Schatzscheine

[705] Schatzscheine (Schatzanweisungen, Schatzkammerscheine, Staatskreditzettel) sind zuerst in England 1696 durch Montague zum Zweck der Münzumwandlung, in Preußen 1866 eingeführte Anweisungen der Finanzverwaltung auf die Staatskasse, die ein augenblickliches Mißverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben begleichen sollen und daher nur auf kurze Zeit ausgegeben werden. S. dienen zur Antizipation sicher eingehender, aber noch nicht fälliger Jahreseinnahmen. Sie haben deshalb die Bedeutung einer schwebenden Schuld. Darum kann auch die Ausgabe, wenn sie einen zu hohen Betrag erreicht, leicht dadurch gefährlich werden, daß sie beim spätern Mangel an Deckungsmitteln die Umwandlung der schwebenden Schuld in eine stehende und so leicht eine stetige Vergrößerung der letztern veranlaßt. Die S. sind entweder unverzinslich und werden dann wie Wechsel gleich gegen Abzug des Diskonts begeben, oder sie werfen einen festen Zins ab, der bei Ablauf des Scheines mitbezahlt, bei länger laufenden Scheinen mittels halbjähriger Coupons erhoben wird. Dieser je nach der Lage des Geldmarktes bemessene Zins ist meist geringer als der von langsichtigen Staatsschulden, da die S. gern zu vorübergehender Anlegung großer Kassenbestände von Bank- und Handelshäusern benutzt werden. Im Deutschen Reiche werden S. nach Bedarf innerhalb der vom Reiche festgestellten Grenze gewöhnlich in Stücken von 1000, 10,000, 50,000 und 100,000 Mk. mit einer 12 Monate nicht übersteigenden Umlaufszeit ausgegeben; der Zinsfuß wird durch den Reichskanzler festgesetzt, ihre Ausgabe und Einlösung erfolgt durch die Reichsschuldenverwaltung. Ende 1903 waren 80 Mill. Mk. verzinsliche und 430 Mill. Mk. unverzinsliche Schatzanweisungen ausgegeben. Die S. heißen in Österreich Salinenscheine (s. d.), in England Exchequer-Bills (s. d.), in Frankreich Bons du trésor (s. Bon), in Italien Buoni di tesoro.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 705.
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