Filzkrankheit der Blätter

[569] Filzkrankheit der Blätter, abnorme lokale Filzbildungen von meist lebhafter Farbe auf der Oberfläche der Pflanzenblätter, die früher als Pilzbildungen (Erineum) betrachtet wurden. Auf mehr oder weniger großen Stellen meist der Unterseite des Blattes wächst die Außenwand jeder einzelnen Epidermiszelle in Form eines Härchens aus, so daß kleine, dichte Räschen auf der Blattfläche entstehen. Die Härchen sind keulen- oder trichterförmig, gelblich, rötlich oder braun und sind von einer mehr oder weniger starken Austreibung der Blattsubstanz auf der entgegengesetzten Blattseite begleitet; sie stellen allgemein durch Milben verursachte Gallenbildungen dar; doch kommen auch normale Haarfilzbildungen (s. Domatien) vor. Das auf den Weinblättern häufig auftretende Erineum vitis (Phyllerium viteum) wird von einer Milbe, Phytoptus vitis, verursacht. Die Tiere erscheinen im Frühjahr auf den Blättern, stechen diese mit ihren spitzigen Mandibeln an, und die Blattstelle, auf der sie sitzen, wird etwas konkav und bedeckt sich mit dem Erineum. Die Weibchen legen die Eier an die Erineum-Fäden, und die Jungen zehren von den jungen Auswüchsen. In einem Sommer können mehrere Generationen erzeugt werden. Die Milben überwintern in den Knospen. Besonders häufig kommen außerdem Erineum-Bildungen vor an der Erle, Zitterpappel, am Spitz- und Bergahorn, an der Rotbuche, Linde, Birke, an Apfel-, Birn- und verwandten Bäumen, auch an Ebereschen. Gewöhnlich treten sie nur an einzelnen Blättern eines Baumes auf, und auch die damit versehenen Blätter bleiben lebendig und verrichten ihre Funktionen, wenn nur einzelne Stellen derselben damit besetzt sind. Wo aber an einem Individuum die meisten Blätter von der Krankheit in hohem Grad ergriffen sind, da hat dies auch eine schädliche Rückwirkung auf die Pflanze überhaupt, und am Weinstock wird z. B. bei zu starker Erineum-Bildung die Traubenbildung beeinträchtigt. Als Verhütungsmittel dient nur das Abschneiden aller die Milben beherbergenden Blätterzweige.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 569.
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