Empirismus

[763] Empirismus (griech.) ist diejenige erkenntnistheoretische Ansicht, die im Gegensatz zum Apriorismus (s. »a priori«) annimmt, daß die Erfahrung (s. d.) die einzige Quelle aller Erkenntnis sei. Sie tritt meistens in Verbindung mit dem Sensualismus (s. d.) auf, der behauptet, daß alles Vorstellen und Denken nur ein abgeschwächtes Empfinden sei. Wider den Sensualismus, aus dem der E. als notwendige Folge hervorgeht, spricht jedoch schon die genauere Untersuchung des logischen Prozesses, durch den wir Erkenntnisse aus der Erfahrung gewinnen, indem sie zeigt, daß wir immer mit bestimmten Voraussetzungen an die Erfahrung herantreten (indem wir z. B. jede Erscheinung auf eine Ursache beziehen), sowie die Existenz der mathematischen Erkenntnis, deren Gewißheit diejenige des auf Erfahrung begründeten Wissens weit übertrifft. Als Begründer des E. in der neuern Philosophie sind Bacon, Locke und Hume (s. d.) zu nennen; seitdem ist er hauptsächlich in der englischen Philosophie herrschend geblieben und in der neuesten Zeit von St. Mill (s. d.) mit großem Scharfsinn verteidigt worden. Seinen hauptsächlichsten Gegner hat er in Kant gefunden, der zwar zugestand, daß alles wissenschaftliche Erkennen auf die Objekte der Erfahrung beschränkt sei, daß aber die Erfahrung als Erkenntnisart nur möglich werde mit Hilfe der im Subjekt selbst liegenden reinen Anschauungen (des Raumes und der Zeit) und reinen Begriffe (Kategorien).

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 763.
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