Leibzoll

[358] Leibzoll, eine Personalsteuer, welche die Juden vom Mittelalter an bis Ende des 18. und stellenweise bis Anfang des 19. Jahrh. an den Zollstätten, die sie passierten, zu entrichten hatten. Der L. entwickelte sich aus dem zur Zeit der Kammerknechtschaft eingeführten Geleitgeld, durch das der Reisende als »vergleiteter Jude« sich anfänglich behördlichen Schutz erwarb. Der Schutz hörte später auf, aber die Abgabe blieb, und aus der Versicherungsprämie ward ein schimpflicher Zoll für die Person, ähnlich dem Viehzoll. An manchen Orten forderte man den L. auch, wenn der Leichnam eines Juden über die Zollgrenze gebracht wurde. Im 18. Jahrh. konnte man sich in einzelnen Ländern gegen ein Pauschquantum die sogen. Taschengeleitbriefe erwerben, deren Vorzeigung von der jedesmaligen Entrichtung des Leibzolls befreite. Mit der sich vollziehenden Emanzipation der Juden ward der L. abgeschafft, so unter anderm 1782 in Österreich, 1784 im Elsaß, 1787 in Preußen, 1798 im Kurstaat Mainz und 1799 in Bayern. Von 1803–06 gelang es Wolf Breidenbach und Israel Jacobson, die gänzliche Aufhebung des Leibzolls in Deutschland zu erwirken. Vgl. Kopp, Bruchstücke zur Erläuterung der teutschen Geschichte und Rechte, Bd. 1, S. 97–154 (Kassel 1799); Scheppler, Über die Aufhebung des Judenleibzolls (Hanau u. Leipz. 1806); Grätz, Geschichte der Juden, Bd. 11, S. 570 ff. (Leipz. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 358.
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