Finsteraarhorn

[593] Finsteraarhorn, höchster Berg der Berner Alpen, 4275 m, läuft nach NW. in eine zugespitzte, scharfkantige, mit einem Hochfirn gezierte Pyramide aus, während er gegen NO. und SW. breite, steil abfallende Flanken darbietet, an denen der Schnee nur wenig haften bleibt. Der Gipfel des Finsteraarhorns besteht (nach Hugi) aus Hornblendegestein, der gewaltige Körper der Pyramide selbst aber aus kristallinischem Schiefer und Gneis. Das F. bildet den Zentralpunkt der Finsteraarhorngruppe der Berner Alpen, die im ganzen von SW. nach NO. gerichtet ist, jedoch in mehrere Querketten zerfällt, die recht- und schiefwinklig auseinander stoßen. An der westlichen Grenzscheide, der Gemmi, erhebt sich zunächst die Gruppe des Balmhorns (3711 m). Jenseit des Lötschenpasses (2695 m) beginnt die ausgedehnte Gruppe des Finsteraarhorns, die in ihrem südwestlichen Teile durch das tief eingreifende Lötschental in zwei Kämme geschieden wird. Der nördliche Kamm erreicht im Breithorn (3779 m) seine höchste Erhebung und wird im NW. von dem Zuge der Blümlisalp (3669 m) begleitet. Der südliche Kamm kulminiert im Bietschhorn (3953 m). Weiter gegen NO. bildet die Gruppe bis zum Haslital ein gewaltiges Massiv, dessen nordwestliche Begrenzung die Jungfraukette (Jungfrau 4167 m, Mönch 4105 m, Eiger 3975 m) bezeichnet, von der südwärts mehrere Felskämme ziehen, zwischen denen mächtige Eisfelder sich zum Oberwallis herabsenken. Die wichtigsten dieser Kämme sind (von S. nach N.): der mehrfach verzweigte Viescher Grat mit den Viescher Hörnern (4048 m) und dem F. selbst (4275 m), der Grat der Schreckhörner (4080 m) mit dem Lauteraarhorn (4043 m) und der Grat der Wetterhörner (3703 m). In der südöstlichen Begrenzung des Massivs erhebt sich endlich das von herrlichen Gletschern umgebene Aletschhorn (4198 m), der zweithöchste Gipfel der ganzen Gruppe. Während das Massiv gegen das Rhonetal steil abfällt, laufen auf der Nordwestseite zahlreiche, vielfach verzweigte Nebenketten aus, zwischen denen weitgedehnte Täler zum Hochgebirge hinanführen. Es sind dies vor allem die Täler der Aare (Haslital), die den Brienzer und Thuner See bildet, und ihrer Zuflüsse, der beiden Lütschinen und der Kander mit ihren malerischen Schluchten und Wasserfällen. In diesen Voralpenketten erheben sich die berühmten Aussichtspunkte des Faul horns (2683 m), der Schynigen Platte (2070 m), der Kleinen Scheideck (2064 m) und des Niesen (2366 m). Die Gruppe des Finsteraarhorns bildet ein Hauptziel alpiner Touristik. Der erste Reisende, der den Gipfel des Finsteraarhorns bestieg, war Sulger aus Basel (1842). Über die Besteigung der übrigen Gipfel s. die betreffenden Artikel. 1719 wurde am Zinkenstock (hart am Lauteraargletscher) ein Fund von mehreren tausend Zentnern Kristallen gemacht (mehrere Exemplare zu 4–5, eius von 8 Ztr.). Vgl. A. Roth, Gletscherfahrten in den Berner Alpen (Berl. 1861); G. Studer, Über Eis und Schnee, Bd. 1 (2. Aufl., Bern 1896).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 593.
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