Bajadēren

[283] Bajadēren, ursprünglich portugiesische Benennung der indischen Tänzerinnen und Buhldirnen. In Indien heißen sie Dewedaschies (Devadasis, »Dienerinnen der Götter«, sanskr. devadâsî, »Hierodule«), weil sie dem Dienste der Tempel geweiht sind. Man unterscheidet zwischen den B. der Haupttempel und denen, die zur Belustigung der Gäste zu den Natsches (Tanzvorstellungen) oder zu den Gastmählern gerufen werden. Letztere führen ein Nomadenleben, ziehen zu zehn oder zwölf im Lande umher mit ihren Musikern, die an dem Gewinn Anteil haben, oder stehen unter der Obhut der Dayas, ausgedienter B., welche die jüngern im Tanz unterweisen. Die eigentlichen Dewedaschies zerfallen in zwei Klassen. Zur ersten und vornehmsten gehören die den Hauptgottheiten Vischnu und Çiva, zur zweiten die den Untergottheiten dienenden. Erstere müssen innerhalb der Ringmauern des Tempels wohnen und dürfen diese ohne Erlaubnis des Oberpriesters nicht verlassen; die andern wohnen in Städten und Dörfern, wo sie völlige Freiheit genießen, nur daß sie der Reihe nach in der Pagode Dienst tun und gewissen Feierlichkeiten beiwohnen müssen. Doch mischen sie sich nie unter die unreinen Parias oder Europäer. Noch schwieriger in der Wahl ihres Umganges sind die B. höhern Ranges. Die Dewedaschies werden von Kindheit an zu B. erzogen. Vor dem Eintritt wird die Bajadere durch den Oberbrahmanen geprüft und unter vielen Zeremonien förmlich geweiht. Von jetzt an ist die Dewedaschie erster Klasse von der Außenwelt getrennt; indessen hat sie sich wenigstens der Gesellschaft ihrer Mitschwestern zu erfreuen, auch darf sie sich aus den zwei ersten Hindukasten einen Geliebten wählen. Meist pflegt das einer der Tempelbrahmanen selbst zu sein. Die Dewedaschies der zweiten Klasse dagegen können sich aus ihren Kasten Liebhaber nach Gutdünken wählen, auch bei Hochzeiten und andern Festen gegen Bezahlung ihre Kunst ausüben, daher sie in der Regel sehr wohlhabend sind. Ihre Tänze (Natsch) stellen unter Musikbegleitung meist eine Pantomime dar, deren Inhalt eine Göttergeschichte, ein Liebeshandel u. dgl. bildet. S. Tafel »Ostindische Kultur I«, Fig. 5.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 283.
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