Moringer

[147] Moringer, der edle, Held einer alten deutschen Volksballade, die seit dem 15. Jahrh. oft ausgezeichnet und gedruckt wurde. Der M. ist eigentlich der Minnesinger Heinrich von Morungen (s. d.), auf den hier eine sehr verbreitete Sage übertragen ist. Ein Ritter, der übers Meer zieht, hat seiner Frau das Versprechen abgenommen, ihn eine gewisse Zeit zu erwarten und ihn erst dann für tot zu halten, wenn er nach so und soviel Jahren nicht zurückgekehrt sei. Allerlei Hindernisse verzögern aber seine Heimkehr bis zu der gesetzten äußersten Frist, und nun wird ihm durch einen Traum kund, daß die Frau sich demnächst mit ihrem Pfleger vermählen wolle. Durch überirdische Macht schnell heimgeführt, kommt er als fahrender Sänger oder Bettler zum Hochzeitsfest zurück und gibt sich der Frau durch seinen in den Becher geworfenen Trauring zu erkennen. In vielen Varianten dieser Sage, wie z. B. im Liede von Heinrich dem Löwen, führt der Teufel den Ritter in einer Nacht heim, mit der Bedingung, daß er unterwegs nicht schlafen dürfe, wovor ihn sein treues Tier (hier der Löwe) bewahrt. Über diese und ähnliche Heimkehrsagen vgl. Uhland, Schriften zur Dichtung und Sage, Bd. 4. u. 8; Vogt, Der edele M. (in den »Beiträgen zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur«, Bd. 12, Halle 1887).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 147.
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