Dysmenorrhöe

[326] Dysmenorrhöe (griech., Colica uteri menstrualis), jede erschwerte und von ungewöhnlichen Schmerzen begleitete Menstruation. Meistens schon vor Eintritt der Blutung, seltener erst mit Beginn derselben, stellen sich heftige, krampfartige Schmerzen im Unterleib und Kreuz ein, die oft bis in die Schenkel ausstrahlen. Daneben können mannigfache Beschwerden, wie Mattigkeit, Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Ohrensausen, Herzklopfen ua., vorhanden sein. Die Ursachen der D. sind sehr verschieden und können nur durch genaue Untersuchung der innern Genitalien ermittelt werden. Man unterscheidet gewöhnlich drei Formen der D.: die nervöse, die mechanische und die inflammatorische, die aber auch häufig miteinander kombiniert auftreten. Die rein nervöse D. ist bei völlig gesundem Genitalapparat auf funktionelle Störungen des Nervensystems zurückzuführen, die häufig mit Blutarmut, Bleichsucht oder allgemeiner Körperschwäche einhergehen, oder sie entsteht durch nervöse Reflexe, z. B. von Nasenleiden aus (s. unten). Die mechanische D. entsteht bei Verlegung, Verengerung oder Verschließung des Gebärmutterhalskanals, indem das in seinem Abfluß gehemmte Menstrualblut sich in der Gebärmutterhöhle ansammelt, Gerinnsel bildet und dadurch Veranlassung zu schmerzhaften Kontraktionen der Gebärmutter gibt. Die inflammatorische D. kommt vorwiegend bei entzündlichen Veränderungen der Beckenorgane vor. Bei ihr sind die Schmerzen auf die größere Empfindlichkeit der kranken Teile zurückzuführen, die bei den menstruellen Kontraktionen der Gebärmutter Verschiebungen und Zerrungen erleiden. Bei einer seltnen Form der D. wird während der Blutung unter heftigsten wehenartigen Schmerzen die Schleimhaut der Gebärmutter als zusammenhängende Membran ausgestoßen (dysmenorrhoea membranacea). Die Behandlung der D. ist je nach der Grundursache des Leidens durchaus verschieden. Während man bei der rein nervösen Form in der Hauptsache auf eine Kräftigung des Nervensystems durch diätetische Maßnahmen bedacht ist, ist bei der mechanischen und inflammatorischen eine örtliche Behandlung unerläßlich. Kurz vor Eintritt und während der Menstruation sind in allen Fällen körperliche Anstrengung und Gemütserregungen zu vermeiden; man hat sich vor Erkältungen in acht zu nehmen und, wenn irgend möglich, mehrtägige Bettruhe einzuhalten. Zur Linderung der Schmerzanfälle empfiehlt sich der Genuß warmen Pfefferminz- oder Kamillentees sowie das Auflegen warmer Tücher auf den Unterleib. Die neuerdings geübte nasale Behandlung der D. beruht darauf, daß die Geschlechtsorgane wie mit andern Gebieten, so namentlich mit der Nasenschleimhaut in gewissen nervösen Beziehungen stehen, so daß Nasenleiden reflektorisch D. erzeugen können. Behandlung des Nasenleidens (Ätzung, Abtragung erkrankter Teile, besonders Erzeugung von Unempfindlichkeit durch Kokainisierung überempfindlicher Stellen, der sogen. Genitalpunkte) beseitigt oft sicher D., die lange vergeblich behandelt wurde.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 326.
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