Steuern

[13] Steuern, die Beiträge, die zum Zweck allgemeiner Kostendeckung der Staats- oder Gemeindewirtschaft von Staats- oder Gemeinde- (Kreis- etc.) Angehörigen, aber auch von im Staatsgebiet sich aufhaltenden Ausländern zwangsweise erhoben werden. Sie sind zwar subsidiärer Natur, d. h. sie kommen nur in Betracht, wenn die andern Einnahmen des Staates nicht ausreichen, bilden aber heute selbst in Staaten mit erheblichen Einnahmen aus andern Quellen, wie in den deutschen Einzelstaaten, die wichtigste Einnahmeart. Sie betragen in Preußen ca. 48, in Rußland 68, in Italien 80, in Österreich 84, in Frankreich und England 93 Proz. der gesamten Staatseinnahmen. Dadurch, daß die S. zur Befriedigung allgemeiner Bedürfnisse, nicht zur Vergütung eines durch den Zahlenden speziell veranlaßten Aufwandes dienen sollen, unterscheiden sie sich von den Gebühren (s. d.). Bisweilen wird verlangt, die Besteuerung solle auch als Mittel benutzt werden, um eine für die untern Klassen günstigere Verteilung des Einkommens zu bewirken (sogen. sozialpolitische Seite der S.). Während heute der Zwang ein Merkmal des Steuerbegriffs bildet, war dies früher in Deutschland so wenig der Fall, daß V. L. v. Seckendorff in seinem »Deutschen Fürstenstaat« von 1656 die S. als »Extraordinar Anlagen« bezeichnete, die »freywillig und als guthertzige Beysteuern gereichet, und dahero auch in etlichen Orten Bethen (nach andrer Schreibweise Beden oder Beeden), das ist erbetene Einkünffte, anderswo auch Hülffen und Praesente genennet werden«. Vgl. Bede.

Auferlegte S. (Auflagen) wurden von den Germanen früher als ein Zeichen der Unfreiheit betrachtet; noch in den ersten Zeiten des Mittelalters durften die auf dem Reichstag bewilligten S. nur von denen erhoben werden, die sie bewilligt hatten. Übrigens waren die S. oder steuerähnliche Abgaben auch in der ältern germanischen Zeit durch die Sitte mehr oder weniger gebotene Beiträge, die in der Zeit, als der Staatsgedanke mehr von privatrechtlichen Elementen durchsetzt war, vertragsmäßig geregelt wurden (Ordinärsteuern). Bei außerordentlichen Beihilfen (Extraordinarsteuern) ließen sich die Landstände landesfürstliche Reversbriefe ausstellen, »daß solche Bewilligungen künfftig zu keiner ordentlichen Beschwerung oder Aufflage gereichen sollten«. Die Einnahmen aus S. flossen in die der Aussicht und Kontrolle der Landstände unterstellte Steuerkasse, während die von den Landständen unabhängige Kammerkasse die Einnahmen aus Domänen und Regalien aufnahm. In den modernen Kulturstaaten unterliegt die Besteuerung und die Verwendung der S. verfassungsmäßiger Regelung und Bewilligung. Die gesetzgebenden Gewalten ordnen die S. an, während der einzelne Staatsangehörige sich solcher Anordnung zu fügen hat (Steuerrecht des Staates, Steuerpflicht des Staatsangehörigen). Mit der wachsenden Bedeutung der S. und der Änderung der Staatsverfassungen ist auch die Frage nach der Berechtigung des Staates zur Erhebung der S. lebhaft erörtert und je nach der Auffassung vom Staate verschieden beantwortet worden. Die Staatslehre des 19. Jahrh. (Montesquieu) sah in den S. die Entschädigung für den Vermögensschutz des Staates (Assekuranztheorie). Allein diese Theorie erweist sich als unhaltbar gegenüber der Fülle von Aufgaben, die dem Staat obliegen und weit über den Vermögensschutz hinausgehen. Auch die sogen. Äquivalenz- oder Genußtheorie, nach der die S. Leistungen für die Gegenleistungen des Staates sein und nach Maßgabe der letztern abgestuft werden sollen, ist unhaltbar, denn die Leistungen des Staates für den Einzelnen lassen sich nicht abmessen. Nur im Gemeindesteuerwesen kann der Grundsatz von Leistung und Gegenleistung in größerm Umfang Anwendung finden. Die Berechtigung des Staates zur Erhebung von S. ergibt sich vielmehr aus der absoluten Notwendigkeit des Staates und der Unmöglichkeit, die materiellen und sittlichen Kulturaufgaben desselben anders zu erfüllen als durch Erhebung von S. Der Einzelne ist zur Steuerzahlung verpflichtet als Glied des Ganzen. Aber die Steuerpflicht findet ihre Grenze in dem wirklich notwendigen Bedarf des Staates. Vertritt bei der Feststellung der Höhe der S. die Regierung mit ihren Anforderungen das Interesse der Verwaltung, so wahrt die Volksvertretung mit ihrem Steuerbewilligungsrecht dasjenige der Steuerzahler. Dem Steuerbewilligungsrecht entspricht das nicht dem einzelnen Steuerzahler, sondern der Volksvertretung zustehende Recht der Steuerverweigerung.[13] Doch wird dies Recht nicht allein durch die gesetzlich feststehenden Ausgaben, sondern überhaupt durch die Notwendigkeit der Staatserhaltung praktisch beschränkt. Die Praxis (in England) und das formale Recht (in Deutschland) fassen das Steuerbewilligungsrecht auch nur in diesem Sinn auf. Darum bleiben Steuergesetze, die nicht für einen bestimmten Zeitraum erlassen werden, so lange bestehen, als sie nicht auf verfassungsmäßigem Wege (Übereinstimmung der gesetzgebenden Gewalten) aufgehoben werden, während für Einführung neuer S. die Bewilligung der Volksvertretung erforderlich ist (vgl. Budget und Steuerbewilligung etc.).

Steuerpolitik.

Für eine gute Steuerpolitik hat die moderne Finanzwissenschaft folgende Grundsätze aufgestellt:

I. Grundsätze der Finanzpolitik. Die Steuer soll sich als ausreichend erweisen. Ihr Ertrag soll genügend genau voraus bestimmbar sein und auch pünktlich und sicher eingehen. Die S. müssen auch fähig sein, sich dem wechselndem Bedarf des Staates anzupassen, ohne daß ihre Erhöhung oder Erniedrigung anderweite Nachteile (z. B. Störungen der Verkehrs- und Erwerbsordnung) im Gefolge hat.

II. Grundsätze der Gerechtigkeit. Die Steuerpflicht muß eine allgemeine sein, d. h. die gesamte Bevölkerung, soweit sie leistungsfähig ist, muß zur Besteuerung herangezogen werden. Steuerfreiheiten (Exemtionen, Steuerprivilegien) widersprechen dem herrschenden Gerechtigkeitsgefühl. Früher vielfach von privilegierten Ständen nicht allein für ihren Grundbesitz, sondern auch für indirekte Abgaben in Anspruch genommen, sind die Steuerfreiheiten in der neuern Zeit meist (bei Grundsteuern in der Regel gegen Gewährung von Entschädigung) aufgehoben worden. Dauernde Freiheiten von direkten S. (allen, bez. einzelnen) genießen heute meist das Staatsoberhaupt (in Preußen auch die 1866 depossedierten Fürstenhäuser), da und dort auch ehemals reichsunmittelbare Standesherren, Gesandte fremder Mächte, Offiziere für den Fall der Mobilmachung, Beamte für einen Teil der Gemeindesteuer. Dann wird freigelassen nicht allein der Arme, sondern von der Einkommensteuer auch das sogen. Existenzminimum in England bis zu 150 Pfd. Sterl., in Preußen bis zu 900 Mk. Vorübergehende Befreiungen, insbes. von Ertragssteuern, treten oft ein, wo sie durch die persönliche Lage (tatsächlich mangelnde Steuerfähigkeit), Elementarereignisse, Meliorationen mit zeitweiliger Ertragslosigkeit geboten sind. Aber auch eine Doppelbesteuerung (s. d.) ist zu meiden. Die Steuer soll ferner gleichmäßig verteilt und gerecht sein. Die ältere Vergeltungstheorie betrachtete die Besteuerung als eine gerechte, wenn sie dem Vorteil entspreche, den der Steuerzahler von der Staatsverbindung habe (Leistung gleich der Gegenleistung). Dabei nahm man meist willkürlich an, daß der Staat dem Reichen nach Maßgabe seines Reichtums mehr Vorteile biete als dem Armen. Heute sieht man überwiegend den richtigen Maßstab für die Besteuerung in der Leistungsfähigkeit; es wird verlangt, daß der Unkräftige freibleibe (Freilassung des Existenzminimums, die nicht bei allen S. möglich, bei Aufwandssteuern durch Wahl der Objekte angestrebt werden kann). Dann sollen die Steuerkräftigern verhältnismäßig stärker belastet werden, indem, wenigstens bei kleinem und mittlerm Einkommen, individuelle Verhältnisse (Krankheit, Stärke der Familie etc.) berücksichtigt werden, das fundierte Einkommen (s. Einkommen) höher belastet wird. Streitig ist die Frage des Steuerfußes, d. h. hier des Verhältnisses von Gesamtsteuer des Pflichtigen zu dessen Gesamteinkommen. Von der einen Seite wird diejenige Steuer als gerecht bezeichnet, die von jedem Einkommen einen gleichbleibenden Prozentsatz wegnehme (konstanter, proportionaler Steuerfuß), von der andern diejenige, die das höhere Einkommen auch mit einem höhern Prozentsatz belaste (progressiver Steuerfuß, progressive Steuer). Die Idee der Progression findet mehrfach praktische Anwendung, namentlich in der Einkommensteuer. Doch kann diese immer nur darin bestehen, daß der Steuerfuß, wenn auch steigend, eine gewisse Höhe nicht überschreitet, weil sonst die bald übermäßig hoch werdende Steuer schädlich wirken würde. Infolgedessen wird sich bei großer Verschiedenheit des Einkommens die Steuer immer nur derart gestalten können, daß der Steuerfuß von unten aufsteigend bei einer gewissen Einkommenshöhe einen gleichbleibenden Satz erreicht (degressiver Satz, degressive Steuer). Bei der Aufwandsteuer läßt sich die Progression durch entsprechende Auswahl der Steuerobjekte, höhere Belastung der bessern Qualitäten anstreben. Ob sie im ganzen verwirklicht wird, hängt von der Gestaltung des Steuersystems ab. Die Steuer soll sodann den Pflichtigen richtig erfassen. Viele S. werden in der Absicht aufgelegt, daß sie vom Zahler auf eine dritte Person übergewälzt werden (durch Abzug von Zahlungen, Erhöhung des Kaufpreises). Nicht immer sind solche Überwälzungen möglich; anderseits können sie auch vorkommen, wo sie der Absicht des Gesetzgebers widersprechen. Die dadurch entstehenden Steuerprägravationen (einseitigen Steuerüberbürdungen), bez. Steuerfreiheiten sind möglichst durch richtige Wahl der S. und zweckmäßige Ausführung der Besteuerung zu mindern. Von der Steuerüberwälzung (als Rückwälzung vom Käufer auf den Verkäufer, als Fortwälzung von diesem auf jenen) ist die sogen. Steuerabwälzung zu unterscheiden, die darin besteht, daß der Steuerzahler die Steuer durch wirtschaftliche Verbesserungen ausgleicht.

III. Grundsätze der Volkswirtschaft. Sie besagen, daß die Quelle der S. als regelmäßig wiederkehrender Abgaben in der Regel nicht das Vermögen, sondern das Einkommen sein solle; nur in Ausnahmefällen könne auf das Vermögen zurückgegriffen werden. Das schließt natürlich nicht aus, daß die Steuer nach dem Vermögen bemessen wird, wenn die Vermögenssteuer (s. d.) so eingerichtet ist, daß sie tatsächlich aus dem Einkommen entrichtet wird. Eine andre Forderung der Volkswirtschaft ist, daß die S. möglichst wenig hemmend und störend in Produktion und Verkehr eingreifen.

IV. Bezüglich der Erhebung ist endlich im Interesse von Verwaltung und Steuerzahler zu fordern: Einfachheit und Bestimmtheit der Steuer; denn viele Steuervergehen werden unbewußt begangen, weil die S. und die Steuerbestimmungen zu verwickelt und unklar sind. Sodann möglichste Bequemlichkeit in bezug auf Ort, Zeit und Art der Entrichtung. Der Zahlungsort soll dem Wohnorte des Pflichtigen nicht zu entlegen sein. Die Steuer soll möglichst in der Zeit der Zahlungsfähigkeit erhoben werden, darum richtige Einteilung der Steuertermine, Zulassung von Steuerkrediten, wenn ohnedies die frühere Erhebung nur der formellen, nicht der tatsächlichen Fälligkeit der Steuer entspricht (Rohstoffbesteuerung), ferner von Vorauszahlungen und Teilzahlungen. Die Erhebungsform soll mit ihrer Aufsicht, ihren Kontrollen[14] und Vorschriften möglichst wenig lästig fallen. Die Erhebungskosten sollen möglichst niedrig sein. Die Steuer soll dem Reize zu Umgehungen (Ersatz besteuerter Verbrauchsgegenstände, Handlungen etc. durch unbesteuerte), Hinterziehungen (milder Ausdruck für zu niedrige Steuerfassion), Unterschleif, Schmuggel, Bestechung keinen Spielraum gewähren.

Es gibt nun keine Steuer, die allen diesen Anforderungen gleich vollkommen entspricht. Die einzige allgemeine Einkommensteuer ist, wie die Verhältnisse liegen, nicht durchführbar. Die gesamte Leistungsfähigkeit läßt sich nicht direkt voll erfassen, weil diese für Dritte nicht genug erforschbar ist, vom Steuerpflichtigen aber richtige Angaben nicht zu erwarten sind. Die Besteuerung von Einkommen, bez. Ertrag würde weder zureichen, den gesamten Staatsbedarf ohne einseitigen Druck zu decken, noch eine gleichmäßige Verteilung der gesamten Steuerlast zu bewirken. Sie darf demnach eine gewisse Grenze nicht überschreiten und muß eine Ergänzung in der Besteuerung des Aufwandes finden. Es kommt also alles darauf an, durch ein geeignetes System einer Mehrzahl von S. der Verwirklichung der Grundsätze möglichst nahe zu kommen.

Steuersysteme.

Man unterscheidet direkte und indirekte S. Als indirekte Steuer (Aufschlag, in Österreich auch Steuergefälle genannt) wird meist eine solche verstanden, die dem Steuerzahler in der Absicht aufgelegt wird, daß derselbe sie auf eine dritte Person, den Steuerträger, überwälze, während bei der direkten Steuer (Schatzung) Zahler und Träger ein und dieselbe Person ist. Da die Erhebungsform der Aufwandsteuern vorwiegend eine indirekte ist, so bezeichnet man die selben meist schlechthin als indirekte S. und rechnet denselben vielfach noch die Gebühren und Verkehrssteuern hinzu, während die Ertragsteuern, die Personal- und Einkommensteuern und die allgemeinen Vermögenssteuern als direkte S. zusammengefaßt werden. Von dieser Auffassung weichen andre wesentlich ab. HoffmannLehre von den S.«) bezeichnete als direkte S. solche, die auf den Besitz, als indirekte solche, die auf eine Handlung gelegt werden; Conrad nennt indirekte S. diejenigen, bei denen man von den Ausgaben auf die Einnahmen und somit indirekt auf die Leistungsfähigkeit schließt, während bei direkten S. vom Besitz oder von den Einnahmen die Leistungsfähigkeit unmittelbar erfaßt wird.

Faßt man die heute vorkommenden S. in gleichartige Gruppen zusammen, so erhält man:

1) S., die auf Produktions- und Erwerbsquellen gelegt werden, deren Erträge zu treffen bestimmt sind und demgemäß Ertragsteuern (s. d.) genannt werden. Diese sind echte Objekts- oder Realsteuern, wenn sie auf die persönlichen Beziehungen des Besitzers zur Steuerquelle (Schulden, Möglichkeit einer sehr vorteilhaften Ausnutzung infolge persönlicher Tüchtigkeit, günstiger sozialer Stellung u. dgl., oder Schwierigkeit einer vorteilhaften Benutzung wegen Krankheit, Überbürdung mit andern Aufgaben, große Entfernung vom Wohnsitz etc.) gar keine Rücksicht nehmen. Eine folgerichtig durchgeführte Ertragbesteuerung würde die gesamten Reinerträge, die ein Volk zieht und damit im wesentlichen auch dessen gesamtes Einkommen treffen. Sie müßte alsdann erfassen die Erträge:


a) aus Grund und Boden (s. Grundsteuer);

b) von Häusern (s. Gebäudesteuer);

c) aus allen sonstigen gewerblichen und industriellen Unternehmungen (s. Gewerbesteuer);

d) aus der Arbeit (s. Lohnsteuer). Wird unter diesem Titel nur die vermietete Arbeitskraft besteuert, so sind die aus der eignen Unternehmung gezogenen Arbeitserträge unter den Titeln von Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer zu treffen.

e) die aus Leihkapitalien fließenden Zinsen (s. Kapitalrentensteuer). Voraussetzung hierfür aber ist, daß bei den Ertragsteuern die Verschuldung berücksichtigt wird.


Je mehr nun die S., welche die Reinerträge eines ganzen Erwerbskörpers (Fabrik, Landgut) treffen sollen, auf die einzelnen Personen gelegt werden, auf die sich jene Erträge verteilen, desto mehr nimmt die Realsteuer den Charakter einer Personalsteuer an. Ganz vorzüglich ist dies der Fall, wenn die Steuer außerdem nicht nach den allgemein möglichen, sondern nach den wirklichen Erträgen bemessen wird.

2) S. auf persönliches Einkommen. Dieselben sind Subjekts- oder Personalsteuern, weil sie die Leistungsfähigkeit der einzelnen Personen treffen. Ist die Steuer auf das Gesamteinkommen gelegt, so nennt man sie allgemeine Einkommensteuer (s. d.). Eine Abart ist die Rang- oder Klassensteuer (s. d.), bei der nicht direkt das wirkliche Einzeleinkommen ermittelt, sondern aus äußern Merkmalen, die zu Gruppenbildungen Veranlassung geben, auf die persönliche Leistungsfähigkeit geschlossen wird. Hierher wird auch vielfach die Kopfsteuer (s. d.) gerechnet, die allerdings an einer Person haftet, jedoch mit der Realsteuer insofern verwandt ist, als sie einen allgemeinen möglichen Erwerb voraussetzt, ohne dessen wirkliche Höhe zu berücksichtigen. Die Einkommensteuer kann jedoch auch in der Art aufgelegt werden, daß man die einzelnen Quellen trifft, wie Einkommensbezüge aus Arbeit (Dienstleistungen, Hilfe bei der Produktion) und aus Besitz (Grundeigentum, Gebäude, flüssiges Kapital) und aus Verbindung von Arbeit mit Besitz (eigne Bewirtschaftung landwirtschaftlichen Geländes, Betrieb industrieller Unternehmungen etc.). Diese »partiellen Einkommensteuern« fallen mit denjenigen Ertragsteuern zusammen, welche die Erträge der Steuerquellen bei ihrer Verteilung auf die einzelnen an denselben bezugsberechtigten Personen erfassen.

3) S., die nach Maßgabe des Aufwandes erhoben werden, den ein Steuerpflichtiger macht. Die wichtigsten derselben sind diejenigen, die den Verbrauch von Sachgütern, wie Lebens- und Genußmittel (vgl. Zölle und Aufwandsteuern), treffen. Andre werden von Gebrauchsgegenständen erhoben, wie Häusern, Pferden, Hunden etc. Dann gehört hierher die Besteuerung der Ausgaben, die für persönliche Dienstleistungen u. Vergnügungen (Schaustellungen, Tanzvergnügen etc.) gemacht werden.

4) S. vom Vermögen, die in der Wirklichkeit jedoch meist Aufwand- oder Einkommensteuern sind (vgl. Vermögenssteuer).

5) S., die bei Gelegenheit von Handlungen und Ereignissen erhoben werden. Hierher gehören die Gebührensteuern (s. Gebühren), die Verkehrssteuern (s. d.), einschließlich der Erbschaftssteuern (s. d.).

6) S., die ganz oder teilweise die Stelle anderweiter dem Staate schuldiger Leistungen vertreten. Dazu gehört insbes. die Wehrsteuer (s. d.).

Veranlagung und Erhebung.

Die Ausführung der Besteuerung (Veranlagung, Feststellung der Steuergrundlagen und Erhebung) ist bei vielen S., zumal bei denjenigen, bei denen sich keine bleibenden Merkmale bieten, um Steuerpflicht und Steuerschuldigkeit zu erkennen und zu bemessen, eine sehr schwierige Aufgabe der Steuerverwaltung.[15] Zunächst handelt es sich um Feststellung des Steuersubjekts, bez. des für dasselbe haftpflichtigen Stellvertreters. Sie ist einfach bei den meisten direkten S., bei denen amtliche Nachforschung, Grundbücher, Meldezwang des Pflichtigen zur Ausstellung von Steuerlisten führen, ebenso bei vielen indirekten Verbrauchssteuern, bei denen äußere Tatsachen und gewerbepolizeiliche Listen die Ermittelung erleichtern. Bei Zöllen und Akzisen ist der Frachtführer, bez. (besonders bei dem Begleitscheinverfahren) der Eigentümer zahlungspflichtig. Bei vielen Verkehrssteuern ist durch Gesetz zu bestimmen, wer von beiden Parteien die Steuer zu entrichten hat. Bei mehreren S. fällt die Ermittelung der Steuersubjekte mit derjenigen der Steuerobjekte zusammen, von denen S. zu entrichten sind. Großen Schwierigkeiten begegnet meist die Bewertung der Objekte, zumal wo es an äußerlich leicht erkennbaren Merkmalen und an objektiven Maßstäben fehlt. Die Bemessung kann erfolgen durch die Pflichtigen selbst (Fassion, Steuerbekenntnis, Steuerdeklaration bei der Einkommensteuer, der Kapitalrentensteuer), durch Steuergesellschaften, d. h. eine Gruppe von Steuerpflichtigen, die eine ihr auferlegte Gesamtsumme auf die einzelnen Mitglieder verteilt, durch besondere Steuerkommissionen oder Steuerausschüsse, die auf Grund äußerer Merkmale, von Personal- und Sachkenntnis die Einschätzung vornehmen, durch die Steuerbehörde (Steuerkommissar, Steuerperäquator etc.) selbst, bei einigen S. unter Zuziehung von Sachverständigen etc. (vgl. Kataster). Die Steuereinhebung wurde früher oft verpachtet, so in Rom, wo die Ritter gewerbsmäßig als publicani (Steuerpachter) auftraten, in Frankreich, wo die fermiers généraux (Generalpächter, s. d.) die S. der Regierung vorstreckten. Doch kommt die Verpachtung heute nur selten, in der Regel nur bei den indirekten S. und unter diesen am meisten beim Tabakmonopol (s. d.) vor. In manchen Fällen besorgt die Gemeinde die Erhebung, bald als einfaches Erhebungsorgan, bald mit voller Steuerhaftung, indem sie in diesem Fall oft eine Aversalsumme (Steueraversum) zahlt und diese auf ihre Mitglieder verteilt. Ebenso können dritte Personen, bei denen sich viele Steuerschuldigkeiten konzentrieren, die Einhebung übernehmen (bei verschiedenen Gebühren und Verkehrssteuern). In der Regel besorgt heute der Staat die Erhebung in Regie durch eigne Steuerbeamte (Steuereinnehmer, Steuerempfänger, Steuerperzeptor etc.) oder (beim Monopol, s. d.) durch Eigenproduktion der mit S. belegten Verbrauchsgegenstände. Bisweilen wird unter Ersparung spezieller Berechnungen und lästiger Einzelkontrollen die Erhebung dadurch vereinfacht, daß der Steuerpflichtige eine vertragsmäßig festgesetzte Summe für eine bestimmte Periode als Steuerabfindung (Fixation) entrichtet. Im Interesse der Pflichtigen und des richtigen Steuereinganges sind nötig die amtliche Benachrichtigung und Steueransage (Zustellung von Steuerzetteln), Festsetzung von Steuerterminen und Steuerfristen, die Gewährung von Steuerkrediten (Gestattung der Zahlung zu späterer Zeit als der gesetzlich bestimmten, wenn letztere eigentlich zu früh angesetzt ist) unter Sicherheitsleistung, die Einräumung des Reklamations-, Beschwerde-, Steuerklagerechts gegenüber der Einschätzung und Erhebung und die Steuerrestitution (Rückersatz, auch als Exportbonifikation) bei Zahlungen, die über die Grenze der Steuerschuldigkeit hinausgehen. Bei ausbleibender Zahlung tritt Mahnung und Pfändung (Steuerexekution) ein, allenfalls bei augenblicklicher Zahlungsunfähigkeit die Steuerstundung, bei Uneinbringlichkeit die Niederschlagung (Steuererlaß) oder Steuerabschreibung (der Steuerrückstände oder Steuerreste), ohne solche aber auch nach bestimmter Frist die Steuerverjährung. Mittel zur richtigen Durchführung gegenüber Steuerhinterziehungen, Defraudationen etc. (s. Steuerverbrechen) sind die Steuerkontrolle, die Steuerstrafe, der Steuereid, die Denunziantengebühr, die Öffentlichkeit des Steuerverfahrens, Beiziehung von gegensetzlichen Interessenten bei der Einsteuerung etc.

Die zur Durchführung der Besteuerung erforderlichen Behörden sind in den einzelnen Ländern verschieden organisiert. In einzelnen Staaten besteht im Finanzministerium eine besondere Abteilung für direkte S. (Preußen), oder ihre Verwaltung ist ganz selbständig organisiert (Sachsen, Elsaß-Lothringen). Bei den indirekten S. ist die Zollverwaltung manchmal getrennt (Baden), in manchen Staaten besteht eine »Verwaltung der Zölle und indirekten S.« (Bayern, Sachsen), in andern eine »Verwaltung der indirekten S.« (Preußen). Auch der Umfang der den Ressorts zugeteilten S. ist verschieden; namentlich kommt in Deutschland in Betracht, daß die Verwaltung der Zölle und Reichssteuern in manchen Einzelstaaten mit der Verwaltung der indirekten Landessteuern verbunden ist, in andern nicht. Das erstere ist z. B. der Fall in Preußen, Bayern, Sachsen, Elsaß-Lothringen.

Was die Einnahmen aus den S. anlangt, so bezieht das Deutsche Reich solche nur aus Zöllen, Verbrauchssteuern, Reichsstempelabgaben und (seit 1906) der Erbschaftssteuer. Diese sind 1906/07 etatisiert mit 1205,4 Mill. Mk. In Preußen bringen die direkten S. 240,7, die indirekten 56, in Bayern die erstern 41,5, die letztern 46,9, in Württemberg direkte S. 23,0, indirekte 14,8, in Sachsen 53,7, bez. 9,7 Mill. Mk. Es betrugen nach den jüngsten Budgets (zumeist 1906) in Frankreich die direkten S. 554 Mill., die indirekten 2045 Mill. Fr., in Österreich 305 und 930 Mill. Kr., in Ungarn 222 und 431 Mill. Kr., in Italien 490 und 999 Mill. Lire, in Rußland 148 und 1102 Mill. Rubel, in Großbritannien 34 und 85 Mill. Pfd. Sterl. Unter den indirekten S. sind auch die Stempelabgaben, Erbschaftssteuer, Verkehrssteuern und teilweise auch Gebühren einbegriffen. Näheres bei den betreffenden Staaten. Vgl. im übrigen die Artikel Gebühren, Zölle, Aufwandsteuern sowie die verschiedenen Artikel über die einzelnen S.

[Literatur.] Außer den unter »Finanzwesen« angegebenen Werken vgl. Hoffmann, Die Lehre von den S. (Berl. 1840); v. Hock, Die öffentlichen Abgaben und Schulden (Stuttg. 1863); Förstemann, Die direkten und indirekten S. (Nordhaus. 1868); Schäffle, Die Grundsätze der Steuerpolitik (Tübing. 1880) und Die S. (Leipz. 1895–97, 2 Bde.); Kaizl, Die Lehre von der Überwälzung der S. (das. 1882); v. Falck, Rückblicke auf die Entwickelung der Lehre von der Steuerüberwälzung (Dorp. 1882); R. Meyer, Die Prinzipien der gerechten Besteuerung (Berl. 1884); Fr. J. Neumann, Die Steuer (Leipz. 1887, Bd. 1); Holzer, Historische Darstellung der indirekten S. (Wien 1888); Vocke, Die Abgaben, Auflagen und die Steuer vom Standpunkt der Geschichte etc. (Stuttg. 1887); Eheberg, Artikel S. im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, u. Aufl., Bd. 6 (Jena 1901); Fuisting, Grundzüge der Steuerlehre (Berl. 1902); Heckel, Die Fortschritte der direkten Besteuerung in[16] den deutschen Staaten (Leipz. 1904); Lauterbach, Die Staats- und Kommunalbesteuerung in Deutschland, England und den Vereinigten Staaten etc. (Berl. 1906); v. Mangold, Das deutsche Zoll- und Steuerstrafrecht (Leipz. 1886); Bonnenberg, Das Strafverfahren in Zoll- und Steuersachen (2. Aufl., Berl. 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 13-17.
Lizenz:
Faksimiles:
13 | 14 | 15 | 16 | 17
Kategorien:

Buchempfehlung

L'Arronge, Adolph

Hasemann's Töchter. Volksstück in 4 Akten

Hasemann's Töchter. Volksstück in 4 Akten

Als leichte Unterhaltung verhohlene Gesellschaftskritik

78 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon