnlich Rudč. I, 54, S. 153, klr. G. Kiev), Dornen auf den Baum auf denen er sitzt; ib. 45, S. 156 (G. Kiev) Stacheln; ib. 56, S. 159 (Podolien) stachliche Pflanze (колюха) Eberwurz (?); Trudy, I, 78, S. 301 (klr. Podolien) legt er sich auf Fichtenzweige; Af. V, 37, S. 178 (grr. Voronež) nimmt er ein Pfund Tabak mit und hält sich durch Schnupfen wach. – In Märchen 6 erhält der Held von drei Wirthinnen drei wunderbare Gegenstände, die er dann an das Fräulein gegen das Zeigen ihrer Füsse bis zum Knie u.s.w. verkauft. Vgl. hierzu Chud. 20, I, S. 77, wo der Held eine Schale, mit der er auf den Tisch klopft, um mit Essen und Trinken bedient zu werden, einen Löffel der alles was man wünscht, hervorzaubert und eine Wünschuhr einem Fräulein überlässt. Die erste Forderung ist auch hier das Zeigen ihrer nackten Füsse. Ein ähnliches Motiv finden wir Erl. 31, S. 130 (Tula). Dort hat der Held der seine drei Schwestern suchen geht, von diesen eine Serviette, ein Tischtuch und einen fliegenden Teppich (alle drei Gegenstände haben die Eigenschaft des Tischchen deck dich) erhalten. Er geräth in die Gefangenschaft einer Jungfrau, deren Pferde er weggefangen hat und die ihn einstecken lässt. Im Gefängniss sind Bauern, die er vermittelst der obigen Gegenstände speist und tränkt, worauf sie sehr laut werden. Der Lärm macht das Fräulein aufmerksam, sie kauft von ihm die drei Gegenstände. Für die Serviette will er sie drei Stunden lang ansehn. »Sie dachte nach und dachte nach –«, dann lässt sie ihn rufen, legt ihre Uhr an, und er sieht sie drei Stunden an. Für das Tischtuch will er sie drei Stunden lang küssen; wieder denkt sie nach, lässt ihn rufen und nun heisst es, offenbar nachlässig erzählt: »Ivan sieht auf Mar'ja, u. M. auf die Uhr.« Für den Teppich muss sie ihn schliesslich heirathen. Das Zeigen der Füsse u.s.w. im litauischen Märchen, erinnert an einen auch im Slavischen sehr verbreiteten Märchenkreis, dessen Stoff folgender ist: Eine Königstochter soll den heirathen, der ein oder mehrere geheime Male an ihrem Körper nennen kann. Der Held lässt als Hirt seine Heerde (Schafe, Schweine) nach einem Musikinstrumente (Flöte, Geige, selbstspielende Laute tanzen.) Die Prinzessin will eines der tanzenden Thiere und er verkauft ihr dreimal nacheinander ein Thier, wogegen sie ihm ihr Gesicht, ihre Brust und ihre Füsse bis zu den Knien zeigt; hierbei erfährt er die Male ihres Körpers, giebt sie dem König an und heirathet sie. – Wie in Märchen 7 der Dümmling, als Kaufmann verkleidet, das Fräulein auf das Schiff lockt und entführt, so ebenfalls in russischen Märchen z.B. Af. VII, 23, S. 199; Chud. 111, S. 126, wo unter den Waaren besonders eine schöne Katze die Prinzessin verlockt das Schiff zu besuchen; vermittelst einer Katze verlockt der Dieb Simeon die Königstochter. Dietr., 3, S. 37–8; Af. III, 12, S. 50–2 (gelehrter Kater); Af. VI, 31, S. 157 u.s.w. – Das Motiv im litauischen Märchen, dass der Dumme, der Vogel und Pferd holt, den Käfig und den Zaum dalassen (7), (oder den ersten Vogel und das erste Pferd nehmen soll (8)), findet sich in fast allen slavischen Varianten, so in Af. VII, 11, S. 121 = Vogl[536] S. 23; in Chud. I, 1, S. 1, Lud VIII, 20, S. 48; ähnlich soll er die Schnur nicht berühren an der der Käfig im Walde hängt und den Zaum des Pferdes; Valj. 11, 141 will er die Kette mitnehmen, an der der Papagei befestigt ist. Diese Verbote hängen mit der Vorstellung zusammen, dass des Vogels Käfig, sowie des Rosses Zaum durch tönende Saiten mit Klingeln verbunden sind, ähnlich wie die Hüterin des Wassers des Lebens, s.o. – Im Märchen 8 singt der Vogel nicht eher, als bis der, der ihn erlangt hat ins Zimmer tritt, ebenso im polnischen Märchen Lud VIII, 20. Im slovenischen Märchen Valj. 10, sind Pferd und Papagei traurig, das Mädchen spricht nicht, in einem russischen hat sich die žar-ptica (der Vogel Gluth) in einen Raben verwandelt und nimmt die frühere Gestalt erst beim Eintritt des Helden wieder an. – Das alte Männchen, das in 8, dem Helden den Weg weist und ihm hilft, kommt auch im Slavischen häufig vor, in dem Märchenkreise von der Erlangung eines Heilmittels vertreten seine Stelle gewöhnlich drei weise Frauen oder Hexen (baba Jaga.) – Wie der Dümmling in 8, Futtermeister bei seinem Vater wird, so tritt Af. VIII, 4 b S. 45, der Jüngste unerkannt in Arbeit bei seinem Vater. – Zu der Diamantbrücke die in 8 zum Schloss der Jungfrau führt, könnte als Gegenstück die oben erwähnte Krystallbrücke Af. VIII, 4 d, S. 62 dienen, die von der, den Vater ihrer Kinder suchenden, Prinzessin, vom Schiff nach dem Schloss des Königs gehaucht wird.

1

Eine Unterabtheilung dieser Gruppe wäre die Reihe von Erzählungen, deren vollständigste Version folgende ist: Der Held findet auf seinem Wege eine goldne Feder, ein goldnes Hufeisen und ein goldnes Haar (drei goldne Haare, einen Todtenkopf mit goldnen Haaren) die er trotz der Warnung seines Rosses aufhebt. Der König, in dessen Dienst er kommt und dessen Günstling er wird, schickt ihn, veranlasst durch die neidischen Hofleute nach dem Vogel, dem Ross und der Jungfrau, die zu den gefundenen Gegenständen gehören (vgl. S. 528). Diese vollständige Version ist die seltnere, gewöhnlich findet er nur die Feder, holt den Vogel und muss nun »da er dies verstanden hat« auch die Jungfrau holen u.s.w. (vgl. m. Anm. zu 5)

2

Es fehlt ganz im russischen Märchen Af. II, 27 S. 260 und ist abgeschwächt, im mährischen Menšík 33, S. 105 und ěechisch Rad. II, 261.

Quelle:
Leskien, August/Brugman, K.: Litauische Volkslieder und Märchen. Straßburg: Karl J. Trübner, 1882, S. 524-537.
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