Epimenĭdes

[868] Epimenĭdes, berühmter Priester und Seher des Altertums, aus Kreta gebürtig, lebte zu Knosos als ein Zeitgenosse der Sieben Weisen, zu denen er auch wohl gerechnet wird. Er gehörte dem enthusiastischen Kultus des Zeus und der Kureten an, mit dem auf Kreta eine geheime Priesterweisheit verbunden war. Manche Sagen heften sich an ihn. Sein Rak ward selbst von Staaten begehrt. Er veranlaßte Veränderungen in den heiligen Gebräuchen der Athener und bemühte sich, Ehrlichkeit und Billigkeit in Athen einzuführen; auch soll er der Erfinder des Pfluges gewesen sein. Als Lohn habe er sich einen Zweig des heiligen Ölbaumes auf der Burg erbeten. Man legt ihm mehrere Gedichte und prosaische Schriften bei, unter denen vielleicht einige von ihm herrühren. Bekannt ist der ihm zugelegte Spruch im Brief des Paulus an Titus 1, 12. Auch einige kosmogonische Lehren wurden auf E. zurückgeführt. An den Mythus von des E. fünfzig Jahre dauernden Schlaf in der diktäischen Höhle knüpft Goethes patriotisches Festspiel »Des E. Erwachen« an. Vgl. Heinrich, E. aus Kreta (Leipz. 1801); Schulteß, De Epimenide Crete (Bonn 1877).

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 868.
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