Frist

[157] Frist heißt im weitesten Sinne jeder Zeitraum von rechtlicher Bedeutung. Im engern Sinn ist die von der Verjährung (s.d.) zu unterscheidende F. der Zeitraum, innerhalb dessen etwas geschehen muß. Man unterscheidet drei Arten solcher Fristen, je nachdem sie durch Gesetz, vom Gericht (oder einer andern Behörde) oder durch Vereinbarung der Parteien bestimmt worden sind. Diese Unterscheidung hat auch für die im Prozeß vorkommenden Fristen Bedeutung. Gesetzliche F. sind z. B. die Einlassungsfrist (s.d.) und die Ladungsfrist (s.d.), die zwischen der Zustellung der Ladung und dem Verhandlungstermin liegen soll. Gesetzliche Fristen, die unbedingt eingehalten werden müssen und weder vom Gericht noch von den Parteien verlängert werden dürfen, werden Notfristen (s.d.) oder Fatalien genannt; solche sind z. B. F. zur Einlegung der Berufung und Revision (s.d.). Gegen ihre Versäumung findet »Wiedereinsetzung in den vorigen Stand« (s.d.) statt. Außer den Notfristen dürfen im Zivilprozeß alle Fristen durch Vereinbarung der Parteien verlängert werden. Bei den Notfristen ist im Zivilprozeß eine Verlängerung (Erstreckung) der F. durch Vereinbarung der Parteien zulässig. Hat die Versäumung einer F. prozessualische Nachteile zur Folge, so heißt die F. eine peremtorische, außerdem eine dilatorische. Das Strafprozeßrecht kennt keine besondern Notfristen, weil hier alle gesetzlichen Fristen unabänderliche sind, soweit nicht das Gesetz etwas andres bestimmt. Die richterlichen Fristen dürfen natürlich auch hier verlängert werden. Im Zivilprozeß wie im Strafprozeß wird bei Berechnung der nach Tagen bestimmten F. der Tag nicht mitgerechnet, auf den das für den Beginn der F. maßgebende Ereignis, z. B. die Verkündung des Urteils, fällt. Eine nach Wochen oder Monaten bestimmte F. endigt mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die F. begonnen hat. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endigt die F. mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Fällt das Ende der F. auf einen Sonn- oder Feiertag, so endigt die F. mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags. Im Zivilprozeß wird der Lauf der F., abgesehen von Notfristen und Fristen in Feriensachen, durch die Gerichtsferien (s.d.) gehemmt. Im bürgerlichen Recht bedeutet F. jeden rechtlich bedeutsamen Zeitraum, während Termin jeder rechtlich bedeutsame Zeitpunkt ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt Verjährungsfristen, innerhalb deren ein Rechtsanspruch verjährt (§ 194–225), s. Verjährung, Ersitzungsfristen, innerhalb deren ein Recht ersessen wird (s. Ersitzung), Inventarfrist. innerhalb der ein Inventar (s.d.) errichtet werden muß (§ 1994ff.), Ausschlußfrist, innerhalb der ein Recht geltend gemacht werden muß, falls es nicht erlöschen soll. Vgl. Zivilprozeßordnung, § 221–226, Strafprozeßordnung, §42ff.; Bürgerliches Gesetzbuch. § 187ff. Vgl. Schwalbach, Über die Zeitbestimmungen im Zivilprozeß (im »Archiv für die zivilistische Praxis«, Bd. 66, S. 251ff., 1883); Brinz, Über die Zeit im Recht (Münch. 1882); I. Hermann, Zivilrechtliche Fristen und Verjährungen der deutschen Reichsgesetze (das. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 157.
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