Deprētis

[650] Deprētis, Agostino, ital. Staatsmann, geb. 31. Jan. 1813 in Mezzana bei Stradella, gest. 29. Juli 1887, studierte die Rechte, ließ sich als Advokat in Stradella nieder und beteiligte sich eifrig an den nationalen Bestrebungen der Italiener. Dem sardinischen Parlament gehörte er seit Einführung der Verfassung als Mitglied der Linken an. 1859 schickte ihn Cavour als Gouverneur nach Brescia; 1860 war er Prodiktator Garibaldis in Sizilien und betrieb mit Ciser den Anschluß der Insel an das Königreich Italien; darüber zerfiel er mit Garibaldi und legte 17. Sept. sein Amt nieder. Vom März bis zum Dezember 1862 leitete er im Kabinett Rattazzi das Ministerium der öffentlichen Arbeiten, ward 20. Juni 1866 Marineminister. Vom Februar bis zum April 1867 war er Finanzminister, trat aber dann an die Spitze der fortschrittlichen Opposition in der Zweiten Kammer gegen die Consorteria und ward nach deren Sturz (18. März 1876) Ministerpräsident und Finanzminister. Doch konnte das Ministerium die eigne Partei, trotzdem sie bei den Neuwahlen Oktober 1876 bedeutend verstärkt wurde, nicht zusammenhalten; schließlich brach wegen der Verwaltung der angekauften oberitalienischen Bahnen im Ministerium Zwist aus, und im März 1878 mußte D. zurücktreten. Nach Cairolis Sturz bildete D. im Dezember 1878 ein neues, aus den Führern der Gruppen der Linken zusammengesetztes Ministerium, das sich indes, nachdem die vun D. vorgeschlagene Abschaffung der Mahlsteuer abgelehnt worden war, im Juli 1879 wieder auflöste. Im November übernahm D. in Cairolis Ministerium das Innere, legte das Wahlreformgesetz in der Kammer vor und trat 1881 wieder an die Spitze des Kabinetts. Er führte die Wahlreform, die Abschaffung des Zwangskurses[650] sowie den Ausbau des Eisenbahnnetzes durch und befestigte durch diese Erfolge seine politische Stellung, zumal er sich mehr und mehr gemäßigt und monarchisch gesinnt zeigte. 1885 und 1887 fanden Rekonstruktionen des Ministeriums statt; 1887 gab D. das Portefeuille des Innern an Crispi ab und übernahm das Auswärtige, starb aber bald in Stradella, wo ihm 1893 ein Denkmal errichtet wurde. Vgl. Santi, A. D. eil suo ministero (Mail. 1886); Breganze, A. D. ed i suoi tempi (Verona 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 650-651.
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