Naht [2]

[397] Naht (Sutura). in der Anatomie, s. Knochennaht; in der Botanik, s. Samenanlage. – In der Chirurgie ist die N. ein schon im Mittelalter sehr gebräuchliches Mittel, um Wundränder zu vereinigen. Man bezeichnet wohl die Vereinigung der Wundflächen durch Verbände, Heftpflaster, Kollodium, Stahlklammern als unblutige N., die mit Nadel und Faden ausgeführte als blutige. Bei der Knopfnaht wird nahe am Rande des Wundspalts eingestochen und der Faden an einer genau gegenüberliegenden Stelle des andern Randes wieder herausgeführt; die Enden des Fadens werden angezogen und über dem so geschlossenen Spalt geknüpft. Zur umschlungenen N. sticht man gerade, lange (Karlsbader) Insektennadeln in die Wundränder und zieht sie durch in-c-Touren umschlungene Fäden aneinander. Man bedient sich dieser Methode, wenn man das Umlegen und Einrollen der Wundränder fürchtet (bei Hafenscharten und andern kosmetischen Operationen) und wenn die N. zugleich blutstillend wirken soll. Als Nähmaterial dient präparierte Seide und Catgut, seltener Silberdraht; Catgut hat den Vorzug, daß es in tiefen Wunden liegen bleiben darf, weil es mit der Zeit aufgesaugt wird und vollständig verschwindet, während die andern Fäden nach 2, 3, 4–8 Tagen entfernt werden müssen oder von selbst ausgestoßen werden. Die N. wird besonders bei Weichteilen, namentlich [397] Haut, Muskeln, Sehnen, bei Nerven angewandt, meist nur dann, wenn eine Aussicht auf direkte Verheilung, d.h. Heilung ohne Eiterung, vorliegt; gequetschte oder allzu tiefe Schuß- oder Rißwunden dürfen nicht genäht werden, weil sie doch in Eiterung übergehen und die N. den Abfluß der Sekrete hindert. Die (künstliche) Knochennaht wird bei frischen Knochenbrüchen, um die En den in richtiger Stellung zu erhalten (Unterkieferbrüche) und bei sogen. falschen Gelenken (Pseudarthrosis) angewandt, wo zwei sich gegenüberliegende Knochenenden gereizt und durch hindurchgezogene Silberdrähte vereinigt werden, um ihr Zusammenheilen zu bewirken. Ebenso vereinigt die Nervennaht die getrennten Stücke, um so die Nervenleitung und Bewegungsfähigkeit des Gliedes wiederherzustellen. Die Sehnennaht wird bei Trennungen namentlich einzelner Sehnen der Finger mit gutem Erfolg ausgeführt und rettet oft die Beweglichkeit, die ohne die Operation verloren wäre.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 397-398.
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