Masanĭello

[379] Masanĭello, eigentlich Tommaso Aniello, der Hauptanführer beim Aufstand in Neapel 1647, geb. 1623 in Positano bei Amalfi, lebte in Neapel als Fischer und Obsthändler. Veranlassung zu dem Aufstand gab ein 3. Jan. 1647 vom Vizekönig, Herzog von Arcos, erlassenes Edikt, das eine hohe Abgabe auf Getreide und Früchte legte und den ohnehin schweren Steuerdruck, der unter der spanischen Herrschaft auf Neapel lastete, erheblich steigerte. Nachdem schon im Mai in Palermo das Volk sich erhoben hatte, brach 7. Juli auch in Neapel die Unzufriedenheit gewaltsam aus, als auf dem Markt ein Streit zwischen den Fruchthändlern und Steuererhebern entstand. M., dessen Frau wegen Umgehung der Abgabepflicht bestraft worden, und der daher gegen die Regierung erbittert war, rief die Menge zur Selbsthilfe; die Steuerhäuser wurden geplündert und niedergerissen, die Gefängnisse erbrochen und der Vizekönig, dessen sich die Aufständischen bemächtigten, gezwungen, die Abschaffung der Steuern zu versprechen. Indessen rettete er sich in der Nacht in das Kastell und überließ die Stadt den Rebellen. M. übte nun eine unbeschränkte Herrschaft, hob die Steuern auf Nahrungsmittel auf und schlug, zum Generalkapitän des Volkes erwählt, die heranziehenden Truppen zurück. Täglich saß er auf dem Platz Toledo zu Gericht, und seine Todesurteile wurden auf der Stelle vollzogen. M. war gutmütig und nicht ohne edle Regungen, aber eitel, selbstgefällig und ohne höhere Ziele. Durch die Vermittelung des Erzbischofs Filomarino kam endlich 12. Juli zwischen dem Herzog von Arcos und M. ein Vertrag zustande, der die Abschaffung der neuen Steuern und Amnestie versprach und 13. Juli in der Kirche del Carmine beschworen wurde. Von da an traten bei M. Anzeichen des Irrsinns hervor, und es ward daher dem Vizekönig leicht, das Volk, das schon die Versöhnung mit dem Vizekönig mit Mißtrauen betrachtet hatte, zum Abfall von dem »von Gott Gezeichneten« zu bestimmen. Als M. 16. Juli in der Kirche del Carmine das Volk aufforderte, ihn zu beschützen, ward er nach dem Kloster del Carmine gebracht und hier von vier Banditen, die Arcos gedungen, mit Flintenschüssen getötet. Tags darauf veranstaltete ihm das reuige Volk ein großartiges Totenfest und setzte seine Leiche in der Kirche del Carmine bei. Auber benutzte den Stoff zu der Oper »Die Stumme bon Portici«. Vgl. Rivas de Saavedra, Insureccion de Napoli en 1647 (Madr. 1849, 2 Bde.; franz., Par. 1849; daraus die »Histoire de M.«, von Florence herausgegeben, das. 1860); Capasso, La casa e la famiglia di M. (Neapel 1893).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 379.
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