Knochenatrophie

[179] Knochenatrophie (Knochenschwund) kommt vor als eine wirkliche Verkleinerung eines Knochens in allen seinen Dimensionen (konzentrische K.) oder (unter vollkommener Erhaltung der äußern Form der Knochen) als Verdünnung der Knochen von innen her (exzentrische K.). Die erste Form beobachtet man als Zeichen der Altersentartung, ferner bei Knochen von Gliedern, die lange Zeit in Gipsverbänden gelegen haben (Inaktivitätsatrophie), bei Lähmung von Extremitäten (besonders infolge der Zerstörung der die Ernährung der Gliedmaßen beeinflussenden Nerven oder Nervenzentren), bei Gelenkkrankheiten, bei Schwund des Stumpfes amputierter Glieder etc. Die exzentrische K. entsteht infolge chronisch entzündlicher Vorgänge. Es schmilzt alsdann das Knochengewebe von der innern Wand der Markröhre immer mehr und mehr ein, bis schließlich der Knochen papierdünn und mit aus dem umgewandelten Mark entstandenem Fett gefüllt ist. In beiden Fällen ist die Festigkeit der Knochen aufgehoben, sie zerbrechen bei dem geringfügigsten Anlaß, ja fast ohne einen solchen (Knochenbrüchigkeit, fragilitas ossium). Eine besondere K. beobachtet man bei Knochen, gegen die eine wachsende Geschwulst andrängt, hier schwindet durch den abnormen Druck das Knochengewebe, so daß tiefe Höhlungen, unter Umständen völlige Durchbohrung flacher Knochen (z. B. des Schädels) zustande kommen können. Man bezeichnet diese Druckatrophie auch als Usur oder Usurieren des Knochens, obwohl es sich um einen physiologischen und nicht etwa um einen mechanischen Prozeß handelt, indem infolge des durch den Druck auf die Knochenhaut ausgeübten Reizes an den betreffenden Stellen unter Bildung sogen. Howshipscher Lakunen eine wirkliche Aufsaugung des Knochengewebes stattfindet.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 179.
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