Erstgeburt

[78] Erstgeburt. Bei den Hebräern war die männliche E. von Menschen und Vieh Gott geheiligt (2. Mos. 13, 2. 12; 34, 19). Die E. von Menschen sollte zum Dienst beim Heiligtum geweiht sein, seit aber an die Stelle sämtlicher Erstgebornen der eine Stamm Levi getreten war, einen Monat nach der Geburt wenigstens im Tempel dargestellt und nach einer Schätzung der Priester für 5 Schekel losgekauft werden. Noch heute versammelt der Israelit am 31. Tage nach der Geburt seines ersten Sohnes, falls dieser der Erstgeborne der Mutter ist, zehn erwachsene Glaubensgenossen und löst von einem dem Priestergeschlecht entstammten Mann (Kohen) den Knaben unter bestimmten Zeremonien aus (Pidjon ha-ben). Die E. von unreinen Tieren wurde gleichfalls losgekauft; die von reinen Tieren mußte, wenn sie ohne Fehl war, binnen Jahresfrist wirklich geopfert, war sie aber nicht fehllos, den Priestern überlassen werden. Der erstgeborne Sohn des Hauses genoß nicht bloß großes Ansehen in der Familie, sondern erhielt auch nach des Vaters Tod ein doppeltes Erbteil (5. Mos. 21,17) sowie die vormundschaftliche Aussicht über seine unverheirateten Geschwister; der erstgeborne königliche Prinz war daher geborner Thronerbe. Vom freiwilligen Verkauf der Erstgeburtsrechte von seiten des Erstgebornen selbst gibt die Geschichte Esaus ein Beispiel. Hinsichtlich der Mädchen bestand das Erstgeburtsrecht lediglich in der Sitte, daß man die jüngere Tochter nicht vor der ältern heiraten ließ. Auch bei den Phönikern, Karthagern und einigen verwandten Völkerschaften fand sich eine Weihung der erstgebornen Söhne, doch nur bei außerordentlichen Gelegenheiten und zwar auf blutige Weise durch Abschlachtung eines Opfertiers zur Versöhnung einer erzürnten Gottheit. Über E. im modernen juristischen Sinne s. Primogenitur.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 78.
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