Celestīna

[832] Celestīna, Titel eines span. dramatischen Prosaromans in 21 Akten, dessen Hauptfigur eine sittenlose Kupplerin mit Namen C. ist; daher typischer Name für jegliche Kupplerin; mit ironischer Absichtlichkeit oft Scelestina geschrieben, als käme das Wort vom lat. scelus = Verbrechen. S. Rojas und Cota. Die C. erschien zuerst vor 1500 u. d. T.: »Comedia de Calisto y Melibea«, erhielt aber erst einige Jahre später durch Umarbeitung und Erweiterung ihre heutige Gestalt (Sevilla 1502) und den Titel »Tragicomedia«. Das geniale Werk ist seitdem sehr oft gedruckt (z. B. 1822 u. 1846 im 3. Bande der »Biblioteca de autores españoles«; neueste Ausg. von Krapf, Vigo 1900, und Foulché Delbosc, Madr. 1900) und auch schon früh in andre Sprachen übersetzt worden, von K. Barthius sogar ins Lateinische (Frankf. 1624), ins Französische 1578 von I. de Lavardin und von Germond de Lavigne (Par. 1841), ins Deutsche von E. v. Bülow (Leipz. 1843), ins Englische von James Mabbe (1631; neue Ausg. von Kelly, 1894). In Spanien erhielt die C., wie alle Romane von populärem Schnitt und nationalem Geist, eine lange Reihe von Fortsetzungen und Nachahmungen. Einen zweiten Teil schrieb Feliciano de Silva (Vened. 1536, Neudruck 1874 als Bd. 9 der »Libros raros ò curiosos«); einen dritten lieferte Gaspar Gomez (1559); einen vierten Sancho de Muñon u. d. T.: »Comedia de Lisándro y Roselia« (1542; im 3. Bande der erwähnten Sammlung, 1872); eine fünfte Komödie ist die »Selvagia« (1554 u. 1873); eine sechste die Luis Hurtado zugeschriebene »Policiana« (1547). In Verse gebracht ward der erste Akt von D. Pedro de Urrea (1513; im 2. Band der »Biblioteca de escritores aragoneses«, 1879), die ganzen 21 von Juan Sedeño (1540). Vgl. F. Wolf, Studien zur Geschichte der spanischen und portugiesischen Nationalliteratur (Berl. 1859) und »Revue Hispanique«, Bd. 7 (1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 832.
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