Bérserker

[728] Bérserker (v. altnord. berr, »Bär«, und serkr, »Gewand«), auch Ulfhednar, »Leute im Wolfsgewand«,[728] genannt, in den nordischen Sagen wilde Krieger, die, wenn die Berserkerwut (berserksgangr) sie erfaßte, übermenschliche Stärke erlangen sollten und für unverwundbar galten. Der ursprüngliche Glaube war wohl gewesen, daß die B. sich wirklich in wilde Tiere verwandeln konnten, also Werwölfe waren. B. erscheinen oft im Gefolge nordischer Könige (des Hrolf Kraki, Adils, Harald Schönhaar u. a.), die sich ihrer zu besonders gefährlichen Unternehmungen bedienten; den berühmtesten Namen als B. erlangten jedoch die zwölf Arngrimssöhne, von denen die Hervararsaga erzählt. Nach der Einführung des Christentums galt die Berserkerwut als heidnisch und wurde von dem isländischen Recht sogar mit Strafe bedroht. In der Folge galt der Name Berserkerwut sprichwörtlich als Bezeichnung für jeden Ausbruch wilden und ungebändigten Zornes. Die Berserkerwut zeigt große Ähnlichkeit mit dem Amucklaufen (s. d.). Schon vor 100 Jahren stellte Ödmann die Meinung auf, daß die B. durch den Genuß von Fliegenschwamm oder Zubereitungen daraus erzeugt worden sei, wie denn nach Schübler die Symptome der Fliegenschwammvergiftung völlig denen der Berserkerwut gleichen. Dies gilt besonders für die Steigerung der Körperkraft, die nachher in desto größere Erschlaffung ausläuft, und für die Unempfindlichkeit gegen körperliche Schmer-;en. Sinnestäuschungen, die der Rausch erzeugt, erinnern an jene Erzählungen von der »Augenverblendung«, die in nordischen Mythen so häufig vorkommen. Bei den Beziehungen, die die alten Skandinavier früher mit Lappen und Finnen unterhielten, wäre ihre Kenntnis des in Sibirien und Kamtschatka gebräuchlichen Berauschungspitzes nicht auffallend. Vielleicht war auch der in Skandinavien häufige Pilz ein schon von der Urbevölkerung benutztes Berauschungsmittel, das aber durch den Met ebenso verdrängt wurde, wie in neuerer Zeit in Sibirien der Muchamortrank, d. h. das Fliegenschwammgebräu durch den Branntwein.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 728-729.
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