Kiemen

[890] Kiemen (Branchiae), bei den Tieren zumeist nach außen gerichtete Faltenbildungen der Körperoberfläche, im Gegensatz zu den wie sie die Atmung besorgenden Lungen und Tracheen, die als Einstülpungen am Körper entstehen. Bei den K. handelt es sich stets um die Wasseratmung, d. h. um die Zuführung des im Wasser gelösten Sauerstoffs zum Blut. Sie sind daher im wesentlichen mit einer sehr dünnen und durchlässigen Haut bekleidet, und in ihrem Innern zirkuliert das Blut entweder in vielen feinsten Gefäßen oder in Lücken zwischen Organen und Geweben, so daß es dem Wasser möglichst nahe gebracht wird. Die K. liegen frei oder sind durch Hautfalten u. dgl. bedeckt, so daß sie sich dann geschützt in besondern Höhlungen befinden. Um dem Wasser auf kleinem Raum eine große Fläche darzubieten, werden sie kamm-, blatt- oder baumförmig. Sie finden sich bei sehr vielen niedern Wasser- und auch manchen in feuchter Luft lebenden Landtieren vor, also bei Schnecken (Ausnahme: Lungenschnecken), Muscheln und andern Weichtieren, bei Würmern, bei Krebsen etc., ferner ganz allgemein bei den Fischen und bei den Larven (und einigen Erwachsenen) der Amphibien. Die durch Tracheen atmenden Insekten besitzen kiemenähnliche blatt- oder fadenförmige Körperanhänge in Verbindung mit Tracheen. Meist ersticken die durch K. atmenden Tiere rasch außerhalb des Wassers, weil sie hier durch die K. nicht atmen können und die Kiemenblättchen leicht eintrocknen, aber auch im Wasser, sobald dessen Sauerstoff verbraucht ist. Manche Fische und Krebse sind jedoch durch besondere Vorkehrungen (die z. B. das Atemwasser von neuem mit Sauerstoff versorgen) zu längerm Aufenthalt außerhalb des Wassers befähigt; die Kiemenhöhle der Landschnecken wird zur Lunge (s. Lungenschnecken). Von andrer Bedeutung sind die sogen. Wasserlungen der Stachelhäuter (s. d.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 890.
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