Kresōl

[637] Kresōl (Methylphenol, Oxytoluol, Kresylalkohol, Kresylsäure) C7H8O oder C6H4.CH3.OH findet sich im Steinkohlen- und Holzkohlenteer und kann auch künstlich dargestellt werden. Man kennt drei isomere Kresole. Orthokresol findet sich im Pferdeharn und entsteht auch beim Erhitzen von Karvakrol mit Phosphorsäureanhydrid. Es bildet farblose Kristalle, riecht wie Phenol, harnartig, ist leicht löslich in Alkohol und Äther, kaum in Wasser, schmilzt bei 31°, siedet bei 188°, gibt mit Salpetersäure nur Nitrokresol und Dinitrokresol, mit schmelzendem Kalihydrat Salizylsäure; es wird durch Eisenchlorid blau gefärbt. Metakresol entsteht aus Thymol beim Erhitzen mit Phosphorsäureanhydrid, ist flüssig, erstarrt schwer, schmilzt bei +4°, siedet bei 201°, gibt mit Salpetersäure auch Trinitrokresol, das als Sprengmittel (s. Kresylit) benutzt wird, mit schmelzendem Kalihydrat Metaoxybenzoesäure. Parakresol findet sich im Pferde- und Kuhharn, pathologisch im Menschenharn, entsteht beim Behandeln von Paratoluidin mit salpetriger Säure, beim Schmelzen von Paratoluolsulfosäure mit Kalihydrat, bildet farblose Prismen, riecht phenolartig, schmilzt bei 36°, siedet bei 198°, bildet mit Salpetersäure nur Mono- und Dinitrokresol, mit schmelzendem Kalihydrat Paraoxybenzoesäure. Die Kresole geben mit Zinkstaub erhitzt Toluol, mit Kohlensäure und Natrium Kresotinsäuren, sie wirken stärker als Phenole auf Spaltpilze, am stärksten ein Gemisch der drei Kresole (Trikresol). Auf den Tierkörper wirken sie dem Phenol ähnlich, Metakresol ist weniger, Ortho- und besonders Parakresol stärker giftig. Das Kalium- oder Ammoniumsalz des Paradinitrokresols C6H2.CH3(NO2)2.OH ist als Viktoriaorange (Anilinorange, Goldgelb) im Handel; es bildet gelbe Kristalle, schmilzt bei 84°, löst sich schwer in Wasser, bildet mit Indigkarmin gemischt das Smaragdgrün (eine Likörfarbe), mit Rosanilinsalz gemischt ein Karminsurrogat. Ein Gemenge von Ortho- und Paradinitrokresol bildet das Safransurrogat. Aus Amidoorthokresoläthyläther u. Naphtholdisulfosäure erhält man einen Azofarbstoff, das Kresolrot, das Wolle im sauren Bade schön rot färbt. Die Lösung des Rohkresols (eine klare, gelbliche bis gelbbraune, brenzlig riechende neutrale, in Wasser nicht völlig, in Alkohol und Äther leicht lösliche Flüssigkeit), das als Cresolum crudum offizinell ist, in Alkalien bildet das Kreolin, Solutol, in Harzseifen das Kresolin, die Lösung in Ölseifen das Lysol. Neutrale Kresollösungen sind als Solveoleim Handel, am geeignetsten sind die Lösungen von Trikresol in kreosotinsaurem Natron. Kresolwasser, eine Mischung von 1 Teil Kresolseifenlösung mit 9 Teilen Wasser, wird als Desinfektionsmittel und arzneilich benutzt, ebenso Kresolseifenlösung (Liquor cresoli saponatus), eine klare, gelbbraune Flüssigkeit, die durch Mischung gleicher Teile Kaliseife und rohem K. dargestellt wird. Die Kresole haben zuerst im Kreolin (s. d.) Anwendung als Desinfektions- und Arzneimittel gefunden, jetzt benutzt man am meisten das Lysol (s. d.). Solutol wird als Desinfektionsmittel (Aborte), Solveol gegen Tuberkulose und Skrofulose angewendet. Salizylsäurekresyläther[637] (Kresalol) bildet farblose, in Alkohol, nicht in Wasser lösliche Kristalle, riecht salolartig, schmilzt bei 39° und wird zur antiseptischen Behandlung des Darmkanals benutzt. Trijodkresol (Losophan) C6HJ3.CH3.OH wird bei Hautkrankheiten und Geschwüren benutzt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 637-638.
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