Athămas

[21] Athămas, Sohn des thessal. Königs Äolos und der Enarete, Bruder des Kretheus, Salmoneus und Sisyphos, Minyerkönig in Orchomenos. Zuerst mit der Wolkengöttin Nephele vermählt, der Mutter von Phrixos und Helle, wird er von ihr verlassen, da er sich mit Ino, Tochter des Kadmos, verbindet. Als der Groll Nepheles das Land mit Dürre heimsucht, will Ino durch einen falschen Orakelspruch die Opferung des Phrixos auf dem Altar des Zeus Laphystios veranlassen; doch Nephele entführt ihre Kinder auf einem goldvliesigen Widder durch die Lüfte. Auf der Fahrt stürzt Helle ins Meer, während Phrixos glücklich nach Kolchis gelangte. Später soll A. selbst zur Sühne vom Volk dem Zeus geopfert werden; da erscheint Phrixos' Sohn Kytissoros und rettet ihn durch die Kunde, daß Phrixos noch lebe, lädt aber dadurch auf seine Nachkommen den Zorn des Gottes. Denn fortan war diesem der Erstgeborne des Geschlechts verfallen und ward geopfert. Später von Hera, weil Ino den Dionysos, den Sohn ihrer Schwester Semele, erzog, in Wahnsinn versetzt, tötet A. seinen Sohn Learchos, den er für einen Hirsch hält, und Ino stürzt sich, von A. verfolgt, mit dem andern, Melikertes, ins Meer; dieser ward zum Seegott Palämon, sie zur Göttin Leukothea. Vom Wahnsinn verlassen, erhält A. das Orakel, sich niederzulassen, wo ihn wilde Tiere bewirten würden. Auf dem nach ihm benannten athamantischen Gefilde findet er Wölfe, die ihm fliehend Schafskeulen überlassen, siedelt sich hier an und heiratet die Themisto (s. d.). Vielleicht beruht die Athamassage auf dem uralten Gebrauch der Minyer, den Erstgebornen des Fürstenhauses der Athamantiden dem Zeus Laphystios zu opfern, wenn er sich nicht, wie Phrixos, durch die Flucht seinem Schicksal entzog.[21]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 21-22.
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